Kommissar Kostas Charitos macht
Pause. Nicht freiwillig. Da er meinte, sich zum Schluss der
Ermittlungen rettend vor eine Dame werfen zu müssen, auf die
geschossen wurde, muss er seine Schusswunde auskurieren. Sehr zur
Freude seiner Frau Adriani, die ihn endlich unter ihrer Fuchtel
weiß. Doch Adrianis Idylle währt nicht lang. Vorbei ist es mit
der Bevormundung ihres Mannes, als sich Favieros, einer der
erfolgreichsten Bauunternehmer im Land, während einer Talkshow
vor laufender Kamera erschießt. Charitos hält es nicht länger.
So wagt er sich noch unsicheren Fußes ins Präsidium. Dort
scheint man auch ganz gut ohne ihn klarzukommen. So nimmt Charitos
eigene Ermittlungen auf. Schon bald jedoch wird an ihn von
höchster Stelle herangetragen, da man doch nicht so ganz ohne ihn
auskommt. Sein Chef Gikas bittet ihn höchstpersönlich, weiterhin
verdeckt und vorsichtig Ermittlungen zu führen, um das Motiv für
diesen spektakulären Selbstmord herauszufinden. Koula, Gikas
Sekretärin, wird ihm als Assistentin zur Seite gestellt.
Charitos kämpft nicht nur für
Recht und Ordnung sondern auch um seinen Posten. Denn Janoutsos,
den man als Vertretung für die Zeit eingesetzt hat, in der
Charitos ausfällt, fühlt sich bedenklich wohl in Charitos
Büro...
Meine Meinung:
Man kommt sich näher. Das
könnte man als Schlagwort für diesen Teil der Krimi-Reihe um den
kauzigen Athener Kommissar Kostas Charitos getrost herausheben.
Grundsätzlich lässt Charitos ja
zunächst mal niemand so recht seine raue Schale durchbrechen.
Aber wir alle wissen ja, dass Not zusammenschweißt. Und da er,
hilflos und mehrere Monate krankgeschrieben, kleine Brötchen
backen muss, sperrt er sich nicht, Verbindungen zu gewissen Leuten
mal von einer anderen Seite anzugehen.
So kommt es, dass seine
Feindschaft zu seinem Vorgesetzten, dem Kriminaldirektor Gikas,
einen Waffenstillstand erfährt, da beide auf die Unterstützung
des anderen angewiesen sind: Gikas, weil in einem heiklen Fall
Ermittlungen durchzuführen sind, mit denen er sehr ungern
Charitos Vertretung betraut. Charitos, weil er seine Rückkehr auf
seinen Posten gefährdet sieht.
Auch an dem nervigen Journalisten
Sotiropoulos entdeckt Charitos, der verdeckt ermitteln soll,
Vorzüge, für die er zuvor blind war. Angewiesen auf
Hintergrundinformationen öffnen sich auch in Hinblick auf diesen
verhassten Journalisten neue Welten. Zumindest im Ansatz, denn
Charitos wäre nicht Charitos, wenn er seinen einstigen Feinden
plötzlich und unerwartet um den Hals fallen würde. Das hat er
auch nicht nötig. Er kennt andere Mittel und Wege seinem
Gegenüber Informationen zu entlocken, ohne sich selbst und seine
Stieseligkeit zu verraten.
Koula hingegen, der Sekretärin
von Gikas, war er schon zuvor recht zugetan. Auch ihr kommt in
dieser Folge eine bedeutendere Rolle zu, als in den vorherigen
Bänden. Ebenso Fanis, Arzt am Krankenhaus, in dem Charitos in
Behandlung war, und inzwischen Freund von Charitos Tochter
Katerina, bereichert die Rahmenhandlung des Krimis mit seiner
vermehrten Anwesenheit.
Allesamt Bereicherungen für
Kommissar Kostas Charitos im Kampf gegen die Bösewichte der
Athener Gesellschaft und gegen seine vereinnahmende Ehefrau
Adriani. Aber auch für den Leser sind sie ein erfreulicher
Zugewinn.
Fans von Petros Markaris
Krimi-Serie werden hier wieder einmal voll auf ihre Kosten kommen.
Einstiegern kann ich dennoch empfehlen mit dem ersten Band
anzufangen. Denn die Rahmenhandlung ist m. E. hier attraktiver als
der Kriminalfall. Auch der ist nicht übel, aber ob es reicht um
wirklich zu begeistern, wenn man die Serie nicht von Beginn an
verfolgt hat? Für mich zählen die Krimis um den Kommissar Kostas
Charitos jedenfalls schon längst zu meinen Lieblingsserien. Und
auch mit diesem Band wurde ich nicht enttäuscht. Gern habe ich
die Figuren dieser Serie wiedergetroffen und mich von ihrem Athen
verzaubern lassen. Ein Athen das so ungeschliffen ist, wie seine
Helden.
Hoch anrechnen muss ich dem Autor, dass er
dem Buch ein Personenverzeichnis angefügt hat. Problemlos lässt
sich somit hier jederzeit nachschlagen, wer z. B. noch mal
Aristopoulos oder die Kalafati war. Denn die griechischen Namen
lassen sich nicht immer leicht einprägen. Allzu große
Schwierigkeiten hatte ich persönlich zwar nicht damit, zumal es
die richtige Portion griechischen Flairs verströmt, aber es ist
beruhigend zu wissen, dass man sich nicht jeden der zahlreichen
Namen krampfhaft merken muss, sondern bei Bedarf einfach
nachschlagen kann. Und das Nachschlagen gehört einfach zur
Lektüre eines echten Kostas Charitos-Krimis - so weiß jeder, der
schon die beiden vorherigen Bände kennt. Denn was liebt der
Kommissar so sehr? Richtig: Wörterbücher. Darin kann er sich
verlieren,... so wie ich mich in den Geschichten rund um den
liebenswert fiesen (in dem Fall kein Widerspruch!) griechischen
Ermittler verlieren kann. Davon immer wieder gerne mehr. (Petra)