Inhalt:
1547 – Schottland
Francis Crawford of Lymond,
der Junker von Culter, kehrt in seine Heimat zurück. Der geächtete
Mann benutzt dafür einen Schleichweg, und stiftet gleich am ersten
Tag eine hübsche Verwirrung, an der ein Schwein nicht ganz
unbeteiligt ist.
Der anschließende Besuch
zu Hause läuft etwas anders ab, als man sich das gemeinhin
vorstellt, keine liebevollen Umarmungen, sondern eine beinahe
erschlichene und eine Feststellung – „Ah, meine Mutter ist auch da?
Dann kennt mich ja wenigstens jemand“ – so die Einstellung des
schwarzen Familienschafs.
Was er dann mit dem
Familienbesitz macht? Wer es lesen will, will das jetzt noch nicht
wissen, garantiert nicht, denn das ist nur der Beginn eines wahren
Feuerwerks an Frechheiten und die möchte man life erleben.
Will dieser
Mann seine Familie ruinieren, oder mit seinen Söldnern einfach
nur seinen Ruf rehabilitieren?
Diese Frage muss ein Leser sich schon
selbst beantworten.
Meine Meinung:
Historische Romane, das
sind doch die Bücher in denen man etwas über vergangene Zeiten
lernen soll? Die bösen alten, grausamen Zeiten der
Unterdrückung, in denen es keine Freude gab. Dabei sind dann die
meistens weiblichen Helden in überaus emanzipierter Form in
einem Handwerk tätig und wir erleben, wie sie sich von einem
Schlamassel ins nächste retten?
Sicher, einige Plots
schwimmen auf dieser Welle, einige sind sogar richtig nett oder
richtig packend, aber es
gibt auch noch ein paar Perlen, die damit nicht beschrieben sind. Leider sind die
wertvollsten Perlen
dabei sehr gut versteckt und sogar oft vergriffen.
Mit den sechs Büchern über
ihren Helden Francis Crawford of Lymond, schuf die schottische
Autorin Dorothy Dunnett, schon früh eine ganz andere Art
historischen Roman. Im ersten Band lernen wir den Helden ein Stück
weit kennen. Nein, viele seiner Geheimnisse bleiben noch unentdeckt,
aber wir erleben ihn, als er nach fünf Jahren Verbannung
in seine Heimat zurückkehrt. Seine Aktionen entlockten mir beim
Lesen oft ein Schmunzeln, so dreist habe ich noch niemanden erlebt –
und dabei so geistreich. Eine glänzende Einführung ist das.
Was er denkt, unser Held,
entzieht sich der Kenntnis des Lesers, doch was er tut, können wir,
als sei es ein Actionfilm, bewundern. Hektik verbreitet sich,
Mitdenken ist erforderlich, seine Bonmots offenbaren seine Bildung,
sein geschundener Körper seine Kraft und sein Durchhaltevermögen.
Die Autorin denkt nicht daran, französische oder andere Zitate für
uns zu erklären. Wir sind mündige Leser, wir können selbst
entscheiden, wieviel Forschung wir an den Tag legen wollen, um das
Buch komplett zu verstehen. Wir lesen die Dialoge, doch was zwischen
den Zeilen steht, müssen wir genauso herausfinden, wie die
Gesprächspartner, nur dass wir nicht die Kinder dieser Zeitepoche
sind. Ginge das jemandem, der unsere Alltagsgespräche von heute
aufgezeichnet in 400 Jahren liest wohl anders?
Doch, die Situationen,
Kleidung, Raumausstattung, die Dunnett beschreibt, sorgen dafür,
dass das Bild Konturen annimmt, auch ohne das man gleich dem eigenen
Forschungsdrang nachgibt. Die Zeit bekommt ihr Gesicht, nur auf ganz andere Art, als uns das die Romane mit den
‚Die …IN’ – Titeln (Die Kammerjägerin, Die Jägerin, die XXXin von
Irgendwo ...) bisher vermittelt haben. Der Leser wird richtig
unterhalten, denn hintergründiger Humor und Wortgefechte sind
überaus reichlich vertreten, wir werden zum Mitdenken aufgefordert,
wir werden gehetzt und auf falsche Fährten gelockt und können so
einen außergewöhnlichen Romanhelden kennen lernen.
Und auch wenn es wenig
sentimental zugeht, es gibt auch Stellen zum Mitheulen, die
Konfrontation zwischen den Brüdern Crawford z.B., war für mich eine,
bei der ich einige Taschentücher verbraucht habe.
Leider gibt es nur noch
zwei weitere Romane der Reihe in deutscher Übersetzung. Auch diese
sind nur noch als Secondhand-Ausgaben zu bekommen. Trotz des
Überangebots an historischen Romanen lohnt sich das Suchen.
Spätestens für die letzten drei Folgen muss man sich dann auch für das Übersetzen Zeit
nehmen. Harte Arbeit für ein wundervolles Vergnügen liegt vor einem
Leser, der die 08/15-Kost leid ist.
Hoffentlich findet der
Verlag Klett-Cotta, der gerade die Niccolò-Reihe von Dorothy Dunnett
herausbringt, auch Gefallen an diesem Helden. Dann gehört man nicht
mehr zu einem Geheimbund, wenn man über Lymond reden will, denn dafür
bietet er sehr viele Ansatzpunkte.
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geht es zum Sonderbericht über die Autorin und ihre Romanzyklen. |
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geht es zu
DER privaten deutschen Dorothy Dunnett - Homepage. |
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geht es zur
Seite von Klett-Cotta und DD's anderem Helden - Niccolò. |
Bewertung: ****
(fett)
( * schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)
Infos: Originaltitel: Game of Kings,
1961, vergriffen, vielleicht mal bei
www.abebooks.de versuchen!!!
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