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Rezension

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Inhalt:

Im Januar 1933 ist Anna neun Jahre alt. Sie lebt mit ihren Eltern und ihrem 12-jährigen Bruder Max in Berlin. Die Familie ist wohlhabend, man hat ein geräumiges Haus, ein Kindermädchen und ein Küchenmädchen. Annas Vater ist Journalist, er schreibt politische Artikel für verschiedene Zeitungen, und er ist ein entschiedener Gegner der Nationalsozialisten. Er weiß, dass er bei einer Machtübernahme der Nazis in großer Gefahr ist, denn er ist nicht nur Gegner, sondern auch Jude. 

Noch im Januar reist Annas Vater nach Prag, eine Woche später trifft sich die ganze Familie in der Schweiz. Um keinen Verdacht zu erregen, reist man mit kleinem Gepäck, jedes Kind darf nur ein Spielzeug mitnehmen, deshalb muss Annas rosa Kaninchen in Berlin bleiben. Als die Nazis an der Macht sind, ist schnell klar, dass der Aufenthalt in der Schweiz für länger sein wird. Anna und Max müssen sich dort in der Schule eingewöhnen und neue Freunde finden. Annas Vater findet jedoch keine Arbeit, niemand will seine politischen Texte drucken. Und auch bei vergleichsweise sparsamer Lebensführung gehen die finanziellen Mittel der Familie dem Ende entgegen. Die Eltern hoffen auf bessere Bedingungen in Frankreich, und so macht sich die Familie auf den Weg nach Paris.

Meine Meinung:

Dies ist kein spektakuläres Buch und vielleicht ist es deshalb so anrührend. Es geht nicht um die große Politik, es geht um ein menschliches Schicksal, hier um ein kleines Mädchen. Sie darf sich nicht von ihrer Freundin in Berlin verabschieden, weil niemand wissen darf, dass die Familie das Land verlassen wird, sie muss lieb gewonnene Dinge zurücklassen und darf sich nicht verplappern. Anna wird mehrfach aus ihrer gewohnten Umgebung heraus gerissen und muss sich an viele neue Dinge gewöhnen, besonders an die sich schnell einstellende Armut. Die Art, wie sie das tut, nötigt Respekt ab, sie ist fast nie mutlos und gibt nicht auf, wenn es für sie schwierig wird. Sie zeigt ihren Eltern und den Lesern, dass man alles schaffen kann, wenn man nur bereit ist, etwas zu tun und sich nicht unterkriegen lässt. 

Nur eine kleine Person, aber eine große Persönlichkeit, die immer an sich und ihre Familie glaubt. Ihre feste Überzeugung, dass ihre Eltern es schon richten werden, und es schaffen, der Familie eine Lebensgrundlage zu schaffen, wirkt manchmal etwas naiv und kindlich, aber das steht einem Mädchen in ihrem Alter zu. Und ganz ohne erhobenen pädagogischen Zeigefinger begreift der Leser, wie wichtig der familiäre Rückhalt ist, dass man gemeinsam mit denen, die man liebt, viel mehr aushalten kann, als man sich zugetraut hat.

Dieses Buch ist mittlerweile ein Jugendbuchklassiker, und es hat bis heute nichts von seiner Aktualität verloren. Die Leistung dieses Buches ist, dass es abseits der großen Politik zeigt, welche Auswirkungen der Nationalsozialismus auf eine ganz normale deutsche, aber jüdische Familie hatte. Obwohl diese Familie zu den Glücklichen zählt, die überlebt hat, die nur materielle Dinge verloren hat, ist ihr Weg schwer genug. Denn es sind ganz normale Menschen, die nur jüdisch sind und eine andere Meinung haben. Allein deswegen konnten sie nicht in Deutschland bleiben.

Dieses Buch ist im Wesentlichen autobiografisch. Judith Kerr ist die Tochter des berühmten Journalisten und Kritikers Alfred Kerr, und in diesem Buch beschreibt sie ihre eigenen Erlebnisse. Die Geschichte der Familie Kerr geht weiter in den Büchern „Warten bis der Frieden kommt“ und „Eine Art Familientreffen“. Judith Kerr lebt seit Ende der 30er Jahre in London und schreibt heute auf englisch. Bei der Übersetzerin Annemarie Böll handelt es sich um die Ehefrau des großen deutschen Schriftstellers Heinrich Böll. (Christine)

Bewertung: ***

( * schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)

Infos: Originalausgabe: When Hitler Stole Pink Rabbit, Erschienen 1973 bei Ravensburger, Aus dem Englischen übersetzt von Annemarie Böll, 240 Seiten, 5,95 €

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© 1998 Buecher4um, erstellt am 06.08.2005, letzte Änderung am 31.08.2005, Layout by abrakan