Romane von Mario Vargas Llosa

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Re: Romane von Mario Vargas Llosa

Beitragvon steffi » Sa 15. Okt 2011, 19:06

JMaria hat geschrieben:doch in dieser Romantik liegt auch die Schwäche des Romans. So ganz zufrieden stellte mich das Ende des Romans auch nicht.


Da bin ich froh, ich dache schon, ich wäre hoffnungslos unromantisch und verstehe das bloß nicht ...

Du hast recht, Ricardito verändert sich, gerade der Aspekt, dass er zum Übersetzer wird - leider hat Vargas Llosa das nicht so ausführlich dargelegt sondern eben das Hauptaugenmerk auf die Liebesgeschichte.
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Re: Romane von Mario Vargas Llosa

Beitragvon JMaria » So 30. Okt 2011, 10:58

Hallo zusammen,

es gibt einen Artikel in der NZZ Beilage Oktober 2011:

http://www.nzz.ch/nachrichten/kultur/bu ... 68644.html

http://static.nzz.ch/files/1/9/8/BamS_3 ... 136198.pdf

ich mach mir jetzt eine Tasse Earl Grey und beginne zu lesen :-)

Edit:
der obige Artikel ist eine Buchbesprechung zum "Traum des Kelten". Shaftoe erwähnte bereits, dass das Buch gut sei, aber der Autor wenig wagt. Das deckt sich im großen und ganzen mit der Aussage, auszugsweise....

(...)Vargas Llosas Werk mag stellenweise etwas allzu sehr um Faktentreue bemüht sein und – insbesondere im letzten Teil – allzu pedantisch die komplizierte Struktur des irischen Widerstandsnetzes
nachzeichnen. Man wünscht dem Schriftsteller, er möge sich auch einmal von der Last der Archive freimachen und sich erzählerisch etwas mehr «gehenlassen». Aber auch so entwickelt der MenetekelRoman einen unheimlichen Sog, und man versteht nach seiner Lektüre besser, wie es möglich ist, dass jemand Schritt um Schritt, von denen jeder für sich genommen vernünftig erscheint, in eine Katastrophe marschiert......

...Wie nur wenige schafft es der Altmeister Vargas Llosa, ein Maximum an filmisch präziser Beschreibung, historischer Information, impliziter Reflexion und emotionaler Intensität in einen Roman zu packen. (....)
Schöne Grüße, Maria
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Re: Romane von Mario Vargas Llosa

Beitragvon steffi » Di 31. Jan 2012, 09:57

Ich möchte noch über Tod in den Anden berichten: ein wirklich großartiges Buch, das eine doch intensive archaische Atmosphäre verbreitet, die lange nachwirkt.

Mir gefiel der Gegensatz von dem humanistisch geprägten Lituma und der Umgebung, die durchsetzt von Mystik scheint. Alles wird getragen von einer Liebesgeschichte, die die Liebe reichlich naiv erscheinen lässt. Für mich ist auch eine Kernaussage, dass bei Menschen eben alles möglich ist und Liebe, Hass, Fanatismus sehr dicht beeinander liegen. Wenn ich es bedenke, wie leicht und auch spannend Vargas Llosa dies alles schreibt, wie sein Stil auch mit zum gesamten Inhalt beiträgt, das ist schon wirklich beeindruckend !

Was mir aber auch auffällt, nun nach dem 2. Buch von ihm, ist, dass er mich nicht in die Geschichte hereinzieht; ich fühlte mich wie ein Zuschauer, der gespannt und fasziniert das ganze von außen beobachtet. Ich fühlte mich allerdings nicht unwohl dabei oder vermisste etwas, aber diese Distanz ist es, glaube ich, warum ich nicht in euphorische Begeisterung ausbreche.
Gruss von Steffi

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Re: Romane von Mario Vargas Llosa

Beitragvon JMaria » Di 31. Jan 2012, 11:37

Hallo Steffi,

eine düstere und zugleich sinnliche Geschichte, die mich gefangen nahm, hauptsächlich wegen Lituma, menschlich und fatalistisch, der Wahrheit auf den Grund gehend, auch wenn es sein Leben kosten sollte.

Die Bezüge zur griechischen Mythologie war recht deutlich zu erkennen. Die Kneipe in Naccos, die Wirte Dionisio und Arianna, erinnert an Ariadne auf Naxos. ...

Alles wird getragen von einer Liebesgeschichte, die die Liebe reichlich naiv erscheinen lässt.


man könnte diese Liebe auch 'rein' nennen und an dieser Reinheit hält sich Lituma aufrecht, sie trägt ihn über die grausame Wirklichkeit.

Zwei Geschichten mit Lituma habe ich noch im SUB. Ich freu mich schon sehr darauf.

:-)
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Re: Romane von Mario Vargas Llosa

Beitragvon steffi » Mi 1. Feb 2012, 10:07

JMaria hat geschrieben:Die Bezüge zur griechischen Mythologie war recht deutlich zu erkennen. Die Kneipe in Naccos, die Wirte Dionisio und Arianna, erinnert an Ariadne auf Naxos. ...

man könnte diese Liebe auch 'rein' nennen und an dieser Reinheit hält sich Lituma aufrecht, sie trägt ihn über die grausame Wirklichkeit.


Ja, du hast recht - eine reine Liebe, die das Ende übersteht.

Die griechische Mythologiebezüge sind mir auch aufgefallen, aber richtig einordnen konnte ich sie nicht. Vielleicht, dass alle Völker die gleichen Wurzeln, die gleiche Urgeschichte, die gleichen Ängste haben ? Die man nur mit reiner Liebe überwinden bzw. aushalten kann ? Das wäre ja dann auch ein christliches Motiv. Altes und Neues Testament ?
Gruss von Steffi

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Re: Romane von Mario Vargas Llosa

Beitragvon JMaria » Mi 1. Feb 2012, 11:30

steffi hat geschrieben:
JMaria hat geschrieben:Die Bezüge zur griechischen Mythologie war recht deutlich zu erkennen. Die Kneipe in Naccos, die Wirte Dionisio und Arianna, erinnert an Ariadne auf Naxos. ...

man könnte diese Liebe auch 'rein' nennen und an dieser Reinheit hält sich Lituma aufrecht, sie trägt ihn über die grausame Wirklichkeit.


Ja, du hast recht - eine reine Liebe, die das Ende übersteht.

Die griechische Mythologiebezüge sind mir auch aufgefallen, aber richtig einordnen konnte ich sie nicht. Vielleicht, dass alle Völker die gleichen Wurzeln, die gleiche Urgeschichte, die gleichen Ängste haben ? Die man nur mit reiner Liebe überwinden bzw. aushalten kann ? Das wäre ja dann auch ein christliches Motiv. Altes und Neues Testament ?



hallo steffi,

hier komme ich auch auf keine eindeutige Interpretation. Es geht ja um Opferung, das doch eher den alten Göttern vorbehalten ist und nicht christl. Ursprungs ist. Opfer um die Götter milde zu stimmen !
Die Gewalt war ja für die Bergbewohner allgegenwärtig, ganze Dörfer wurden überfallen, die Guerillakämpfer fackelten nicht lange. Verschont blieb Lituma ja nur, weil er den Bergrutsch (Sitz der Götter) überlebte und der Aberglauben der Bergbewohner, dass das ein Zeichen ist.

Griech. Mythologie:
Der Ariadnefaden (in der griech. Mythologie) war im Buch ja das scharfgewürzte Essen, das Arianne zubereitete und den Mann so in Bedrängnis führte (Durchfall), dass er sich seinen Weg durch das Labyrinth zurückschnupperte. War schon eklig diese Szene.

Opferungen und Aberglaube ist wohl das vorherrschende Thema.

Dennoch schließt die Geschichte mit der Liebe. Da hast du recht. Wie gesagt, die Deutung fällt mir schwer. Was aber nicht schlimm ist, das Buch ist unglaublich fesselnd.

Edit:
erschreckend ist der Gedanke, wenn Staat und Gesellschaft versagen, dass der Mensch zurück in archaischen Gesetzen sein Heil sucht, dem heutigen Fundamentalismus (und ich meine nicht nur den Islam) nicht unähnlich. Was für eine niederschmetternde Aussicht, wenn Gruppen von Menschen meinen, dass nur noch radikale Mittel helfen (wie die Guerillakämpfer im Buch). "Tod in den Anden" - ein zeitloses Thema, leider, muß man sagen.
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Re: Romane von Mario Vargas Llosa

Beitragvon steffi » Do 2. Feb 2012, 11:36

JMaria hat geschrieben:
Es geht ja um Opferung, das doch eher den alten Göttern vorbehalten ist und nicht christl. Ursprungs ist. Opfer um die Götter milde zu stimmen !



Ah ja, stimmt - die Opferungen weisen nicht auf das Christentum hin, das hat ja diese Rituale durch die Kreuzigung überwunden und durch Nächstenliebe ersetzt.

Edit:
erschreckend ist der Gedanke, wenn Staat und Gesellschaft versagen, dass der Mensch zurück in archaischen Gesetzen sein Heil sucht, dem heutigen Fundamentalismus (und ich meine nicht nur den Islam) nicht unähnlich.

Ich glaube, da triffst du tatsächlich den Kern der Geschichte. Es scheint, dass diese archaischen Gedanken viel tiefer wurzeln als die eher verstandesmäßig angelegten Gesetze des Humanismus und Christentum.

zur griechischen Mathologie:
Ja, die Umsetzung des Ariadnefaden-Motivs fand ich treffend, denn sie sind eben nicht auf dem richtigen Weg sondern auf dem falschen. Es soll ja eigentlich der Weg aus der Orientierungslosigkeit zurück zur Liebe sein. Interessant auch, warum König Minos das Labyrinth erbauen ließ - Habgier. Ist das nicht auch die stärkste Triebfeder für den Straßenbau, die Ausbeutung der Bodenschätze ?

Je mehr ich über das Buch nachdenke, umso interessanter wird es !
Gruss von Steffi

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Re: Romane von Mario Vargas Llosa

Beitragvon JMaria » Do 2. Feb 2012, 19:01

steffi hat geschrieben: zur griechischen Mathologie:
Ja, die Umsetzung des Ariadnefaden-Motivs fand ich treffend, denn sie sind eben nicht auf dem richtigen Weg sondern auf dem falschen.


richtig. Das hatte ich bereits vergessen !

Es soll ja eigentlich der Weg aus der Orientierungslosigkeit zurück zur Liebe sein. Interessant auch, warum König Minos das Labyrinth erbauen ließ - Habgier. Ist das nicht auch die stärkste Triebfeder für den Straßenbau, die Ausbeutung der Bodenschätze ?

Je mehr ich über das Buch nachdenke, umso interessanter wird es !



toller Gedanke; an Ausbeutung habe ich noch nicht gedacht, doch das passt sehr gut. Ich bin erstaunt, wieviel mir von der Geschichte noch gegenwärtig ist (trotz ein paar Lücken). Das spricht für das Buch.
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Re: Romane von Mario Vargas Llosa

Beitragvon steffi » Fr 3. Feb 2012, 17:14

JMaria hat geschrieben:
Ich bin erstaunt, wieviel mir von der Geschichte noch gegenwärtig ist (trotz ein paar Lücken). Das spricht für das Buch.


Bei diesem Stadionunglück in Ägypten musste ich wieder an Tod in den Anden denken und daran, wie dicht unter der Oberfläche diese archaischen Gedanken schlummern - schon erschreckend !
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Re: Romane von Mario Vargas Llosa

Beitragvon JMaria » Do 16. Feb 2012, 15:08

Hallo zusammen,

Wer hat Palomino Molero umgebracht?

wer hat Palomino (Mestize) so grausam zugerichtet und warum hat er sich freiwillig zur Luftwaffe gemeldet? Das fragen sich die beiden Ermittler, Leutenant Silva und Gendarm Lituma, (beide indianischer Abstammung). Von den Militäroffizieren (ugs. 'weisse Männer') ist keine Hilfe zu erwarten, das Gegenteil ist der Fall...

mit diesen ethnischen Gruppen hat der Autor den Kern der Problematik in seinem Land Peru bereits gelegt. Der Fall ist recht simpel, aber die Gesellschaft ist geprägt von Vorurteilen, Korruption und Mißtrauen.

Eins von seinen kürzeren Werken und wir erfahren darin am Ende auch, wie es kam, dass Lituma in eine gottverlassene Gegend in den Anden versetzt wurde (Tod in den Anden).

Mir hat der Krimi, der im Grunde mehr als ein Krimi ist, gut gefallen :-)

:arrow: Wer hat Palomino Molero umgebracht

der Roman beginnt wie folgt:
"Himmelherrgottscheißenochmal", stammelte Lituma und fühlte, daß er sich gleich übergeben würde. "Wie haben sie dich zugerichtet, mein Kleiner."

Lituma und sein ausgeprägtes Mitgefühl; für mich ein besonderer Held :-)

nun habe ich noch im SUB:
-Das grüne Haus (ebenfalls mit Lituma; außerdem soll es Vargas Llosas komplexestes Werk sein)

-Julia und der Kunstschreiber (soll ein humoristisches Werk sein; das reinlesen erinnert mich etwas an Thomas Manns Felix... vielleicht irre ich mich dabei auch, ist nur ein erster Eindruck gewesen).
Schöne Grüße, Maria
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