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Rezension

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Inhalt:

Claudia Leonardo geht zur Uni, an der Commissario Brunettis Frau Paola unterrichtet. Eines Tages vertraut sie Paola an, dass ihr Großvater Luca Guzzardi einst wegen eines Verbrechens verurteilt wurde, das er angeblich im 2. Weltkrieg begangen haben soll. Claudia möchte wissen, ob es nach all den Jahren noch möglich wäre, seinen Namen reinzuwaschen, indem das damalige Urteil für rechtsungültig erklärt wird. Paola trägt diese Frage an ihren Mann weiter, der sich von Berufs wegen mit solchen Sachverhalten besser auskennt. Kurz nachdem Claudia schließlich Brunetti selbst aufsucht, um mit ihm selbst darüber zu sprechen, wird sie erstochen in ihrer Wohnung aufgefunden. Schon bald ist klar, dass es irgendeinen Zusammenhang zwischen dem Verbrechen, das Luca Guzzardi einst zur Last gelegt wurde und Claudias Tot geben muss. Schon bald erfährt Commissario Brunetti mehr über die Verbrechen im 2. Weltkrieg und über Kunsthandel zu der Zeit, als ihm lieb ist...

Meine Meinung:

Zum Fall selbst sei gesagt: Nicht spektakulär, aber gewohnt behäbig inszeniert und gespickt mit venezianischer, bzw. italienischer Vergangenheit aus einem düsteren Kapitel der Menschheit. Über Kunst lernt man auch noch etwas und wen es wundern sollte, wie gut sich Brunetti mit Kunst auskennt, dem sei gesagt: In Venedig kommt man beinahe an der Kunst nicht herum - das können wir dem Commissario also getrost noch abnehmen.

Etwas schwerer fiel es mir diesmal, Brunetti als venezianischen Ermittler und Familienmenschen zu sehen, der die italienische Küche liebt und sich Gedanken über das Zeitgeschehen macht. Immer öfter blitzte Donna Leons Gesicht auf, wenn ich mir Brunetti vorstellte. Vielleicht hat sie diese Geschichte diesmal einfach ein wenig überladen mit Gedanken, die sie ihrem Helden in den Mund - oder eher gesagt Kopf - legt. Jedes Problemchen der Menschheit, die immer mehr abstumpft, dümmer wird und rücksichtsloser, wird angekratzt. Immer nur kurz, aber halt sehr häufig. Ich weiß nicht, ob es mir in den vorherigen Fällen einfach noch nicht so aufgefallen ist, wie diesmal, oder ob die Autorin es in diesem Band übertrieben hat. Für mich entstand hier jedenfalls an manchen Stellen der Eindruck, als spräche nicht Brunetti aus den Zeilen, sondern die Autorin selbst. Gegen Ende legte es sich zwar wieder, aber es hat mich zuweilen schon gestört.

Ebenso in Punkto Literatur. Es ist im Grunde sehr schön, etwas über Literatur in einem Buch zu lesen und zu lernen. Hier sind es u. a. Henry James und Edith Wharton, die Erwähnung finden. Allerdings konnte ich auch hier Paola nicht recht abnehmen, dass sie ein Faible für diese beiden Schriftsteller hat. Es mag Einbildung sein, aber für mich klang deutlich Donna Leons Begeisterung heraus. Die Geschichte und die Charaktere verloren hierdurch an Glaubwürdigkeit.

Ein klein wenig anders als die bisherigen Fälle von Commissario Brunetti kam mir dieser jedoch auch aus noch einem anderen Grund vor. Zunächst war mir noch nicht ganz klar, ob das lediglich eine Empfindung von mir war oder ob wirklich etwas anders ist also sonst. Doch schon bald kam ich darauf, was es war: Der elfte Band wurde von Christa E. Seibicke übersetzt. Alle bisherigen jedoch von Monika Elwenspoek.

Ein klein wenig hat diese Folge aus der Serie für mich dadurch an Atmosphäre eingebüßt. Die Sprache kommt mir schwülstiger und auch nicht mehr so fein vor wie sonst. Es handelt sich vielleicht nur um eine Nuance, aber sie genügt, um den Geschmack zu verändern. Schade! Nicht, dass Christa E. Seibicke schlecht wäre. Eher ist es wohl so, dass ich von der herausragenden Arbeit von Monika Elwenspoek zu sehr verwöhnt bin. Aber auch sei hier zu bedenken, dass es vielleicht generell nicht so geschickt ist, mitten in einer Serie den Übersetzer zu wechseln. Denn der Sprachgebrauch ist zumeist dem Leser im Lauf der Zeit in Fleisch und Blut übergeganen und kleine Änderungen fallen da einfach stark auf. Hierbei wäre es eventuell noch nicht einmal von Bedeutung, ob der neue Übersetzer besser oder schlechter ist - die Sprache ist einfach eine andere. In diesem Fall finden sich z. B. merkwürdige Wortkonstruktionen. So wird das Wort „nur“ an einigen Stellen durch „allein“ ersetzt, was den Lesefluss schon sehr stört, da es eine eher unübliche Wortwahl ist. An anderen Stellen klingt die Sprache ebenfalls gestelzt, u. a., wenn „mithin“ anstatt „somit“ verwendet wird. Ebenfalls irritierend, wenn z. B. von der „nämliche Beamte“ gesprochen wird, anstatt von „derselbe Beamte“. Dieser veralterte Wortgebrauch ist anscheinend auch ein Lieblinswort von Christa E. Seibicke. Wäre es nur einmal verwendet worden, hätte ich gern darüber hinweggelesen, aber es kam mehrfach vor. Gleiches gilt auch für die vorherigen Beispiele.

Christa E. Seibicke ist auch die Übersetzerin der Krimis von Magdalen Nabb. Wer mit ihren Krimis vertraut ist, den wird die Umstellung vielleicht nicht so schwer fallen wie mir. Allerdings übersetzt sie bei Nabb aus dem Englischen und nicht aus dem Amerikanischen, so dass auch dieser Punkt nicht unbedingt schlüssig sein muss.

Auch nicht ganz außer Acht lassen, darf man hierbei natürlich, dass immer noch die Frage offenbleibt, wer näher an Donna Leons Original dran ist. Das vermag ich nicht zu beurteilen, da ich die amerikanische Version nicht gelesen habe.

Aber ich muss sagen, ich trauere Monika Elwenspoek schon ein wenig nach und hoffte, sie würde für die nächsten Bände wieder mit der Übersetzung betraut werden. Doch dies ist sicherlich Wunschdenken, da es bedauerlicher Weise sicher Gründe hat, dass die Übersetzung dieses Bandes in andere Hände gelegt wurde, denn das wird ein Verlag wie Diogenes ganz bestimmt nicht tun, ohne das Für und Wieder sorgfältig abgewägt zu haben, denn auf solche Details legt der Verlag nach meiner Erfahrung immer größten Wert.

Nochmal zurück zur Handlung. Einige Unstimmigkeiten sind mir auch sehr ins Auge gesprungen. Darauf möchte ich im Detail nicht eingehen, denn für diejenigen, die das Buch noch lesen möchten, würde der Spaß durch dieses Vorwegnehmen sicherlich geschmälert. Unerwähnt sollte dies aber auch nicht bleiben. Und hierfür kann die Übersetzung wohl nichts.

Abschließend kann ich somit sagen, dass mir dieser Krimi aus der Reihe mit Abstand am wenigsten gefallen hat. War es mir sonst egal, wenn die Krimihandlung nicht so recht vorwärts ging oder hie und da mal unschlüssig war, so war sie in diesem Fall für mich nicht bloß Beiwerk sondern sehr bedeutend, da mir die Sprache nicht zugesagt hat und die Atmosphäre - die mich sonst auch für eine schwache Krimihandlung entschädigt hat - für meine Begriffe ebenfalls darunter gelitten hat. Ich hoffe, dass sich in den nächsten Fällen wieder eine Besserung einstellt, denn ich fürchte, Brunetti verliert sonst für viele an Faszination.

Fazit: Kaufen oder nicht kaufen? Ich denke, diese Frage stellt sich einem Brunetti-Fan nicht, oder?! Ich würde ihn mir erneut kaufen. Denn diese Serie möchte ich natürlich komplettieren. Zwar nicht um jeden Preis, aber ich denke, einen Ausrutscher kann man seinem Lieblings-Helden, bzw. seiner Autorin, schon mal verzeihen. Und wer weiß, vielleicht ist die Übersetzung beim nächsten Fall schon besser oder - denn schlecht ist sie ja nicht wirklich - man gewöhnt sich an diesen neuen Stil? Ich gebe die Hoffnung nicht so schnell auf. (Petra)

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Bewertung: */**

( * schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)

Infos: 373 Seiten, gebundene Ausgabe, Übersetzung von Christa Seibicke, Diogenes Verlag, 19,90 €

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© 1998 Buecher4um, erstellt am 01.09.2003, letzte Änderung am 24.06.2006, Layout by abrakan