1948 schrieb Orwell diesen
Zukunftsroman, für dessen Titel er einfach aus der 48 eine 84
machte. Auch wenn es ein Zukunftsroman ist, hat es nichts mit
Science Fiction zu tun, Raumschiffe und Aliens sucht man vergebens
in diesem Roman.
Die Geschichte spielt in
London, das jetzt Luftwaffenstützpunkt Nr. 1 heißt und zu einer
Macht namens Ozeanien gehört. Die Welt ist 1984 aufgeteilt in die
drei Mächte Ozeanien, Eurasien und Ostasien, die permanent
miteinander im Krieg liegen.
Ganz Ozeanien wird regiert
von einer Partei, an deren Spitze der imaginäre „Große Bruder“
steht, gefolgt von der Inneren Partei (2%), der Äußeren Partei
(13%) und den Proles (85%). Während die Mitglieder der Inneren
Partei ein vergleichsweise luxuriöses Leben führen, leben die
Funktionäre der Äußeren Partei in ständiger Angst vor der
andauernden Kontrolle durch die allgegenwärtige Gedankenpolizei.
Zu ihrer Kontrolle dienen außerdem die in jeder Wohnung und in
allen sonstigen Räumen angebrachten Televisoren, Fernseher mit
eingebauter Kamera und Mikrofon, so dass niemand jemals
unbeobachtet ist. Die Proles werden nicht so streng überwacht,
vegetieren jedoch in einem Zustand geistiger Unmündigkeit und
Armut.
Die Umgangssprache ist
zwar Englisch, jedoch soll sie zunehmend durch die Neusprache,
eine Parteierfindung, ersetzt werden. Der Grundgedanke liegt
darin, dass alle Wörter, die gegen die Partei gerichtet sind und
ihre Macht in Frage stellen (z. B. Freiheit, Gleichheit) aus der
Sprache gestrichen werden. Der Wortschatz wird auf die absolut
notwendigsten Wörter gekürzt. Bis 2050 soll niemand mehr eine
andere Sprache als die Neusprache sprechen, dann soll die Macht
der Partei auf dem Höhepunkt sein.
Der Protagonist dieses
Romans ist der 39-jährige Winston Smith, der im
Wahrheitsministerium arbeitet, kurz Miniwahr. Dort beschäftigt er
sich mit der nachträglichen Fälschung von Zeitungsartikeln, die
notwendig werden, wenn eine Voraussage der Partei nicht eintrifft
oder wenn eine Person aus politischen Gründen getötet werden
musste. Diese Person muss dann völlig aus der Geschichte
gestrichen werden um die Tat zu verheimlichen. Durch die ständige
Fälschung der Vergangenheit wird die Partei unfehlbar, und der
Bevölkerung wird die Möglichkeit genommen sich über die
Wahrheit zu informieren. Obwohl Winston durch seine Arbeit die
Machenschaften der Partei unterstützt, ist er im Inneren ein
Gegner der Partei und ängstlich darauf bedacht dies nicht nach
außen dringen zu lassen. Seine Gedanken vertraut er nur seinem
Tagebuch an, eine lebensgefährliche Beschäftigung.
Im Ministerium lernt
Winston Julia kennen, die sich in ihn verliebt hat und ebenfalls
ein Mitglied der Äußeren Partei ist. Es beginnt ein ständiges
Versteckspiel, da Liebesbeziehungen zwischen Parteimitgliedern
nicht erlaubt sind. Sie finden jedoch im Prolesviertel über einem
Trödelladen ein kleines Zimmer, in dem sie sich treffen können.
Julia ist wie Winston eine Gegnerin der Partei, doch nach außen
tut sie besonders überzeugt, weil sie hofft, dass so ihre
ständigen Gesetzesübertretungen im Verborgenen bleiben.
Natürlich bleibt ihre verbotene Beziehung nicht geheim und was
dann passiert, soll an dieser Stelle natürlich nicht verraten
werden.
Meine Meinung:
Orwell schrieb sein Buch
1948/49 um die Gefahren einer unkritischen Haltung gegenüber
einem totalitären System zu zeigen, da er sah, dass englische
Intellektuelle anfällig waren für totalitäres Gedankengut.
Deshalb ließ er seinen Roman in der nahen Zukunft spielen mit
Bezug auf die Nachkriegsordnung in der Welt. So sind hinter den
drei Mächten Ozeanien, Eurasien und Ostasien leicht USA und
Westeuropa, Sowjetunion und Osteuropa sowie China zu erkennen. Das
Bild, dass vom „Großen Bruder“ gezeigt wird, gleicht
auffällig Stalin, so dass überdeutlich wird vor welchem
Gesellschaftssystem Orwell warnt.
Diese Warnung ist ihm in
beeindruckender Weise gelungen. Mehr als einmal musste ich das
Buch schaudernd zur Seite legen und mich beruhigen. Viel schlimmer
als die wenigen brutalen Szenen fand ich den alltäglichen Horror,
das ständige Überwachtwerden und das völlige Fehlen von
Privatheit. Man stelle sich nur vor, jeden Morgen vom Televisor
geweckt und zum Frühsport aufgefordert zu werden. Bei
nachlässiger Ausführung der Gymnastikübungen kommt sofort der
scharfe Tadel aus dem Gerät! Nie ist man wirklich alleine und
auch in den Familien kann man sich nicht vertrauen.
Obwohl Orwell vor dem
Kommunismus warnen wollte, konnte ich mir viele Szenen auch in
Deutschland während des Nationalsozialismus vorstellen.
Andererseits erinnerte mich auch vieles an die Geschichten, die
man als „Wessi“ über die DDR hörte, nämlich, dass kaum
etwas funktioniert und dass man bestimmte Dinge kaum oder gar
nicht kaufen konnte.
Am stärksten beeindruckt
hat mich aber die große Angst und die absolute
Hoffnungslosigkeit, die dieses Buch durchzieht. Aber obwohl 1984
so bedrückend ist, konnte ich es kaum aus der Hand legen. Denn es
hat mir gezeigt, wie wichtig Politik ist und wie wichtig es ist,
dass man sich bei uns einmischen darf und frei denken kann, und
dass wird diese Privilegien niemals aufs Spiel setzen dürfen.
Für mich war 1984 ein
absolutes Lesehighlight, es ist trotz seines Alters ein ungemein
wichtiges Buch. (Christine)
Bewertung: ****