von Petra » Mi 11. Feb 2009, 16:32
Hallo zusammen,
ich komme leider erst jetzt dazu von zwei Literaturverfilmungen zu berichten, die wir am Wochenende angeschaut haben.
Zuerst beim Frühstück einen der Poirot-Filme mit David Suchet. "Mord nach Fahrplan" oder auch "Die ABC-Morde" genannt. Eine ganz tolle Verfilmung fanden wir! Besonders die Details in der Kulisse und in den Kostümen haben es uns mal wieder angetan. Davon waren wir sehr begeistert! Ich konnte auch was die Umsetzung der Vorlage angeht einen Vergleich anstellen, da ich das Hörbuch (ungekürzte Lesung) kannte (aber natürlich wieder vergessen hatte, wer der Täter war und wo die Motive liegen - somit auch für mich eine völlig neue Geschichte *g*). Fand ich - im Nachhinein als die Erinnerung einsetzte *g* - sehr gelungen. Auf den Täter ist dann allerdings trotzdem Ayhan gekommen und nicht ich. In so was ist er echt gut und achtet auf jedes Detail. Bewundernswert!
Dann haben wir noch die BBC-Verfilmung von "Oliver Twist" geguckt. Hat uns beiden auch sehr gut gefallen. Ayhan etwas mehr als mir, da ich vor kurzem ja das Buch gelesen habe und mir die Abweichungen stark ins Auge gesprungen sind. Das hat mich darin ein bisschen gestört, mich wirklich auf die Geschichte, die Figuren und den Handlungsverlauf einzulassen.
Es wurden Figuren aus der Handlung gestrichen. Das kann ich auch noch gut verstehen. Aber es ging sogar so weit, dass letztendlich die verwandschaftlichen Zusammenhänge zwischen Oliver und seinen Freunden (hier wurden einige völlig aus der Handlung verbannt) abgewandelt werden mussten. Im Grunde nicht schlimm. Denn wer die Vorlage nicht kennt, bekommt trotzdem ganz was ähnliches wie im Buch. Aber wer das Buch kennt, den irritiert's schon.
Auch Handlungsabläufe waren dann teils ganz anders. Ich fand es ein bisschen schade.
Eine Änderung hat mich sogar sehr geärgert. Fagin, der Drahtzieher der bösen Bande, wird zuletzt gehängt - wie im Buch. ABER: Der Richter bietet ihm Strafminderung an (davon ist im Buch nicht die Rede!), wenn er zum "richtigen" Glauben überwechselt (Fagin ist ja Jude). Und Fagin sagt, das könne er nicht machen. Und wird gehängt.
Erstens ist es ärgerlich, warum man überhaupt solch einen Aspekt mit in die Handlung aufnimmt. Es passt überhaupt nicht zu dem was Dickens hier vermitteln will. Das hat mit Glaubensfragen Null zu tun. Dabei hätte man es auch belassen sollen. Und zweitens hätte der Fagin aus dem Buch ALLES und JEDEN verraten um sein Leben zu retten - auch seinen Glauben. Die Entscheidung des Fagin im Film empfand ich somit als widersetzlich zur ganzen Dickens-Figur (auch zudem in der optischen Darstellung... hier war Fagin viel jünger als ich es gedacht hätte und vollkommen tuntig - passt nicht zu dem Fagin aus der Vorlagen. Hm). Besonders schade finde ich diese beiden Aspekte, weil es eine BBC-Verfilmung ist. Und eigentlich geben die sich doch immer sehr viel Mühe mit den Verfilmlungen der Buchvorlagen. Besonders ihrer landeseigenen Klassiker.
Nichts desto trotz, der Film hat Spaß gemacht. Und einige Figuren waren schön getroffen. Allen voran Oliver, wenn er auch (ebenfalls anders als im Buch) zu Anfang (im Heim) zu aufmüpfig war. Der Oliver im Buch war so ängstlich weil er Zeit seines jungen Lebens immerzu eingeschüchtert worden war. Er wäre nicht mutig gewesen, um Gerechtigkeit herzustellen für sich oder seine Heimgenossen. Nun ja.