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Interview mit Ephraim Kishon

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Foto von Ephraim Kishon
© by Buchverlage Langen
Müller Herbig, München
Seine Bücher wurden in 37 Sprachen übersetzt, sein Name ist für wohl niemanden ein unbeschriebenes Blatt, seine Satiren sicher einzigartig. Doch neben diesem interessanten Schriftsteller und Humoristen gibt es auch einen sehr interessanten Privatmenschen und politischen Ephraim Kishon. Das erkennen nicht nur wir, sondern auch der Staat Israel. So wurde Ephraim Kishon am 17. April 2002 (Unabhängigkeitstag) für sein Lebenswerk der israelische Staatspreis verliehen. Anlässlich der Verleihung gab uns Ephraim Kishon die Ehre, dieses Interview mit ihm führen zu dürfen. Wenn wir vorher beeindruckt waren, was ein einzelner Mensch erleben und auf die Beine stellen kann, so waren wir nach dem Gespräch schlicht sprachlos. Ein liebenswerter, interessanter, sympathischer Mensch, der mehr zu erzählen hat als man glaubt. So können wir nach dem Interview nur hoffen, dass er es sich noch einmal überlegen wird, doch noch ein Buch zu schreiben.
Teil I - Fragen an den isralelischen Staatsbürger Ephraim Kishon:

Gerade in den letzten Tagen war die Lage im Nahen Osten äußerst verworren und kompliziert. Gibt es Ihrer Meinung nach überhaupt noch einen Weg, zu einem friedlichen Miteinander zu kommen?

Ephraim Kishon: Ja, es wird Frieden im Nahen Osten geben, weil an jedem Ort und in jeder Zeit der Frieden einmal ankommen muss. (Hier gibt es die Textstelle als Sound-Datei - anklicken und öffnen) Die Frage ist wann und wie - es ist schon eine ziemlich abgedroschene Phrase, aber leider ist das die Wahrheit: Wenn Arafat und seine Clique verschwinden, werden wir Frieden haben. Arafat will mit uns keinen Frieden machen, der ihm als Ausrede dient, den palästinensischen Staat nicht aufzubauen.

Arafat hat vor 2 Jahren in Camp David von Ehud Barak dieses einmalige Angebot bekommen; wir haben unseren Augen und Ohren nicht getraut, als wir gehört haben, was er alles vorgeschlagen hat. Und es konnte sofort ein palästinensischer Staat aufgestellt werden mit einem Teil von Jerusalem. Und seither er hat damit gerechnet, dass er auf der Welle des Weltantisemitismus reiten kann und Israel dazu zwingen, so viele palästinensische Kinder zu töten, dass Israel vor den Fernsehsendern kapitulieren muss. Er hat nicht mit dem riesigen Fehler gerechnet, den die islamische Welt in Washington und New York gemacht hat, denn das hat einen Teil der Welt umgedreht.

Denken Sie daran, wenn Sie ein Palästinenser und einfacher Bürger wären und würden heraufschauen und sagen: "Was haben wir in diesen 2 Jahren erreicht? Wir sind vollkommen ruiniert, es gibt keine Wirtschaft, keine Ordnung und keine Sicherheit und die Lage ist ganz genauso geblieben wie sie vor 2 Jahren war. Wofür war diese ganze Sache? Um 280 Israelis zu töten? So viele Israelis sterben auch in Verkehrsunfällen." Wenn Sie einen Palästinenser fragen, was sie erreicht haben, dann müssten sie
sagen, dass es eigentlich der größte Fehler war, den man machen konnte. Denn sie hätten einen blühenden palästinensischen Staat haben können. Aber es kommen noch junge Leute, ich kann Sie beruhigen, wir sind absolut sicher. Wir kennen sie auch ganz genau, sie sind Palästinenser und überzeugt von ihrer Sache, aber Leute mit denen man sprechen kann.

Sie selbst verkörpern ja das Bild eines liebenswerten, sympathischen, toleranten und klugen Israel. Es muss Ihnen doch manchmal in der Seele wehtun, wenn ein anderes Bild Ihres Landes die Medien beherrscht. Welche Ursachen hat das Ihrer Meinung nach, dass da so ein falsches Bild von Ihrem Land existiert?

Ephraim Kishon: Sie müssen verstehen, dass das jüdische Volk seit 2000 Jahren eine in der Weltgeschichte unpräzedente Verfolgung erlebt hat. Erniedrigungen, Massaker und Holocausts. Und während dieser ganzen Geschichte - zeitlich gesagt von Null bis Zweitausendzwei - haben sie von Fremden nur gehört, dass sie der Abschaum der Menschheit sind. Sie seien verachtenswert und nur geldinteressiert und so weiter. Sie haben alles zurückgewiesen, doch etwas ist irgendwo hängen geblieben. Und diese unterbewusste zweitausendjährige Hetzkampagne gegen das Judentum kommt dann in einer Mischung mit einer persönlichen Frustation - eigentlich ist es Selbsthass.

Sie geben mir mit Holocaust ein Stichwort für meine weitere Frage. Ich habe auch das Buch "Mein Kamm" gelesen und fand es sehr beeindruckend, wie man ein derart finsteres Kapitel der deutschen Geschichte so aufarbeiten kann, und dabei kam mir die Frage: Gibt es eigentlich irgendetwas auf der Welt in der Geschichte, was so schrecklich ist, dass man es nicht in einer Satire verarbeiten kann?

Ephraim Kishon: Ja, den Holocaust kann man nicht beschreiben. In meinem Buch bin ich bis zum Holocaust gekommen und dann habe ich aufgehört. Ja, das kann man nicht beschreiben, denn das geht über das menschliche Verständnis und den menschlichen Verstand. Ich kann es meinen deutschen Lesern und Freunden und der von mir geliebten deutschen Jugend sagen, sie sollen es wissen, sie leben in einem Land, in dem man die Elite ausgerottet hat. Auch den Österreichern muss ich sagen, dass sie sie total ausgerottet haben. Sie haben ihre geistliche und wisschenschaftliche und ärztliche Elite verbannt. 

Darüber kann man nicht schreiben, denn es ist so unverständlich wie die ganze Sache, aber es wird verständlich wenn man versteht dass der Holocaust kein Massaker war sondern ein Raubmord, ein Massenraubmord, an dem ein ganzes Volk beteiligt war. Wo ich z.B. mit meiner Familie gezwungen war, aus unserer Wohnung zu fliehen. Als wir nach dem Krieg zurückgekommen sind war kein Möbelstück, kein Bild und nichts mehr da. Nur die Angst, dass die Juden etwas zurückfordern könnten.

Die Kamine von Auschwitz konnte ich nicht beschreiben, aber den Weg dazu. Und es ist eine perfekte Analogie - wenn Sie meine Gesetze gegen die Glatzköpfigen anschauen, dann sind das genau die Gesetze gegen die Juden. Ich habe es geschrieben für Leute, die nicht dabei waren, weil es schon 50 Jahre oder länger her ist. Ich habe es so geschrieben, dass ich der Leiter in dem Roman bin, um dem Buch eine mildere und verständnisvollere Nuance oder Charakter zu geben - humoristisch und sarkastisch.

Manchmal scheint es mir, in Interviews kommt Ephraim Kishon als Person oder als Autor doch ein bisschen kurz vor den Weltproblemen oder den Problemen des israelischen Staates. Ärgert es Sie nicht manchmal, dass das so in den Hintergrund tritt?

Ephraim Kishon: Das ist deswegen so, weil ich schon in der ganzen Welt bekannt bin. Das wurde auch im Israel Preis, welchen ich für mein Lebenswerk bekommen habe, besonders erwähnt, dass ich sehr fähig bin, die Lage von meinem kleinen Staat zu beschreiben auch außerhalb der Grenzen von Israel.

Aber viele wollen einfach nicht mit mir über politische oder örtliche nahöstliche Fragen diskutieren, weil ich nicht das Material liefere, das jetzt in Mode ist - d.h. eine Beschimpfung von Sharon und ein Lob für den palästinensen Staat und so weiter. Das ist natürlich ein sehr einfacher Weg, um populär zu werden außerhalb Israels und Friedenspreise zu bekommen. Aber ich tue es nicht, weil meine Beschäftigung ist, die Wahrheit zu sagen.

Und ich sage allen noch etwas, die glauben, dass ich ein hasserfüllter Chauvinist bin: In meinen Augen ist das palästinensische Volk ein sehr begabtes Volk, ja, sie sind die Opfer, die es noch nicht entdeckt haben. Sie sind die Opfer von ihren Brüdern. Sie halten sich schon seit der 3. und 4. Generation in schmutzigsten Flüchtlingslagern auf, wagen es nicht, sie zu verlassen und pumpen sich voll mit anti-israelischer und anti-semitischer Propaganda, von der Kinderschule, vom Kindergarten an. Und sie halten sie als Bluthunde. Sie sollen den Kampf kämpfen, den die arabischen Staaten zu feige sind zu kämpfen. Darum finanzieren sie es, geben dazu auch noch einen religiösen Hintergrund und islamische Fanatik und die Palästinenser bemerken es nicht, dass sie nicht die Helden sind sondern die Opfer einer sehr schmutzigen, politischen, lebensgefährlichen Hetzkampagne, die die arabischen Staaten betreiben.


Teil II - Fragen an den Privatmann und Menschen Ephraim Kishon:

Welchen Beruf hätten Sie am liebsten ergriffen, wenn Sie nicht Schriftsteller geworden wären?

Ephraim Kishon: Diese Frage könnte man jedem stellen, auch Ihnen. Ich bin sicher, dass an der Schule Ihr Lehrer gefragt hat, was Sie werden wollen? Dann haben Sie sicher nicht Ihre derzeitige Beschäftigung genannt sondern wollten Pilot sein, Astronaut, Polizist, Offizier oder General. Ich bin ein diplomierter Bildhauer und ein perfekter Fachmann für Reliefarbeiten.

Aber wenn Sie mich fragen, diese sehr schwere und unmenschliche Tätigkeit, die schriftstellerische Literatur ist eigentlich wunderschön, solange man damit Erfolg hat. Und ich sage es weil ich damit sehr zufrieden bin, weil ich - wie Sie wissen - damit ein bisschen erfolgreich bin. So war ich z.B. ja im vorigen Jahr für den Nobelpreis nominiert. Aber Sie müssen verstehen, dass man mit derselben Anstrengung einen Bestseller schreibt wie einen totalen Flopp. Diese Beschäftigung oder schriftstellerische Tätigkeit ist eine Falle: Sie müssen Erfolg haben und darum schreiben Sie. Nicht finanziell und nicht als Künstler sondern aus Genugtung. Das ist eine sehr, sehr frustrierende Sache und macht einen Anteil von 95-99 % der Schriftstellerei aus. Viele schreiben Bücher, die überhaupt kein Echo und keinen Erfolg haben.

Meine Tätigkeit würde ich nicht mehr wählen - also, wenn ich wählen könnte (lacht) - nicht Schriftsteller sein, wegen dieses Risikos. Wer kann schon behaupten, dass er so Glück hat wie ich? Aber wenn Sie mich fragen, ich kenne eigentlich gar keine Beschäftigung, wo die Menschen richtig glücklich sind. Vielleicht einige Kindergärtnerinnen, die glücklich sind mit den Kindern. Aber das ist für mich doch nicht so attraktiv, aber als man mich gefragt hatte, was ich sein möchte, da habe ich gesagt Karatemeister. (lacht) Es hört sich zwar witzig an, aber es ist mein Wunschtraum.

Sehen Sie, ich habe Filme gedreht, die riesige Erfolge sind. Wie Sie wissen, habe ich drei Golden Globe damit gewonnen, war zweimal Oscar-nominiert und habe auch sonst noch eine Menge Preise gewonnen. Ich habe sehr gerne Filme gemacht, aber dazu bin ich ein bisschen zu alt geworden.

Was  ich immer noch sehr gerne habe ist Theater. Und wenn ich es hätte einrichten können, so wäre ich nur für das Theater geboren. Ich hatte mein eigenes Theater und ich finde, Theater ist noch immer eine der interessantesten oder die interessanteste Sache im Leben. Und bis heute beschäftige ich mich damit. Sehr viele Theaterstücke laufen von mir und ein Teil davon, ein wesentlicher Teil, sind von mir inszeniert. Wenn ich nicht Schriftsteller wäre, wäre ich gerne Theaterregisseur geworden.

Was antworten Sie auf Bauer "b4" auf dem Schachbrett?

Ephraim Kishon: Bauer b4 ist eine nicht so übliche Eröffnung, die man meistens benutzt, wenn man gegen einen Computer spielt, denn der Computer ist nicht dafür programmiert. Und er wird verwirrt, weil er ungefähr eine halbe Million Züge kennt, aber den kennt er nicht. Einmal hat Kasparow - ich habe gegen ihn schon dreimal gespielt - mit einem noch ungebräuchlicheren  Zug begonnen, mit a2-a3. Und der andere, der Computer, der normalerweise in Splittersekunden antwortet, hat 4 Minuten lang nachgedacht. B4 ist ist auch ein Teil von sehr vielen anderen Einführungen wie c4. Das Wiener Gambit beginnt z.B. mit d4 und c4. Aber wenn Sie schon einen Schachmann fragen - und ich habe zwei Schachbücher geschrieben - c4 hat einen Sinn, denn man kann mit dem Pferd von b1 auf c3 kommen und Sie haben den Bauern entwickelt und sind auch mit dem Springer ins Spiel gekommen. Gar nicht so dumm, aber nicht sehr üblich.

Also sind Sie nach wie vor schachbegeistert?

Ephraim Kishon: Aber natürlich, und ich kann noch hinzufügen, wenn Sie es noch nicht gehört haben sollten, dass es einen Schachcomputer gibt, der Kishon heißt. Und er spielt so gut, dass ich ihn nie besiegen kann.

Davon habe ich gehört und es war auch mal die Rede davon, dass ein Nachfolgemodell auf den Markt kommen soll?

Ephraim Kishon: Ja, ich wollte einen neuen, einen noch besseren. Inzwischen hat die High-Tech einen sehr großen Fortschritt gemacht und ich wollte eine noch besser entwickelte Version bringen, aber die Firma Fidelity in Amerika, die ihn herausgebracht hatte, und die deutsche Firma Mephisto, die ihn verbreitet hatte, beide sind inzwischen Pleite gegangen. Nicht meinetwegen!

Dann habe ich mich auch erkundigt, dass bereits viele andere Firmen begonnen haben, ebenfalls Schachcomputer zu entwickeln. In Hongkong z.B. ist eine große Firma, die Japaner haben auch begonnen und natürlich die Amerikaner. Die Deutschen sind jetzt ein bisschen zurückgeblieben. Und es kommen einige Genies in England und auch in Ungarn. Es gibt ein Programm, das "Junior" heißt, aus Israel kommt und immer erster, zweiter oder dritter ist in der Welt. Und es ist aus der totalen Anonymität gekommen.

In der Schachwelt bin ich noch immer sehr, sehr gut informiert. Schach ist eine Wissenschaft. Für einen Schriftsteller bin ich ein sehr guter Schachspieler und für einen Schachspieler bin ich ein sehr prachtvoller Schriftsteller.

Nennen Sie uns einige Ihrer liebsten Gegner?

Ephraim Kishon: Ich habe schon gegen Karpov und Kasparow gespielt. Das letzte Mal habe ich gegen Kramnik gespielt und da habe ich von ihm die Erlaubnis bekommen, als Hilfe meinen Kishon-Computer zu nehmen. Also nicht einen anderen sondern genau den Kishon-Computer. Nicht die großen wie Fritz und andere sondern meinen kleinen. Und ich habe ein Remis erreicht. 

Da kann man ja nur gratulieren!

Ephraim Kishon: Danke! Aber es ist so, dass der Weltmeister simultan gegen dreißig Leute gespielt hat. Und er hat mich auch ein bisschen unterschätzt. Ich habe auch schon die Nr. 1 in der Welt bei den Frauen - Zsuzsa Polgar - mit meinem kleinen Computer besiegt.

Ich bin im Schachleben viel weniger als ich sein möchte. Ich glaube, dass Schach immer noch eine der interessantesten und schönsten Sachen ist, die es gibt. Ich kenne nichts, was damit  vergleichbar ist, außer vielleicht Billard. Aber Billard ist auch eine physische Sache, nicht nur eine des Gehirns. Übrigens bin ich im Billard besser als im Schach. Ich habe im Jahr 2000 in meiner Kategorie bei den Berliner Weltmeisterschaften den 1. Preis gewonnen im Drei-Band-Billard.

Auch eine sehr mathematische Disziplin.

Ephraim Kishon: Computerarbeit - wenn Sie den Lauf Ihrer Kugel ausrechnen wollen, so dass sie 3 Banden berührt bevor sie die beiden Kugeln trifft, so ist das unglaublich schwer. Und deswegen bin ich nur gut in meiner Klasse, weil es eine Amateurklasse ist - aber Weltmeisterschaft!

Das wird die Fans sicherlich sehr beeindrucken.

Ephraim Kishon: Ja, ich glaube auch. Ich weiß, dass meine Bücher viel weniger Eindruck machen als mein 1. Preis in
der Billard- Weltmeisterschaft.

(Lacht) Ach nein, das kann man jetzt aber so nicht sagen.



Teil III - Fragen an den Autor und Humoristen Ephraim Kishon:

Sie schreiben in hebräischer Sprache. Waren Sie schon einmal unzufrieden mit einer Übersetzung?

Ephraim Kishon: Ja, ich war schon sehr oft unzufrieden und darum habe ich begonnen, nach dem Tod meines großen Übersetzters Friedrich Thorberg vor 22 Jahren selbst ins Deutsche zu übersetzten. Aber ich bin nicht fähig, meine phillipinschen, albanischen, koreanischen und chinesischen Bücher zu beurteilen wie die Übersetzung ist.

Außer in dem Fall, wo ich sehe, dass schon das 20. Buch ein großer Erfolg war, dann weiß ich, es ist ein guter Übersetzer. Sonst war es ein schlechter Übersetzer.

Wenn Sie schreiben, gibt es da einen Ort, wo Sie das am liebsten tun oder gar ausschließlich oder schreiben Sie, wo Sie sich gerade aufhalten?

Ephraim Kishon: Nein, ich muss eine totale Isolation und totale Ruhe haben. Ich kann nicht schreiben in Café-Häusern, wie vor 100 Jahren meine Kollegen geschrieben haben. (Hier gibt es die Textstelle als Sound-Datei - anklicken und öffnen) Darum bin ich hier in Appenzell, weil es eigentlich ein Asyl von Isolation und Stille ist. Ich habe dieses Haus vor 20 Jahren gekauft und ich habe viele Bücher hier geschrieben. Jetzt wo ich mit Ihnen spreche, ist hier eine totale Stille, man hört gar nichts. Natürlich hat man immer persönliche Probleme wie alle, aber zu Hause in Israel bin ich an Fernsehen und Radio gefesselt, total verkabelt, weil ich wissen will, was meinen Söhnen und Nachbarn geschieht und  was mit meinem Land ist und wo wir jetzt sind und was passiert. Hier in Appenzell, in den Alpen und der Höhe der Wolken, bin ich abgeschieden vom Rest der Welt und dem was die Menschen machen.

Wie darf man sich Ihr Arbeitszimmer vorstellen? Eher aufgeräumt oder kreativ chaotisch?

Ephraim Kishon: Kreativ chaotisch und sehr ordentlich gleichzeitig. Neben mir steht ein Schachcomputer-Weltmeister. Er ist immer da, wenn ich schreibe. Ich brauche ihn nicht mitzunehmen, er steht immer dort und ich lerne von ihm noch viele Sachen und manchmal lasse ich ihn mit einem anderen Computer Schach spielen. Und dann, stellen Sie sich vor, nehme ich als Zuschauer teil wenn zwei Weltmeister spielen. Für mich ist das so, wie wenn Sie ein Finale im Tennis, ein wichtiges Open im Fernsehen anschauen. So interessant ist das für mich. Wenn Sie ein bisschen Schach spielen, werden Sie auch hinschauen, wenn die zwei größten Weltmeister spielen. Das ist sehr fesselnd. Wenn Sie es neben Ihrem Schreibtisch erleben können, ist das sehr faszinierend.

Ich habe Gari Kasparow vor ungefähr 6 Jahren nach einem Spiel beim Abendessen gesagt, dass er von einem Computer im Spiel besiegt werden würde. Da hat er gesagt, dass ein Computer sehr gute Schachspieler besiegen wird, auch Meister, aber nie einen Weltmeister. Darauf habe ich ihm gesagt, Sie werden überrascht sein, denn der Computer wird Sie besiegen, denn er weiß nicht, dass Sie ein Weltmeister sind. (Hier gibt es die Textstelle als Sound-Datei - anklicken und öffnen) Und das ist geschehen. Gegen "Deep Blue" hat er verloren und ich weiß, dass er einen Schock bekommen hat, weil er eines seiner größten Bravourstücke gemacht hat. Er hat beim Endspiel 14 Züge vorausberechnet, aber der Computer hat 15 ausgerechnet. Deshalb hat er verloren. Verstehen Sie? Was wollen Sie machen gegen einen Computer, der jede Sekunde ungefähr eine halbe Milliarde Züge ausrechnet?

Man muss schon sehr gut wissen, wie ein Computer programmiert ist, um ihn besiegen zu können. Dann hat man überhaupt erst eine Chance.

Ephraim Kishon: Nein. Auch dann hat man überhaupt keine Chance, glauben Sie mir. Wissen Sie warum? Ein Computer irrt nicht. Er kennt nicht so etwas wie "ich habe verloren gegen Kasparow". Ich war schon in einer Lage, dass der ganze Saal mich gefeiert hat. Nach dem 36. Zug war die Partie gegen Gari noch unentschieden und dann habe ich übersehen, dass er meinen Turm nehmen konnte. Einem Computer wäre das nicht passiert.

Oder nehmen wir Kortschnoi. Er hat gegen Karpov um die Weltmeisterschaft gespielt. Den ersten Rang wollten sie erreichen. Die Partie war ausgeglichen. Und Kortschnoi ist in eine Lage gekommen, wo er in zwei Zügen Matt geben konnte. Er hat es nicht bemerkt. Ein Computer hätte es sofort gemerkt. Sie geben diese Stellung ein und in einer Splittersekunde sagt er "Matt in zwei Zügen". Wir sind Menschen und machen - vielleicht Gott sei dank - noch Fehler.

Eine letzte Frage noch. Jugend und Kinder sind ja unser aller Zukunft. Könnten Sie sich auch vorstellen, einmal ein Buch für Kinder zu schreiben?

Ephraim Kishon: Ich brauche es nicht zu tun, ich habe schon ungefähr 6 Bücher für Kinder geschrieben, die Sie als Nicht-Kind auch nicht gelesen haben. (lacht)

Nun schauen Sie, dieser ganze UNO-Bluff "Kinder dieser Welt" - das ist alles Quatsch. Das ist, wenn jemand sich wichtig machen möchte. Wenn ich über Jugend spreche, dann spreche ich über die palästinensische Jugend. Im Libanon sind 400.000 Palästinenser in Lagern eingesperrt. Und einmal muss einer dieser Jungen aufstehen und sagen: "Just a minute - ich bin schon die 4. Generation hier und höre, dass ich aushalten muss bis wir zurückkommen, alles erobern und die Juden ins Meer werfen. Ich will nicht mehr hier in dem Lager leben. Libanon lässt mich nicht einbürgern. Israel kann man nicht besiegen, keine Aussichten, daher will ich Frieden machen unter allen Umständen." Das wird geschehen. Einmal wird eine Generation kommen, die sagt, ich lasse mich nicht mehr von meinen Brüdern zum Schlachthaus führen.

Es war sehr interessant mit Ihnen so lange sprechen zu dürfen.

Ephraim Kishon: Sehr gut, Herr Brauer, ich freue mich! Alles Gute!

Ihnen auch alles Gute und dass der Frieden in Nahost nicht allzu lange auf sich warten lässt!

Signatur von Ephraim Kishon

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Das Interview wurde im Jahr 2002 geführt von: Arno Brauer!

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© 1998 Buecher4um, erstellt am 17.01.2004, letzte Änderung am 02.09.2004, Layout by abrakan