Inhalt:
Maria Grazia Battestini ist über 80, schwerhörig und sehr unbeliebt. Ihre
Umwelt nimmt sie seit man zurückdenken kann als geizige, boshafte Alte
wahr, deren Tod niemand bedauern würde. Als sie dann wirklich eines Tage tot
- ermordet - von ihrem Hausarzt aufgefunden wird, ist für Tenente
Scarpa,
der mit den Ermittlungen betraut ist, schnell die Schuldige gefunden: Das
rumänische Hausmädchen von Signora Battestini. Sie kommt bei ihrer
vermeintlichen Flucht ums Leben und der Fall wird ad acta gelegt.
Als Brunetti aus dem Urlaub zurückkehrt, gibt es jedoch in diesem Fall eine
neue Zeugin. Für Scarpa unbequem - hätte er den Fall doch am liebsten als
erledigt verbucht. Doch Brunettis Glaube an die Wahrheit und Gerechtigkeit
veranlasst ihn, dem Fall selbst noch mal nachzugehen...
Meine Meinung:
Der Kriminalfall an sich hat mich nicht sehr überzeugt. Nicht einmal, weil
er so unspektakulär daherkommt. Das ist man von den Donna Leon-Krimis
gewohnt und dafür liebt man sie eigentlich auch. Was mich hier stört
ist
vielmehr das Gefühl, dass Donna Leon nicht mehr so viel neues einfällt.
Nicht verwunderlich, jedes Jahr gibt es einen neuen Fall des Commissario
Brunetti, was mich als Fan natürlich einerseits freut. Aber manchmal
- so
wieder in dieser Folge - wünschte ich mir, Donna Leon würde sich ein wenig
mehr Zeit nehmen für den nächsten Band der Reihe. Sonst ermüdet der Leser
irgendwann, wenn nicht jeder ihrer Krimis wirklich richtig gut ist.
In diesem Band störte mich sehr, dass Commissario Brunetti - mal wieder -
auf eigene Faust ermittelt. In den ersten Fällen wurde er mit der Ermittlung
betraut und er tat seinen Dienst. Mittlerweile gibt es immer wieder
Fälle,
in die er (allzu sehr) seine Nase hereinsteckt. Das nimmt den Krimis etwas
von ihrer Authentizität. Sie wirken dadurch gestellt. Auch störten mich hier
- nicht zum ersten mal, jedoch gravierender als sonst - die
Ermittlungsmethoden. Geht denn ohne Signorina Elettra gar nichts mehr? Auch
hier büßt die Handlung an Glaubwürdigkeit ein. Wäre es nicht ausschließlich
Signorina Elettra, die auf illegale Weise an Informationen kommt, sondern
auch Commissario Brunettis Geschick, so wäre es ein nettes Beiwerk. In der
Form aber fängt es an mich zu stören. Brunetti ist schließlich
Polizist und kein Hobbydetektiv!
Dass ich bereue, den 13. Fall von Guido Brunetti mitverfolgt zu haben, kann
ich dennoch nicht sagen. Ich liebe diese Serie, weil sie venezianische
Atmosphäre verströmt. Weil Commissario Brunetti solch ein einzigartiger
Charakter in der Literatur ist. Und weil seine Frau Paola so wundervoll
kochen kann, dass ich beinahe meine, die Düfte der Köstlichkeiten aus dem
Buch aufsteigen zu sehen - ja, sie sogar zu riechen. Dafür liebe ich diese
Serie und ich werde auch den nächsten Band wieder lesen. Zumal es mit Donna
Leon immer wieder mal auf und ab geht, so dass mir seit einiger Zeit immer
mal wieder einer gefällt, der nächste dann nicht, aber der darauf folgende
dann wieder. Solange das so ist, werde ich wohl nicht aufgeben. Aber
ich
wünschte mir dennoch sehr, dass Donna Leon die Fälle ihres Commissarios
wieder etwas aufpäppelt.
Schön fand ich, wie eigentlich immer, die angesprochenen Randthemen, die zum
nachdenken einladen. So z. B. in diesem Band Paolas Gedanken zu den
biblischen Todsünden, die Guido auch in die Gedanken um seinen aktuellen
Fall mit einbezieht. Zwar decken sich meine Gedanken nicht allzu sehr mit
denen der Brunettis, die, wenn ich sie recht verstanden habe, den
moralischen Verfall unserer Gesellschaft vor Augen sehen, wo ich eher denke,
dass die Menschen auch zu anderen Zeiten zu grausamsten Schlechtigkeiten
fähig waren. Dennoch ist es schön und anregend, den Brunettis bei ihren
Gesprächen zu lauschen. Einer der Gründe, warum ich mich trotz allem schon
wieder auf den nächsten Band freue! Auch trotz der Übersetzung, die ich in
einem Punkt wieder einmal bemängeln muss. Christa E. Seibicke, die seit
einiger Zeit die Brunetti-Krimis übersetzt, hat ein Lieblingswort: allein.
Und dieses Wort "allein" setzt sie überall dort ein, wo sie "nur" meint.
Muss das sein? Ich muss diese Sätze zwei Mal lesen, werde somit in meinem
Lesefluss unterbrochen, um die Bedeutung des Wortes "allein" in den
richtigen Kontext zu bringen. Mich persönlich nervt das sehr. Zumal ich
es
unnötig finde, dieses Wort in einer solch antiquierten Bedeutung derart oft
einzubringen.
Fazit: Auch dieser Band meiner Lieblings-Reihe um den Commissario Brunetti
hat Schwächen. Dennoch - das darf nicht untergehen - habe ich ihn gern
gelesen. Donna Leon hat Vorschusslorbeeren, die sich nicht so rasch
aufbrauchen. Denn ihre Krimis zeichnet eine intensive und einzigartige
Atmosphäre aus, die diese Schwächen wettmacht. Bei der Krimihandlung mehr
Sorgfalt und Einfallsreichtum walten zu lassen würde mir jedoch sehr
gefallen. (Petra)
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Rezension der ungekürzten Lesung von "Beweise, daß
es böse ist" im Hoerbuecher4um! |
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einem interessanten Bericht über Donna Leon und ihren
Helden! |
Bewertung: **
( * schlecht / ** ganz gut / *** gut
/ **** spitze)
Infos: 327 Seiten, gebundene
Ausgabe, Übersetzung von Christa E. Seibicke, Diogenes Verlag, 19,90
€
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