Stellen Sie sich vor, zu Ihnen käme eine
Fee und Sie hätten einen Wunsch frei. Keine Fee, wie man sie sich
normalerweise vorstellt, eher eine trockene Sachbearbeiterin mit
prallem Terminkalender und Überstunden. Sie würde Ihnen
erklären, dass Wünsche in den Bereichen Unsterblichkeit,
Gesundheit, Geld und Liebe ausgeschlossen sind. Und sie würde Sie
darauf hinweisen, dass Wunscherfüllungen nicht immer genau das
bewirken, was sich die Wünschenden vorstellen. Denn wie alles im
Leben hat auch die Wunscherfüllung mindestens zwei Seiten.
Arjouni spielt mit dem alten Traum der
Menschheit, der leider - vergeblich - auf die gute Fee hofft, die
ihm alle seine Wünsche erfüllt. Seine Fee wird vom Chef
geschickt, auf den sie sauer ist, da er ihr so viele Termine
aufdrückt und ihr noch nicht einmal sagt, welchen vor
Tagen/Wochen geäußerten Wunsch sie nun den Begünstigten
erfüllen soll. Diese wissen es natürlich auch nicht mehr,
schließlich hat man tagtäglich tausend Wünsche, auf deren
Erfüllung man hofft. So sind die Beschenkten auch allesamt
übertölpelt, dass sie nun unter Zeitdruck auf die Schnelle (die
Fee will endlich Feierabend haben) ihre Wünsche äußern sollen.
So ist es nicht verwunderlich, dass an erster Stelle der
möglichen Wünsche Berühmtheit steht. Dieser Wunsch ist für die
Fee und ihren Chef einfach zu erfüllen, diese Menschen werden
einfach in die nächste Talk Show geschickt, was nun auch die
Erklärung für die vielen Shows im Tagesprogramm der
Fernsehsender ist ;-))). Auch der Wunsch nach einer
Geschirrspülmaschine oder 3 Wochen Ferien auf den Kanaren ist
schnell erledigt.
Schwieriger wird es für die fünf
Beschenkten in Arjounis Geschichten. Die Begünstigten sind
allesamt nicht sonderlich sympathisch, weshalb man schon beim
Lesen überlegt, warum gerade dieser Mann oder diese Frau auch
noch einen Wunsch erfüllt werden soll.
Da ist Max, Vizechef einer Werbeagentur,
der unbedingt ein ernstes Wort mit seinem Chef reden muss und
dabei eine böse Überraschung erlebt. Auch bei Paul, dem jungen
Filmregisseur zwischen Genie und Wahnsinn, der in einer
Schaffenskrise steckt, kommt es am Ende anders als gewollt.
Schwierig wird es bei dem Schreiber von Heftchenromanen, der
einmal einen großen und anerkannten Roman schreiben will. Hier
gibt es einen netten Disput zwischen Autor und Fee, die meint, man
könne nicht gleichzeitig einen großen UND allseits anerkannten
Roman schreiben, ein Seitenhieb Arjounis an die Literaturszene und
die Kritiker. Und dann ist da noch Manuel, der erfolglose
Journalist, der im Schatten seiner berühmten Frau und seines in
Architektenkreisen anerkannten Vaters steht. Manuel ist auf der
Suche nach Anerkennung und benimmt sich dabei so daneben, dass ihn
eigentlich am liebsten alle seine Mitbürger von hinten sehen.
Arrogant versucht er, die Fee auszutricksen, was ihm natürlich
nicht gelingt, da sich die Fee rächt und seinen Wunsch auf ganz
ungewöhnliche Weise in Erfüllung gehen lässt.
Am tiefsten hat mich die Geschichte über
die Wünsche der einzigen Frau im Kreis beeindruckt. Die allein
erziehende Mutter Frau Radek will nur das Beste für ihren Sohn.
Nur langsam kommt dabei ans Tageslicht, auf welche Art und Weise
sie dies in der Vergangenheit versucht und durchgesetzt hat.
Natürlich ist ihr einziger Wunsch, dass ihr Sohn endlich kapiert,
was sie an ihm hat und in dem Moment wird der Anfang der
Geschichte klar. Im Gegensatz zu den übrigen Geschichten, in
denen alle Protagonisten mit Vornamen benannt sind, erfährt hier
niemand den Vornamen der Frau, was sie mit ihrer Geschichte aus
dem Kreis der Übrigen hervor hebt.
Die Geschichten sind von unterschiedlicher
Qualität, nicht alle haben mir gefallen. Aber alle stecken voller
Situationskomik und Witz, sind zum Teil anrührend oder
tragischkomisch mit treffenden Milieuschilderungen, wie man sie
aus den Kayankaya-Krimis von Arjouni gewöhnt ist. (Lucy)