Inhalt:
Nachdem er mit seinem Verlag
ausgemacht hat, ein Buch über eine Reise durch die USA zu machen,
und den Leuten dort erfolgreich ausgeredet hat mit der staatlichen
Zuglinie Amtrak zu fahren, geht es los. Zuerst mit dem Flugzeug
nach New York. Von dort mit dem Greyhoundbus weiter nach Virginia
durch diverse Südstaaten über Las Vegas nach San Francisco. Der
Greyhound ist deshalb sein bevorzugtes Fortbewegungsmittel, weil
so nicht die "ordentlichen Bürger" reisen, sondern eher die
Zukurzgekommenen der Gesellschaft. Ihnen und ihren Geschichten
gehört Altmanns Interesse. (Zitat)... "Die meisten aller
Greyhoundkunden gehören der heimatlosen Minderheit an, die als
Versager leben müssen, da sie immer noch nicht im Besitz eines
Wagens sind."
Altmanns Greyhoundabenteuer und
ein spannendes Leseabenteuer beginnt.
Meine Meinung:
Altmann führt den europäischen
Leser mit (manchmal grimmigen) Humor und einer präzisen Lakonie
durch die Vereinigten Staaten.
Man lässt sich mitreißen von
seiner Vorfreude auf die Menschen, Orte und Geschichten seiner
Reise. Glaubt ihm aufs Wort, dass der eher unbequeme Bus sein
favorisiertes Fortbewegungsmittel ist wenn er sagt, dass ihn
(Zitat)... "ein starkes physisches Wohlgefühl überkommt, wenn
ich - wie augenblicklich - auf zwei Sitzen lümmeln darf und
nichts zu tun brauche als zu schauen und zu fühlen."
Er freut sich an "den seltsamen
Vögeln" die der Zufall neben ihn verschlägt und er lauscht mit
Interesse ihren Geschichten. Er lauscht der misshandelten Ehefrau,
dem Sikh Radjuat, der stolz über seinen Medizin studierenden Sohn
erzählt, der großen, breiten Eva, aus der beim Erzählen ein
"zarter Mensch" wird, als sie von ihrer Arbeit als Therapeutin in einem
Haus voller kaputter Menschen erzählt ebenso, wie dem
Elvisverfallenen Terrence, als sie beide hinter der Mauer von
Graceland losheulen. Altmann erinnert sich wehmütig an den
Pariser Straßensänger, den er als Troubadour ausstattet und ihn
- fürstlich entlohnt - unter dem Fenster seiner damaligen Flamme
"You are my reason for living" singen lässt. Überhaupt
lösen Menschen und Orte bei ihm oft ein Trommelfeuer von
Erinnerungen aus.
Altmann hat geschworen (Zitat)...
"sich zu amüsieren. Das wird nicht immer gelingen. Das Heitere
wird mich verlassen, und ich werde , zerknittert von zuviel
Geschmacklosigkeit, anfangen zu schluchzen."
Bei solchen Gelegenheiten wird er
jedoch nach verhältnismäßig kurzer Zeit regelmäßig von einem
angenehmeren Ereignis ereilt. Nach einer Überdosis Pathos bei der
Wachablösung am Grab des "Unbekannten Soldaten" geht es ihm
beim Anblick der hübschen Dotty am Greyhoundschalter
augenblicklich besser, es gibt einen beschwingten Abschied von der
fröhlichen Hure Rapture und nach einer Voodoozeremonie in New
Orleans steigt er um drei Uhr morgens "federleicht" in ein
Taxi.
Altmann ist mit diesem Werk ein
ebenso anschauliches wie differenziertes Buch gelungen. Ein
Zeitbild des vielgepriesenen Landes der unbegrenzten
Möglichkeiten, das auch den unkritischsten Zeitgenossen ins Grübeln bringt.
Altmann schreibt prägnant, oft
boshaft sarkastisch, aber auch philosophisch und differenziert
über dieses oft allzu unkritisch dargestellte Land mit seinen
Gegensätzen.
Jeder der mit einem Traum im Kopf
und romantischen Vorstellungen im Gepäck eine längere USA-Reise
plant, sollte dieses Buch lesen. Und natürlich jeder, der sich
einfach gern gut unterhalten lässt und jeder, der eine andere
interessantere Art von Reiseliteratur kennenlernen möchte.
(Mariposa)
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Bewertung: ***
( * schlecht / ** ganz gut / *** gut
/ **** spitze)
Infos: Originaltitel: Im Land der
Freien. Mit dem Greyhound durch Amerika, Erscheinungsjahr: 1999
by Rowohlt-Taschenbuch, ISBN 3-499-22371-6, 189 Seiten, 12,90 €
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