Inhalt:
Ein Heft mit
Rezepten, das ist alles, was Framboise, die Hauptfigur, von ihrer
Mutter Mirabelle geerbt hat, während Cassis, der ältere Bruder
den Hof erbt, den er nicht haben will und Reine-Claude viele Flaschen
alten Weins.
Viele Jahre später
sieht sich Framboise mit Cassis-Sohn Yannik konfrontiert. Dieses
Rezeptheft möchte er haben, denn das Lokal seiner Frau würde mit
den Rezepten einen erheblichen Aufschwung erleben, der bitter
notwendig wäre. Framboise hat sich jedoch gerade erst wieder im
Dorf ihrer Kindheit niedergelassen und möchte ihre Identität
gerne geheim halten.
Eine gut
gehende Creperie hat sie aufgemacht im Dorf, doch niemand scheint
sie erkannt zu haben, und vor allem schient sich niemand an den
Skandal von damals zu erinnern. Dies soll auch so bleiben.
Die
Erinnerungen lassen Framboise jedoch nicht los. Anhand von Rückblicken
in die Zeit des zweiten Weltkrieges erfahren wir, wie die drei
Kinder mit ihrer Mutter den Krieg erlebt haben, nachdem der Vater
im Krieg gestorben ist.Seither waren die Geschwister der Mutter
allein ausgeliefert, die mit allen Mitteln versucht hat die Kinder
ordentlich zu erziehen und zu ernähren.
Doch ein
dunkles Geheimnis liegt über der ganzen Familie. Wir lernen die
Deutschen kennen, die im Dorf gelebt haben und die Menschen des
Ortes und deren soziale Strukturen. Aber vor allem wissen wir nach
dem Rückblick, warum Framboise ihre Identität geheim halten möchte.
Meine
Meinung:
Joanne Harris
kann es, so wie schon in Chocolat, hat sie es hier noch besser
geschafft, besonders Gerüche zu Papier zu bringen, die man beim
Lesen beinahe real erschnuppert. Nicht nur die Orangen, auch die
Loire oder die Gerüche aus Mirabelles oder Framboise Küche sind
betörend.
Außerdem sind
die Bilder, die die Autorin zeichnet authentisch und gut zu
erkennen, das Schmatzen der Fische oder das Flüstern der Kinder
ist ebenfalls zu hören. Sie ist eine Spezialistin für
Sinneswahrnehmungen.
Durch den
Klappentext war ich eingerichtet auf einen Kampf um gute Rezepte,
ein Restaurant und die Menschen, die dort arbeiten. Eine einfache,
leichte Geschichte. Aber da sieht man mal wieder, wie dieser
Eindruck aufs angenehmste enttäuscht werden kann.
Die Rezepte
spielen zwar eine Rolle, aber lange nicht die Hauptrolle. Eher
schon das Rezeptbuch (mehr wird nicht verraten). Die Geschichte
entwickelt sich zu einer Familiengeschichte im zweiten Weltkrieg.
Wie hat man auf dem Dorf gelebt, welche Überlebensstrategien
musste man entwickeln und vor allem - wie haben Kinder diese Zeit
erfahren.
Wir leben mit
Framboise und Mirabelle und vor allem mit ihren melancholischen Überlegungen.
Selbst mir, die diese Anklänge sonst gar nicht schätzt, waren
diese Anklänge nicht unangenehm. Sie passen ins Bild und runden
es ab.
Aber auch im
Frankreich der Neuzeit bewegt sich die Autorin sicher. Der Kampf
von Framboise gegen den Bruder und vor allem seine Kinder wegen
des Rezeptbuchs ist fantasievoll und auch ihre Helfer sind
sympathisch gezeichnete Figuren.
Ein Buch, wie
Spätorangen oder ein Spätherbstnachmittag beim Untergang der
Sonne auf der
Terrasse. (Binchen)
Bewertung: ***/****
( * schlecht / ** ganz gut / *** gut
/ **** spitze)
Infos:
405 Seiten - Ullstein TB 8,95 Euro - oder HC von
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