von Trixie » Mi 16. Jan 2019, 18:44
Hallo alle,
wir haben uns in den vergangenen Tagen die zwei Geschichten der Neuverfilmung von Agatha Christies Partners in Crime angesehen, und ich muß sagen: Wir waren schwer enttäuscht. Aber sowas von! Das war die überflüssigste Neuverfilmung, die man sich denken kann, denn wenn man sie so macht, kann man es auch gleich lassen.
Der erste Fall, basierend auf dem Roman Ein gefährlicher Gegner/ The Secret Adversary und unterteilt in 3 Episoden, ließ sich zunächst noch ganz gut an, obwohl sehr schnell einige Abweichungen zur literarischen Vorlage offensichtlich waren: Die Geschichte wurde von kurz nach dem Ersten Weltkrieg in die 1950er versetzt (weiß der Geier, warum), Tommy und Tuppence sind bereits verheiratet und haben einen Sohn im Flegelalter (seine Zwillingsschwester wurde unterschlagen), sie leben in der Vorstadt und Tommy versucht sich eher erfolglos als Bienenzüchter. Der getreue Albert ist keinesfalls ein Liftboy, sondern ein Altersgenosse von Tommy und zu einem Wissenschaftler und Kriegsveteranen erhoben, der nun seine Brötchen als Chemielehrer an einer Knabenschule verdient. Nach merkwürdigen Vorkommnissen auf der Rückreise aus Frankreich und auf Betreiben von Tommys Onkel, der zufällig Chef des britischen Geheimdienstes ist, gerät das Ehepaar dann in seinen ersten Fall.
In einer sicher mit einigem Aufwand erstellten bzw. gewählten Kulisse, zwischen Requisiten und in Kostümen, bei denen man sich durchaus um Authentizität bemüht hat (aber wohl leider nicht so sehr, daß man einen Berater, der sich mit der Alltagskultur der Zeit auskennt, für die Feinheiten dazugezogen hätte), stolpern ein wie ein völliger Trottel rüberkommender Tommy und eine haarsträubend waghalsige Tuppence meist ohne einen klaren Gedanken durch die Handlung. Sie haben die überwiegende Zeit keinen blassen Schimmer, was vorgeht oder was sie tun sollten, und am Ende der Geschichte fragt man sich, wie es die beiden überhaupt lebend herausgeschafft haben.
Der zweite Fall (Die Büchse der Pandora/ N or M? ) wurde, leider, ähnlich verhunzt, und nachdem wir uns alles (zuletzt nur noch mit viel Humor) angesehen haben, können wir nur sagen: Schon klar, wieso keine weiteren Episoden mehr gedreht wurden.
Leider erkennt man in dieser Verfilmung praktisch nichts mehr von der literarischen Vorlage außer den Namen - nicht den historischen Hintergrund, nicht die Charaktere, nicht den Zeitgeist, den die ausgeklügelten Romanhandlungen Christies stets subtil wiederspiegeln. Am meisten ärgert mich, zu welch verblödeten Figur sie Tommy umgestaltet haben - sollte das etwa Witzigkeit in die Handlung bringen?- und eine bedauernswerte, falschverstandene "politische Korrektheit", über die ich mich in den letzten paar Jahren schon in anderen britischen Produktionen ärgern mußte. So gerne wir es heute zum Beispiel hätten, daß in den 1950ern farbige Mitmenschen -oder auch nur nicht-britische Mitmenschen oder auch nur Menschen des weiblichen Geschlechts- die gleiche gesellschaftliche Position, den Reichtum und alle Möglichkeiten der Selbstverwirklichung und Emanzipation erreichen konnten wie ein gebürtiger, weißer Brite männlichen Geschlechts - es war nicht so. Politische Korrektheit auf andere Zeiten, Regionen und Kulturen angewendet ist geradezu fahrlässige Irreführung und Täuschung. Ich hätte lieber, sie würden das lassen - oder auf das Fantasy-Genre beschränken.
Ich frage mich, ob Agatha Christies Erben etwas bei der Umsetzung dieser Neuverfilmung zu sagen hatten. Vielleicht hat deren Einmischung ja das Ende nach zwei Fällen mitbewirkt...
Gruß,
Trixie
Ich lese gerade:
Ann Myers: Cinco de MayhemViel lesen und nicht durchschauen ist viel essen und nicht verdauen.Rätselforum
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