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Lyn Hamilton: The Magyar Venus. In diesem Fall dreht sich alles um den Fund einer vorgeschichtlichen geschnitzten Frauenfigur, die es über merkwürdige Wege in ein privat finanziertes Museum in Toronto verschlägt. Károly Molnár, der Kurator, der für diese aufsehenerregende Erwerbung verantwortlich ist, ist ein alter Bekannter Laras aus ihrer Studienzeit. Und auch andere Ehemalige tauchen gerade zur Ausstellungseröffnung wieder in Laras Leben auf. Eine von ihnen ist am Tag darauf tot. Alle offiziellen Stellen gehen von einem Selbstmord aus, nur Lara und ihren Freundinnen erscheint das zweifelhaft. Denn wie sich herausstellt, hatte jede aus ihrer Gruppe mit Károly eine Rechnung zu begleichen, und es scheint durchaus möglich, daß ihre Freundin als Folge einer Auseinandersetzung mit ihm zu Tode kam. Dubios genug erscheint Molnár dafür, und auch die "Venus" weckt Zweifel: Ist der Fund vielleicht eine raffiniert inszenierte Fälschung? Lara wird von ihren Freundinnen gedrängt, sich der Sache anzunehmen.
Es dauert dann bis genau zur Mitte des Buches, bevor Lara nach Ungarn kommt. Während ich mich davor ungeduldig ständig gefragt habe, ob denn der ganze Krimi in Toronto spielen würde, habe ich ihn ab da unbeschwert genießen können. Noch nie habe ich meine eigenen Eindrücke von einer Reise so übereinstimmend in einem Buch wiedergegeben gesehen: Laras Aufenthalt und Beschreibung von Budapest, dem Stadtbild, den Sehenswürdigkeiten, der Atmosphäre und den Eigentümlichkeiten der Einwohner kann ich voll und ganz bestätigen (bis hin zu dem herablassenden Kellner - ich glaube, wir waren im selben Restaurant
). Die Kapitel bisher lassen meine Erinnerungen von den zahlreichen Reisen und Aufenthalten in Budapest wieder aufleben. Das wirkt alles sehr authentisch wiedergegeben, offensichtlich kennt Lyn Hamilton das, wovon sie hier schreibt, aber das war bei allen ihren Lara-MacClintoch-Romanen, die ich bislang gelesen habe, der Fall. Ich genieße das Buch durch diese Bestätigung natürlich umso mehr.
Inzwischen ist Lara in das Bükk-(Mittel-)Gebirge weitergereist, in die Nähe von
Lillafüred, wo es zahlreiche Höhlen gibt. In einer von ihnen will um 1900 der britischer Forscher Piper bei einer Ausgrabung die Venusfigur entdeckt haben. Mit Hilfe seiner Tagebücher will es Molnár geschafft haben, die Venus knapp hundert Jahre später wieder aufzutreiben - nach den Wirren von zwei Weltkriegen, dem Einzug und dem Zerfall des kommunistischen Systems und den ereignisreichen Jahren danach. Auch
Lillafüred kenne ich von einem Besuch, auch wenn der schon viele, viele Jahre her ist. Er hat sich mir eingeprägt, weil mich damals eine ganz besondere Atmosphäre gefangennahm: Wir haben unseren Ausflug dorthin an einem verregneten Tag gemacht. Die winzige Ortschaft liegt inmitten dichtbewaldeter, dunkler Hügel, und an jenem Tag gab es tiefhängende, graue Wolken und die Feuchtigkeit stieg in Schwaden aus den Wäldern auf. Mittendrin liegt sehr still der Stausee und an seinem einem Ende ragt dominierend -man könnte meinen, die ganze Ortschaft besteht nur aus diesem Komplex, einfach da, mitten im Wald- das
Palasthotel auf - ein Anblick für sich, mit seinen Türmchen und Giebel und der Andeutung von Fachwerk, umgeben von terrassenartig angelegten Gärten. Ihr könnt es euch ein wenig wie Neuschwanstein vorstellen, minus die Kolonnen von Touristen, obwohl auch Lillafüred nach wie vor als Naherholungsgebiet für viele Ungarn gilt. Wir haben auch die Umgebung ein wenig erkundet, und es ist wirklich ein in seiner Abgeschiedenheit (die man sicher an manchen Tagen stärker ausmachen kann als an anderen) ein fast schon mystischer, auf jeden Fall ein märchenhafter Ort, an dem sich durchaus viele geheimnisvolle Dinge ereignet haben können.
Ich wende mich jetzt wieder dem Buch zu und bin mal gespannt, ob sich auch Laras Eindrücke von Lillafüred und dem Bükk mit den meinen decken werden...
Gruß
Trixie