Clare ist sechs
Jahre alt, als sie Henry zum ersten Mal sieht, da ist Henry 36
Jahre alt. Als sie jedoch ihre Beziehung beginnen, ist Clare 20
und Henry 28. Wie kann das sein?
Henry leidet an einer seltenen genetischen Krankheit, dem
Chrono-Syndrom, die ihn vor allem in seelischen Krisensituationen
zum Zeitreisenden macht.
Die größte Schwierigkeit, die er dabei zu überwinden hat, ist die,
dass er bei seinen Zeitreisen immer nackt auftaucht. Seine Echtzeit
verlässt er ohne Geld, ohne Kleidung, ohne Anzeichen aus welcher
Zeit er jeweils gekommen ist. Da er das Mädchen Clare häufig
besucht, richtet diese es ein, dass er bei ihr immer Kleidung und
auch etwas zu essen findet. Aber er landet natürlich nicht immer bei
ihr und so muss er oft hungern, frieren, stehlen oder fliehen.
Daraus ergeben sich dann schon einmal abstruse Situationen.
Als sich Clare und Henry in Clares Lebenszeit kennen lernen, ist
Henry Bibliothekar, er hängt in Bars mit Frauen herum und ist dem
‚schönen Leben’ nicht abgeneigt. Clare beginnt ihre Laufbahn als
Papierkünstlerin. Es ist, als würden sie sich schon ewig kennen. Für
Clare und Henry ist dieser Satz endlich einmal keine leere Floskel.
Clare gibt Henry mehr Halt, als er jemals hatte, die Beiden heiraten
und erleben eine Liebe, die nicht frei von Schmerz und
Schwierigkeiten ist aber auch viele schöne Augenblicke hat.
Meine Meinung:
Zeitreise? Das hörte sich für mich an, wie Gabaldon oder
Science-Fiction. Beides ist eigentlich nicht (mehr) mein
Fall. Dieser
Erstlingsroman von Audrey Niffenegger ist jedoch weder das eine,
noch das andere. Er beschreibt, in oftmals sehr direkten Worten und
treffenden Bildern, eine besondere Art Liebesgeschichte, die etwas
anders mit der Zeit umgeht.
Die Geschichte wird jeweils aus Clares und
Henrys Blickwinkel geschildert. Dabei wird nicht chronologisch
vorgegangen, sondern sehr sprunghaft. Das Bild der Beziehung
entwickelt sich langsam, wie ein Puzzlespiel.
Ich habe mich von Anfang an einfach in die Geschichte fallen lassen. So wenig, wie mich ganz genau
interessiert, wer mit wem in welchem Grad verwandt ist, sowenig
interessierte mich die genaue zeitliche Abfolge des Lebens, vor
allem, da die Zeitreisen für Henry das Leben sowieso ständig
durcheinander bringen. Ich wollte
einfach nur wissen, wie die beiden
miteinander leben und umgehen. Wechselnde Perspektiven und
Zeitsprünge, vorweggenommene Ereignisse, die erst viel später
geschehen – ich habe alles hingenommen und wurde durch eine schöne
positive Geschichte belohnt, die in der zweiten Hälfte auch viel
Trauer und Probleme enthält, ohne tränenlastig zu werden.
Aber es geht nicht nur um Henry und Clare, Gedichte, Kunst und Musik
bestimmen einen großen Teil der Geschichte, der Text ist mit vielen
Wortspielen und Zitaten durchsetz. Die negativen Seiten des Lebens,
wie z.B. Krankheit, Tot, Drogen, Medikamente und Alkohol erhalten
auch ihren Raum.
Am Ende musste ich feststellen, dass ich einige Dinge nicht
verstanden hatte: Warum z.B. kann Henry sich selbst auf seinen
Zeitreisen begegnen ? Warum kann er am Ende auch in die Zukunft
reisen? Warum kann er mal eingreifen und mal nicht?
Aber Henry wusste es und Clare nahm es hin. Gestört hat es mich
nicht, ich wurde mit einer schönen und ungewöhnlichen
Liebesgeschichte belohnt. Das hat mir nicht nur genügt – sondern
sehr gefallen.
(Binchen, Oktober 2005)
Bewertung: ****
( * schlecht / ** ganz gut / *** gut
/ **** spitze)