Némirovsky, Irène: Herr der Seelen

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Némirovsky, Irène: Herr der Seelen

Beitragvon Barbara » So 2. Jan 2011, 19:23

Némirovsky, Irène: "Herr der Seelen" *****

Nizza in den 20ern. Der mittellose und unbekannte Arzt Dario Asfar versucht Fuß zu fassen und sich einen Namen in der fremden französischen Gesellschaft der Reichen zu machen. Zunächst mit wenig Erfolg. Kurz vor seinem endgültigen Ende, trifft er auf seine zukünftige Verbündete, die ihm nicht uneigennützig den Weg zu Erfolg und Ruhm ebnet. Der spätere „Herr der Seelen“ aller Reichen und Schönen, verkauft selbst seine Seele dieser Verbündeten und auch seinem zwanghaften Drang nach Geld, Macht und Ansehen. Damit rettet er äußerlich zunächst seine Familie vor dem Hungertod. Jedoch innerlich zerbricht seine Familie mehr und mehr. Seine Frau ist krank und er sucht seine Erfüllung zunehmend bei jungen Mädchen. Sein Sohn verachtet ihn und bezeichnet ihn wahrheitsgemäß als Scharlatan.

Irène Némirovsky beschreibt in diesem Buch wieder einmal sehr tiefgründig und treffsicher die inneren, seelischen Beweggründe eines Menschen, die ihn zu manch zweifelhaften Taten schreiten lassen. Was zunächst als reiner Überlebenskampf beginnt, wird zunehmend von der Gier nach Geld und Macht beherrscht. Durch die Beschreibung der tiefen Abgründe menschlicher Seelen erfasst I.N. gleichzeitig auch die Abgründe innerhalb der Gesellschaft. Zudem erscheint ihr letzter Roman in Zeiten, in denen es in Frankreich nicht gerade ruhig zugeht.
In diese Zeit kommt Dario Asfar: weder gemocht noch gewollt. Dennoch will er überleben. Nach und nach wird ihm jedes Mittel recht.

Ich finde den Roman sehr gut, da er wiederum beweist, wie gut sich die Autorin trotz ihres jungen Alters, 36 (aus heutiger Sicht) in den Seelen und Beweggründen von Menschen auszukennen scheint. Die Art wie sie Dario Asfar in seiner Entwicklung beschreibt, ist beklemmend und aufregend zugleich, da es sehr deutlich macht, zu was Menschen, wenn sie sich an ihren Grenzen befinden, fähig zu sein scheinen.
Ihr Schreibstil wirkt trotz gewichtiger Thematik nie träge oder schwerfällig. Das Buch liest sich schnell, wird aber an keiner Stelle oberflächlich, klischeebehaftet, konstruiert oder gar trivial.

Für mich ist „Herr der Seelen“ ein Buch, dem ich gerne fünf Sterne gebe.
"Das Lesen eines Buches ist die Zwiesprache mit der eigenen Seele!"
B.H.

Liebe Grüße
Barbara
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Barbara
 
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