Ian Rutledge, Inspektor bei Scotland Yard,
wird von seinem Vorgesetzten in die Berge Schottlands geschickt,
um die Identität einer 1916 vermissten jungen Adeligen zu
bestätigen. Deren Mutter, Lady Maude Gray will den Tod ihrer
Tochter nicht wahrhaben und weigert sich mit der Polizei zusammen
zu arbeiten. Sie bestreitet schlicht, das es sich bei den
gefundenen Überresten um ihre Tochter handeln könnte und stellt
Inspektor Rutledge vor eine schwierige Aufgabe.
Für den Mord verantwortlich gemacht wird
Fiona MacDonald, eine alleinerziehende Mutter, die zuvor mit
anonymen Briefen traktiert worden ist.
Um ihr Kind zu schützen, verweigert sie
jede Aussage und sie schweigt auch dann noch weiter, als ihr der
Galgen droht. Rutledge, der sie für unschuldig hält, versucht
ihr zu helfen. Doch sie hat so gut wie keine Freunde in der
Umgebung und es beginnt ein Wettlauf mit der Zeit.
Meine Meinung:
Was mir an diesem Roman besonders
gefallen hat, ist die lebendige Beschreibung der damaligen Zeit.
Der Zeit unmittelbar nach dem ersten Weltkrieg.
Die Person des Inspektor Rutledge,
der mit einer schweren Schützengrabenneurose und als seelisch
gebrochener Mann nach Hause kam und dessen Verlobte sich mit
Entsetzen von ihm abgewandt hat, ist als unglaublich reale und
lebendige Person geschildert. Knapp und präzise, fesselnd und
gradlinig wird hier die Existenz eines Menschen dargestellt,
dessen Leben aus den Fugen geraten ist und der mit aller Kraft
versucht, aus den Trümmern seines Vorkriegslebens so etwas wie
ein normales Dasein zu erschaffen.
Auch die grausame
Vorverurteilung, die einer jungen Frau in der engen, bigotten, von
der Kirche unterstützten Moralvorstellung eines ländlichen
Umfeldes widerfährt, ist bedrückend und schockierend
beschrieben.
Die Situation einer
bewundernswerten und mutigen Frau, deren kleine Welt ohne ihre
Schuld und allein durch infame Verdächtigungen in Trümmer geht,
wird ebenso beklemmend wie zwingend realitätsnah erzählt.
Mit diesem Bericht aus der gar
nicht so fernen Vergangenheit zieht uns Charles Todd mühelos in
seinen Bann: Man kann sich der Schilderung seiner Charaktere in
einer existenziellen Krise einfach nicht entziehen.