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Rezension

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Inhalt:

1996 nimmt der amerikanische Journalist und Hobbybergsteiger Jon Krakauer im Auftrag seiner Zeitschrift Outside an einer Mount-Everest-Expedition teil. Zahlreiche kommerzielle, aber auch wissenschaftliche Teams tummeln sich im Mai diesen Jahres im Basislager und warten auf das so genannte "Fenster", die Schön-wetterperiode, in der ein Aufstieg möglich ist. Krakauer gehört zur Gruppe des erfahrenen Bergführers Rob Hall. Bald wird ihm klar, daß viele seiner Kollegen in der Gruppe schon von den körperlichen Vorraussetzungen her, nicht in der Lage sein werden aus eigener Kraft den Gipfel zu erklimmen. Und auch in der Gruppe von Scott Fisher, dem schärfsten Konkurrenten, aber auch Freund von Rob Hall hat die Mehrheit der Kunden nach Meinung des Autors nichts auf dem Berg zu suchen. Doch Krakauer schweigt und wie so viele andere ignoriert er angesichts der Chance auf dem Dach der Welt zu stehen, den enormen Kosten und der Faszination, die von dem Berg ausgeht die Gefahr. Als beide Teams an einem frühen Mai Morgen den waghalsigen Aufstieg über die Lothse Flanke beginnen, übersehen alle bei der steigender Euphorie die heranziehende Katastrophe, die einigen Teilnehmern das Leben kosten wird.

Meine Meinung:

Vorweg muß ich sagen, daß ich alles andere als ein Bergsteigerfan bin. Ich kann dem Sport an sich nichts abgewinnen und ich mag auch keine Berge. Warum fiel meine Wahl trotzdem auf dieses Buch?
Zum einen haben mich Geschichten über den Mount Everest schon immer
fasziniert. Der Gedanke, daß vernünftig (?) denkende Menschen ihr Leben aufs Spiel setzen, um diesen Berg zu bezwingen und die Geschichten, die sich um ihn ranken. Außerdem kam natürlich das Jubiläum der Erstbesteigung in diesem Jahr dazu, was die Popularität erneut angefacht hat. Ich habe bereits vor einigen Jahren die Verfilmung des Buches gesehen und habe mir damals vorgenommen, sowohl Krakauers Buch, wie auch das des damals ebenfalls anwesenden Anatoli Boukree zu lesen. 
Die Geschichte ist glänzend geschrieben. Krakauer hat einen angenehmen und unkomplizierten Stil. Er erzählt sowohl Hintergründe über die Geschichte des Bergsteigens und erklärt auch viel über den Mount Everest selbst. Seine Bezwinger, die Routen, die Ausrüstung und auch die medizinischen und ökologischen Probleme. Ich hatte den Eindruck, daß er sich bemüht eine gewisse Distanz zu wahren und einfach seine Version und Eindrücke, wie er sie in Erinnerung hat darzustellen. Krakauer wurde von mehreren Überlebenden bzw. Angehörigen der Toten angegriffen, doch meiner Meinung nach, stellt er klar und deutlich in seinem Buch dar, daß es sich hier lediglich um seine ganz persönlichen Erlebnisse handelt. Der Autor erörtert die Auswirkungen der Höhenkrankheit und gibt auch zu, daß im Zug des Sauerstoffmangels, viele Dinge anders wahr genommen werden können, als sie uns einige hundert Meter weiter unten erscheinen. Ich fand, daß er unnötige Effekthaschereien zu vermeiden sucht, trotzdem bleibt allein aus der realen Dramatik heraus das Buch spannend.
Krakauer läßt dem Leser die Möglichkeit, sich selbst ein Bild über die Vorgänge am Berg zu machen. Die Risiken, die jedem Teilnehmer klar gewesen sein müssen, die Vorzeichen, die es gab aber ignoriert worden. Hier entzieht er sich auch nicht seiner Verantwortung, sondern erzählt von seinen Schuldgefühlen und den Fehlern, die er gemacht hat. Rasch erhält man als Außenstehender den Eindruck, daß es keinen "Schuldigen" gibt, sondern viele Unglücke zusammen gespielt haben: menschliches Versagen, Selbstüberschätzung, falscher Ehrgeiz, schlechte Wetterbedingungen, fatale Organisationen, kommerzielle Vermarktung und medizinische Probleme. 
Obwohl der Ausgang natürlich von Anfang an klar ist, bleibt das Buch fesselnd. Mich hat besonders erschüttert, daß es Momente bei den Teilnehmern gab, wo jeder einzelne Entscheidungen getroffen hat, die entweder sein Überleben oder das Überleben eines anderen direkt gefährdet haben. Für mich unbegreiflich, wie man sein Leben so offensichtlich aufs Spiel setzen kann, wie man bei der Besteigung einfach an den Leichen von gescheiterten Bergsteigern vorbei gehen kann. Ein extremes Beispiel war mich der Moment, als Rob Hall der Bergführer von Krakauers Gruppe, sich zusammen mit einem Kunden auf den noch ungefähr einstündigen Weg zum Gipfel gemacht hat, obwohl seine vorgegebene Zeit für den Rückweg (egal wo sich die Teilnehmer dann befinden!) bereits um mehr als eine Stunde überschritten war. Ich hatte eine Gänsehaut an dieser Stelle. Kann die Höhenluft sich wirklich so auf das Gehirn auswirken, daß man in den sicheren Tod geht? Oder glaubt man immer, daß es einen schon nicht erwischen wird, egal was die Erfahrungen sagen? 
Mich hat die Geschichte über diesen 10.Mai 1996 jedenfalls noch lange beschäftigt. Ich finde Krakauer hat den schwierigen Spagat zwischen (zugegeben hier) subjektiven Tatsachenbericht und fesselnder Erzählung geschafft. Ich kann ihm nach dem Buch nicht den Vorwurf machen, Kapital aus den Ereignissen zu schlagen. Er ist Journalist und bei mir blieb durchaus der Eindruck zurück, daß er sich vielleicht mehr als andere bewußt ist, welchen Teil der Schuld er an allem hatte. 
Ein Buch, das mich nachhaltig erschüttert hat und das ich in Auszügen immer wieder lese. Warum? Es ist das Leben!
Fazit: Erschütternd, wahr, grausam und doch so faszinierend!
(Tara)

Bewertung: ****

( * schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)

Infos: Piper Verlag, TB 389 Seite, ca. 9,90 €

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© 1998 Buecher4um, erstellt am 15.12.2003, letzte Änderung am 11.03.2004, Layout by abrakan