Inhalt:
Wir schreiben das
Jahr 1922, die Ermordung Rathenaus, die beginnende Inflation, die
Arbeitslosigkeit und die Armut bestimmen das Leben vieler Berliner.
Leo Wechsler ist
Kriminalkommissar in Berlin. Seine Herkunft ist für seine Karriere
bisher nicht gerade förderlich gewesen, drängen doch diverse Adlige
in den Polizeiberuf. Die Standesdünkel jener Herren prallen an Leo
jedoch ab.
Das
Privatleben Leos ist bestimmt davon, dass er ein Witwer mit zwei Kindern ist. Seine
Schwester führt seinen Haushalt und dieses häusliche Leben führt
auch zu Konflikten.
Leo ist jedoch
ein kluger geduldiger Kopf, der Zusammenhänge zwischen Fällen sucht
und findet. Diesmal sind es die Ermordung eines
Wunderheilers mit einer Buddha-Figur und der Mord an einer
Prostituierten, die auch schon bessere Tage erlebt hatte.
Sein Gespür sagt
ihm, dass es etwas geben muss, das die beiden Fälle miteinander verbindet. Aber was?
Der Leser weiß
etwas mehr, eingestreute Bemerkungen des Täters vermitteln Wissen,
um das Leo und seine Kollegen einiges geben würden. Aber so langsam
kommen auch die Ermittler dem Täter auf die Spur?
Meine Meinung:
Ein
Kriminalroman aus der Weimarer Zeit. Hier stoßen für mich zwei
interessante Gesichtspunkte aufeinander. Zum einen wurde mein
Blick schon durch Nikola Hahn auf den Beginn der Kriminalistik
gelenkt. Seit wann nimmt man Fingerabdrücke, welche Methoden gab
es zu der Zeit um Beweise zu sichern usw. – Hier sind wir ein
paar Jahre weiter, als bei 'Die
Farbe von Kristall'. Vieles, was heute selbstverständlich
ist, ist noch nicht bekannt, anderes wird anders gelöst. Dieser
Aspekt der Geschichte hat mir auch bei Leo sehr gut gefallen.
Die Zeit zwischen
den Kriegen ist mir erst durch Wibke Bruhns: 'Meines Vaters Land'
etwas näher gebracht worden. Hier sind es keine echten
Familientagebücher, sondern Milieuschilderungen, die absolut
glaubhaft wirken. Leo und sein häusliches Umfeld, die Kollegen, die
politische Situation – nicht nur Tapete sondern ein Umfeld, das sich
'echt' anfühlt. Diese Art der Darstellung hat mich fasziniert.
Leo ist ein
interessanter Mann. Er versucht Beruf und Familie unter einen Hut zu
bekommen und selbst auch noch ein Mensch zu sein. Sein Interesse an
der Kunst und schönen Dingen ist glaubwürdig geschildert, seine familiären und
beruflichen Probleme auch. Es macht Freude mit ihm durch das Berlin
der Zwanziger zu streifen, auch wenn er so viele unschöne Ecken
besuchen muss. Seine Kollegen wirken menschlich, sie wurden mit
netten und weniger freundlichen Macken ausgestattet, die die
Lesefreude verstärkten.
Da der Leser von
Anfang an einige Gedanken des Täters kennt, ist die Auflösung des
Kriminalfalles nicht der Hauptaspekt der Geschichte. Das heißt
jedoch nicht, dass es keine Spannung gibt. Die Hintergründe und die
Art, wie die Ermittler dem Täter auf die Spur kommen, sind hier halt
ein anderer Schwerpunkt, als das klassische 'Who's done it?'
Von Leo Wechsler
und seinem Team, seiner Familie und vom Berlin der Zwanziger möchte
ich gerne mehr lesen, wenn es denn aus der Feder von Susanne Goga
stammt. (Binchen, Januar
2007)
Bewertung: ****
( * schlecht / ** ganz gut / *** gut
/ **** spitze)
Infos: ca. 270 Seiten,
DTV-Premium, 14,00 €
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