von Shaftoe » Fr 17. Jun 2011, 11:20
Hallo, ein schöner thread, ich liebe sie auch die ersten Sätze, sehr oft entscheidet sich bereits hier ob ich mich auf ein Buch einlasse oder nicht. Anbei ein paar Lieblinge mir:
"Schlag zwölf an einem gewissen fünften März kam es im Einzugsbereich der Bahnstation Brandon und zugleich weit über die tiefsten Tiefen des leeren Raums zwischen den entlegensten Sternensystemen hinaus in der schöpferischen Stille des Urgrunds zu einem jener unendlich kleinen Wirbel, die immer dann entstehen, wenn ein lebender Organismus in diesem astronomischen Universum einen ungewöhnlichen Schub der Bewusstseinserweiterung erfährt."
John Cowper Powys - Glastonbury Romance
"Sogar Camilla war zeitlebens einem Maskenball nicht abgeneigt gewesen, wobei sie sich jedoch stets auf unverfängliche Veranstaltungen beschränkt hatte, deren Reglement die Selbstentlarvung ausdrücklich zuließ, in jenem entscheidenden Moment nämlich in dem die Maske Anspruch auf Wirklichkeit erhob."
William Gaddis - Die Fälschung der Welt
"Man sollte niemals etwas erzählen noch Angaben machen oder Geschichten beisteuern oder Anlass dazu geben, dass die Leute sich an Menschen erinnern, die niemals existiert, die niemals ihren Fuß auf die Erde gesetzt oder die Welt durchschritten haben oder wohl gewesen sind, aber sich bereits halbwegs in Sicherheit befanden im unvollkommenen, ungewissen Vergessen."
Javier Marias - Dein Gesicht Morgen (Band 1 Fieber und Lanze)
Und zum Schluss ein wahrer Leckerbissen:
„Schneebälle haben ihre Bahn gezogen, die Wände von Nebengebäuden ebenso wie Vettern und Basen besternt und Hüte in den frischen Wind vom Delaware geschleudert – nun schafft man die Schlitten unter Dach, trocknet und fettet sorglich ihre Kufen, stellt Schuhe im hinteren Flur ab und fällt strümpfig in die große Küche ein, die von früh an in planvollem Aufruhr, untermalt vom Deckelgeklirr verschiedener Pfannen und Schmortöpfe, duftend von Küchengewürz, geschälten Früchten, Nierenfett, erhitztem Zucker – und nachdem die Kinder, in fortwährender Unrast, zum rhythmischen Geklatsch von Teig und Löffel, alles Erdenkliche erschmeichelt und stiebitzt, begeben sie sich, wie den ganzen verschneiten Advent lang an jedem Nachmittag, in ein behagliches Zimmer im hinteren Teil des Hauses, das schon seit Jahren ihrem unbekümmerten Ansturm überlassen.“
Thomas Pynchon – Mason & Dixon
Grüße – S.
Kein Elefant ist illegal!