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Rezension

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Inhalt:

Ein winziges Städtchen in Polen, etwa um 1890. In Blaschka, wegen seiner abgelegenen Lage von den moderner werdenden Zeiten weitgehend verschont, scheint die Welt stehengeblieben zu sein. In Blaschka, in Polen gelegen, leben ein paar Polen und Russen, doch der größte Teil der Gemeinde besteht aus Juden. Die Nachrichten der durchfahrenden Händler sind als unterhaltsame Geschichten zwar willkommen, aber im Grunde spielen sie keine Rolle. Im Leben der Gemeinde, in einer Zeit und in einem Ort in dem jeder schwer für seinen Lebensunterhalt arbeiten muß und der größte Teil der Leute trotzdem arm bleibt, gibt es wichtigere Dinge als Geschichten aus der großen Welt.

Einst gab es in Blaschka ein Quartett von Freundinnen. Sie wurden von den Bewohnern „Wilde hajes“ wilde Gören genannt. Von ihnen und ihrem Leben und dem ihrer Freunde und Feinde erzählt dieses Buch.

Meine Meinung:

Um es gleich vorweg zu sagen: Lilian Nattel hat für mich einen der interessantesten und poetischsten Romane über eine Gemeinschaft geschrieben. Das Leben dieses kleinen isolierten Ortes Ende des 19.Jahrhunderts ist dermaßen anrührend porträtiert, die handelnden Personen in so bezwingender Weise beschrieben, das man sie im Laufe des Lesens wirklich zu kennen glaubt.

Das Alltagsleben einer von Festtagen, Sabbatabenden, Fastengeboten, Reinigungsritualen, Glaubensgrundsätzen und Beschränkungen bestimmten jüdischen Gemeinde, habe ich selten in einer dermaßen atmosphärischer Dichte gelesen.

Man erlebt aus der Perspektive von verschiedenen Familien und Einzelpersonen dieses weitgehend vom jüdischen Glauben beherrschte Leben mit und es wird nicht eine einzige Minute langweilig.

Die Hauptprotagonisten des Buches sind die einstigen „wild`n hajes“ die wilden Gören. Mischa, Hannah-Lea, Feigele und Zisa-Sarah. Inzwischen sind sie erwachsen und alle bis auf die sanfte Zisa-Sarah sind in Blaschka geblieben.

Zisa-Sarah ist nach Amerika gegangen und hat dort nicht das erhoffte Glück und die Sicherheit für ihre Kinder, vor den immer wieder aufflackernden Pogromen, gefunden. Nachdem sie am Fieber gestorben ist kehren ihre Kinder Izzie und Emma nach Blaschka zurück.

Mischa ist unverheiratet und dennoch, welch ein Skandal, schwanger. Das ist ein harter Brocken für eine auf gottgefällige Weise lebende jüdische Gemeinde im Jahre 1893, zumal sie über den Vater des Kindes hartnäckig schweigt.

Feigele, die Büchernärrin, die von einer höheren Schulbildung in Warschau träumte und der das Leben, durch den frühen Tod des Vaters, einen dicken Strich durch die Rechnung zog, ist früh verheiratet worden. Mit 25 Jahren hat sie bereits 5 Kinder und Lesen ist zu einer kostbaren Rarität geworden.

Hannah-Lea hat den Metzger des Dorfes geheiratet und bleibt kinderlos. Das macht sie in ihren Augen zu einer wenig geachteten Frau in ihrer Gemeinschaft. Ihre zunehmende Frustration und Verbitterung, kostet sie fast ihre Freundschaft zu Feigele und Mischa.

Der Fluß Mitternacht ist ein wirklich spannendes, wenn man sich für Geschichte und jüdisches Alltagsleben interessiert, auch sehr lehrreiches Buch. Ich habe es mit zunehmender Lust und Freude gelesen und kann es nur weiterempfehlen. (Mariposa)

Bewertung: ***

( * schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)

Infos: Originaltitel: The River Midnight, Ersterscheinungsjahr: 1999 by Scribner, New York, Deutsche Erstveröffentlichung: 1999 by Verlagsgruppe Bertelsmann GmbH, Bertelsmann-Verlag, München, Deutscher Übersetzer: Anne Rademacher, ISBN 3-570-00216-0, Seitenzahl: 478, Preis: Bertelsmann HC 22,96 €, Btb Bd. 72713 TB 10,00 €

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© 1998 Buecher4um, erstellt am 01.03.2003, letzte Änderung am 30.05.2003, Layout by abrakan