Inhalt:
Eine
Reise zur Brautschau ihres jüngeren Bruders Elieser hat für Lea
katastrophale Folgen. Denn ihr Vater, der Goldhändler Jakob Goldstaub
und ihr älterer Bruder Samuel kommen bei einem Anschlag auf alle
Juden der Stadt die die Familie gerade besucht, ums Leben. Allein
dem mutigen Einsatz einer ehemaligen Nachbarin ist es zu
verdanken, dass Lea mit ihrer Schwester Rachel und Elieser wieder nach Hause kommt.
Dort
droht jedoch der finanzielle Ruin, da in der jüdischen
Gesellschaft nur die Männer in der Geschäftswelt zählen und der
Fürst keine Frau als Hofjuden akzeptieren könnte. Die Schulung, die
Lea erhalten hat, weil sie stillschweigend und unauffällig am Unterricht ihres älteren
Bruders teilgenommen hat, kommt ihr nun zu Gute. Da sie ihrem älteren
Bruder Samuel sehr ähnlich sieht, tritt sie fortan zu offiziellen
Gelegenheiten auch als Samuel auf und übernimmt die Geschäftsführung
als Goldhändler. Sie begibt sich auf gefährliche Reisen, immer
in der Gefahr als Frau entdeckt zu werden.
Die
Juden der Zeit gegen Ende des 15. Jahrhunderts, sind oftmals
Hetzjagden durch die Inquisition der Kirche und die willkürlichen
Entscheidungen von Fürsten ausgesetzt. So gerät auch Lea immer
wieder in Gefahr, vor allem aber weil sie als Geschäftsmann
Samuel sehr erfolgreich wird, rückt sie oftmals in den Blickpunkt
wichtiger Entscheidungsträger. Doch auch von der eigenen
Glaubensgemeinschaft und Familie droht Gefahr, da sich Lea als
Samuel gegen viele Glaubensrichtlinien wendet. Zudem ist
Lea-Samuel im heiratsfähigen Alter, so dass die Heiratsvermittler
ständig an ihr und ihm arbeiten. Leas Doppelrolle muss ständig
angepasst werden und ist anstrengend und gefährlich.
Zur
Hilfe eilt ihr in einigen Situationen der Kaufmann Roland
Fischkopf aus Hamburg. Lea ahnt nichts von den Hintergründen, die
Roland zu seinen Taten verleiten. Anfänglicher Hass und Abneigung
wandeln sich jedoch langsam in Anerkennung. Ob noch mehr daraus
werden kann? Diese Frage begleitet den Leser durch das ganze Buch,
wo er auf Leas bzw. Samuels Spuren durch Deutschland fährt, auf
einer Schiffsreise auch nach Spanien gerät und auf berühmte
Herrscher und gefährliche Situationen stößt. Schließlich ist
das Spanien der Zeit ein Zentrum der Judenverfolgung.
Meine Meinung:
Ein
historischer Roman aus der Zeit der Inquisition. Aus anderen
Romanen, wie dem Medicus von Saragossa oder den Puppenspielern,
habe ich schon einiges über die Zeit der Inquisition gelesen.
Die
Goldhändlerin hat mich jedoch besonders beeindruckt, weil so
viele Details darin ein besonders ausgeprägtes Gefühl für die
Zeit vermitteln. Auch in den anderen Büchern teilt man Freude und
Leid mit den Protagonisten, doch Lea/Samuel wuchs mir besonders
ans Herz. Die Autorin hat eine Figur mit so vielen Facetten
geschaffen, die so viel Lebendigkeit und Mut auszeichnet, dass man
nicht anders kann, als sie zu bewundern.
Die
vielen Nebenrollen sind zudem mit der gleichen Intensität
gezeichnet. Allen voran natürlich die der zweiten Hauptrolle
Roland/ Orlando, aber auch Leas zickige Geschwister, die Onkel,
Nachbarn und Mitreisenden - jede(r ) hat so viel Ausstrahlung,
dass man sich die illustre Gesellschaft und die Örtlichkeiten
vorstellen kann, als befände man sich auf einer Zeitreise mitten
unter ihnen.
Einzig
Leas Reise nach Spanien ist nicht ganz so logisch und folgerichtig
in die Geschichte eingebunden, wie das restliche Geschehen. Jedoch
wird man, einmal dort angekommen, durch die Bekanntschaft mit
Christoph Columbus und Königin Isabella entschädigt.
Zeit
zur Erholung mit den Figuren lässt einem die Autorin niemals.
Immer, wenn ich glaubte, dass Lea doch nun zur Ruhe kommen könnte,
trat eine Wendung des Schicksals ein, die neue
Verwicklungen heraufbeschwört und neue Anstrengungen von Lea
verlangt. So reist man atemlos mit Lea durch das Land, erfährt
von den Nöten, die die Inquisitoren heraufbeschwören und lernt
einiges über die Sitten und Einstellungen der Juden und zu den
Juden. Rundum hat man das Gefühl unter dem gleichen Druck zu
stehen wie Lea. Was will eine LeserIn mehr?
Die
Goldhändlerin - ein historischer Roman der aufgrund seiner vielen
ungewöhnlichen Blickwinkel ein lebendiges, glaubhaftes Bild der
Zeit des ausgehenden 15. Jahrhunderts zeichnet und Figuren voller
Leben kreiert, die trotz oder wegen ihrer Ecken und Kanten
bezaubern. (Binchen, im Juli 2004)
Bewertung: ****
( * schlecht / ** ganz gut / *** gut
/ **** spitze)
Infos:
Weltbild HC oder Droemer / Knaur Taschenbuch.
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