Wann haben Sie angefangen zu schreiben und wie kam es überhaupt dazu?
Petra Hammesfahr: Ich habe mit vier Jahren Geschichten zu erzählen
begonnen, mit siebzehn angefangen den ersten Roman zu schreiben, damals noch mit
Bleistift. Mit achtundzwanzig saß ich täglich bis zu acht Stunden an der
Schreibmaschine, heute sind es zehn Stunden mindestens am Computer. Wie es dazu kam, weiß
ich beim besten Willen nicht, die Veranlagung war eben da und ich wollte nie etwas anderes
tun.
Was bedeutet das Schreiben für Sie? Was lieben Sie besonders daran?
Petra Hammesfahr: Jeder neue Roman ist eine neue Herausforderung, an
der ich manchmal auch verzweifle.
Gibt es auch negative Seiten an dem Beruf des Schriftstellers, und wo liegen diese
für Sie?
Petra Hammesfahr: Erfolgreiche Schriftsteller sehen keine negativen
Seiten mehr. Aber bis zum Erfolg ist es ein sehr langer und steiniger Weg. 159 Absagen
muss man erst einmal verkraften. Aber in den Jahren, in denen ich diese Absagen bekommen
habe, durfte ich es noch nicht als Beruf bezeichnen, höchstens als Berufung.
Woher nehmen Sie Ihre Ideen? Und haben Sie Befürchtungen, dass diese Ihnen
Irgendwann ausgehen?
Petra Hammesfahr: Ich nehme meine Ideen nirgendwo her, sie kommen von
selbst und belegen mich mit Beschlag. So war es, seit ich denken kann. Dass sich daran
noch etwas ändert, erwarte ich nicht mehr.
Von der Idee bin hin zum letzten geschriebenen Satz, wie viel Zeit vergeht
dazwischen schätzungsweise?
Petra Hammesfahr: Ganz unterschiedlich, manchmal vergehen Jahre, ehe
ich überhaupt den ersten Satz schreibe. Bis zum letzten können sechs Wochen oder zwei
Jahre vergehen. Das hängt vom Stoff ab.
Wie viel Zeit nimmt hierbei die Recherche bei Ihnen ein und wie wichtig ist Ihnen
diese?
Petra Hammesfahr: Im Grunde recherchiere ich gar nicht, ich frage
allenfalls bei Fachleuten nach, wenn ich mir bei einer Sache nicht völlig sicher bin. Was
ich an Wissen für meine Stoffe brauche, habe ich mir im Laufe der Jahre angeeignet,
Psychologie, Kriminalpsychologie, Medizin, Forensik und Jura.
Ist es Ihnen wichtig, mit Ihren Büchern realitätsnah zu sein?
Petra Hammesfahr: Sehr wichtig, obwohl ich hin und wieder auch gerne
mit Grenzbereichen, zum Beispiel Parapsychologie spiele.
Wie entwickeln Sie Ihre Charaktere? Lehnen Sie diese an real existierende Personen
an oder sind es Figuren, die ganz aus Ihrer Phantasie geboren werden?
Petra Hammesfahr: Ich entwickle keinen Charakter, er muss da sein,
wenn ich anfange über ihn zu schreiben. Real existierende Personen baue ich nie in einen
Roman ein.
Schreiben kann man sicherlich als eine Art der Kunst betrachten. Und Kunst hat ja
meist eine handwerkliche und eine schöpferische Seite. Wie wichtig ist Ihnen beides bei
Ihren Büchern?
Petra Hammesfahr: Ich betrachte meine Romane nicht als Kunstwerke. Das
meiste daran ist solides und zeitaufwendiges Handwerk. Die Idee als solche lässt sich
meist mit wenigen Sätzen erzählen, damit vierhundert Seiten zu füllen ist harte Arbeit.
Mit den ersten Sätzen Spannung erzeugen oder zumindest Neugier, die auch auf Seite 50
oder 228 noch vorhanden - oder besser noch - gesteigert sein muss. Vielleicht ist das doch
Kunst. Die schöpferische Seite hat ihren besonderen Reiz. Ich schaffe eine bestimmte
Umgebung, fülle sie mit Menschen und entscheide, wer am Ende noch dabei ist. Das ist ein
bisschen lieber Gott gespielt und führt nach dem Druck des Buches oft zum heulenden
Elend, weil ich Menschen umgebracht habe.
In welches Ihrer Bücher haben Sie das meiste Herzblut gesteckt?
Petra Hammesfahr: Das steckt immer in dem Buch, an dem ich gerade
arbeite.
Schreiben Sie fast ausschließlich oder lesen Sie auch die Bücher anderer Autoren
und welche gefallen Ihnen da besonders?
Petra Hammesfahr: Zum Lesen bleibt mir nicht viel Zeit. Den Computer
kann ich nach zehn Stunden ausschalten, meinen Kopf nicht, da geht es anschließend noch
weiter, und mit einem Spannungsroman im Kopf kann man sich schlecht auf einen in der Hand
konzentrieren. Aber wenn mich ein Buch packt wie "Das Mädchen auf der Schaukel"
von Richard Adams, "Der letzte Tag der Schöpfung" von Wolfgang Jeschke oder
"Worldsend" von T. C. Boyle, nehme ich mir schon mal ein freies Wochenende.
Wie reagieren Ihre Familie und Ihre Freunde auf Ihren Erfolg?
Petra Hammesfahr: Meine Familie hat die Zeit davor erlebt und kennt
auch die Schattenseiten des Erfolgs. Hochzeitstage, die mein Mann alleine feiern muss,
weil ich auf Lesereise bin, Geburtstage, die ich vergesse, weil ich den Kopf voll habe mit
den Daten der Leute, über die ich gerade schreibe. Da braucht es vor allem Geduld und
Verständnis, Freunde, die diese Bezeichnung verdienen, habe ich nicht viele.
Was ist das größte Kompliment, das man Ihnen für Ihre Arbeit machen kann?
Petra Hammesfahr: Dass man ein Buch nicht aus der Hand legen kann.
Öffentliche Auftritte machen ja auch einen Teil Ihres Berufes aus. Wie kommen Sie
mit öffentlichen Auftritten zurecht? Fällt es Ihnen schwer oder eher leicht oder haben
Sie sich einfach daran gewöhnt?
Petra Hammesfahr: Lesungen machen Spaß, weil ich dabei unmittelbar
die Reaktionen der Leserschaft vor mir sehe. Andere Auftritte müssen sein, halten sich
aber bei mir im Rahmen. Und wenn es irgendwann ein Gerät zum Beamen gibt, bin ich die
erste, die es kauft. Ich hasse es, stundenlang im Zug oder im Auto zu sitzen, weil ich
dabei nicht richtig arbeiten kann.
Wie zufrieden sind Sie mit den Umsetzungen Ihrer Bücher in Film- und
Hörbuchproduktionen und mit der Besetzung der Rollen durch Schauspieler und Sprecher?
Petra Hammesfahr: Mit den bisherigen Produktionen war ich zufrieden
bis begeistert. Ich hoffe, das bleibt so.
Gibt es in Ihrer Karriere irgend etwas, was Sie mit Ihrem heutigen Wissen anders
getan hätten?
Petra Hammesfahr: Ich hätte als erstes "Die Sünderin",
"Die Mutter" und "Der Puppengräber" geschrieben und dem Rowohlt
Verlag angeboten. Nur hatte ich vor dreißig Jahren diese Ideen noch nicht, und wenn ich
sie gehabt hätte, hätte ich sie kaum so umsetzen können, mit anderen Worten, nein.
Was halten Sie von der Unterscheidung zwischen U-Literatur und E-Literatur?
Petra Hammesfahr: Das ist Geschmackssache, mich langweilt die so
genannte E-Literatur meist.
Man sagt ja so schön "das Auge isst auch mit". Wie wichtig finden Sie
äußerliche Feinheiten wie Cover, Kapiteleinteilung, Schriftsatz etc.?
Petra Hammesfahr: Sehr wichtig, das Cover sollte zum Thema passen, der
Schriftsatz nicht zu klein sein.
Welchen Einfluss nehmen Sie hierauf?
Petra Hammesfahr: Ich darf mir aus zwei oder drei Titelbildern eins
aussuchen, aber ob das letztlich genommen wird, entscheide nicht ich. Die
Kapiteleinteilung lege ich fest, auf den Schriftsatz habe ich keinen Einfluss.
Haben Sie ein neues Buch in Arbeit und wenn ja, wann kann man mit der
Veröffentlichung rechnen?
Petra Hammesfahr: "Das letzte Opfer" ist gerade fertig
geworden und wird im Juli bei Wunderlich erscheinen.
Wie sieht Ihr Arbeitszimmer aus?
Petra Hammesfahr: Chaotisch, aber mein Mann räumt hin und wieder auf.
Wie lange arbeiten Sie durchschnittlich täglich und haben Sie da einen festen
Zeitplan?
Petra Hammesfahr: Von morgens halb neun bis abends um sieben, keine
Pause, Frühstück und ein Toast zu Mittag am Computer. Und wer mich davon abhält, kann
nie ein guter Freund werden.
Halten Sie Disziplin für wichtig in Ihrem Beruf?
Petra Hammesfahr: Ohne Disziplin geht es nirgendwo, aber ich bin nicht
diszipliniert, sondern besessen.
Sie sind ja auch Drehbuchautorin. Wie bedeutend ist in der heutigen Zeit der Medien
und Bilder das geschriebene Wort?
Petra Hammesfahr: Drehbücher mache ich nicht mehr. Film und Buch
können gut nebeneinander existieren. Film für die Leute, die es lieber bequem haben.
Fertige Bilder sind kein Ersatz für das, was im Kopf eines Lesers entsteht, deshalb sind
viele Leser von Romanverfilmungen enttäuscht.
Das Internet ist inzwischen ja zu einer wichtigen Informationsquelle geworden.
Streben Sie an, über Ihre Person und Ihre Bücher eine Homepage ins Netz zu stellen oder
stellen zu lassen?
Petra Hammesfahr: Nein. Ich bin froh, dass ich einen Roman heil in den
Verlag mailen kann, dass spart enorm viel Zeit und erlaubt Änderungen noch in der
allerletzten Minute. Im Internet bewege ich mich wie Boris Becker. "Bin ich drin? Und
wie komme ich jetzt wieder raus?"
Bei der Kurz-Biographie in Ihren Büchern steht teils, dass Sie im Jahre 1951
geboren sind, in anderen steht 1952 als Geburtsjahr. Welches ist das richtige?
Petra Hammesfahr: 10. Mai 1951
Es gibt noch einige Titel, die damals beim Bastei-Lübbe-Verlag erschienen, jedoch
mittlerweile vergriffen sind. Werden diese neu aufgelegt und wenn ja, wann ist damit zu
rechnen?
Petra Hammesfahr: Die Rechte für die Titel sind alle wieder bei mir.
Die Romane werden nach Überarbeitung bei Rowohlt erscheinen.
Ist der Titel "Belas Sünden" eine Neuauflage? Wenn ja, wie hieß der
alte Titel?
Petra Hammesfahr: "Belas Sünden" ist ein bisher noch nicht
veröffentlichter Roman.
Kürzlich stand bei Amazon die Ankündigung für ein Buch von Ihnen mit dem Titel
"Das Medium". Es ist meines Wissens jedoch nicht erschienen und die Ankündigung
bei Amazon ist auch nicht mehr da. Kommt dieses Buch noch heraus und ist es eine
Neuauflage eines alten Titels?
Petra Hammesfahr: "Das Medium" ist auch ein
unveröffentlichter Roman und wird wohl irgendwann bei Rowohlt erscheinen.
In "Der Ausbruch" sind ja 3 Kurzgeschichten veröffentlicht worden.
Welche Kurzgeschichten wurden noch von Ihnen veröffentlicht und unter welchem Titel sind
diese zu finden?
Petra Hammesfahr: Es ist ein Hardcover mit allen Kurzgeschichten bei
Wunderlich geplant, der Erscheinungstermin wurde zugunsten des letzten Opfers verschoben.
Vielen Dank an Petra Hammesfahr für dieses tolle Interview im Bücherforum! Und
lieben Dank an Arno (www.visclub.de) für dieses
wundervolle Weihnachtsgeschenk! Spannender hätte kein anderes sein können!
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