Inhalt:
Alles hängt mit
allem zusammen, so könnte die Quintessenz dieses Romans lauten.
Weil sich vor 300
Millionen Jahren der Urkontinent trennte und sehr langsam die uns
bekannten Kontinente entstanden, gibt es heute Erdbeben. Bei einem
dieser in Kalifornien häufigen Erdbeben wird ein Lieferwagen
leicht beschädigt, so dass er von nun an regelmäßig Öl
verliert. Auf einer Ölspur dieses Wagens rutscht die Harley von
Godzilla, genannt God, dem Besitzer eines Fitnessstudios, aus und
seine Mitfahrerin Mirjam Koopmann wird an ihrem 17. Geburtstag vor
ein entgegenkommendes Auto geschleudert. Wenige Stunden später
stirbt sie an ihren schweren Verletzungen.
Ihr Vater, Joop
Koopmann, ein holländischer Jude in Malibu, erfährt von dem
schweren Unfall während eines Treffens mit seinem Schulfreund
Philip. Joop ist unfähig den Tod seiner Tochter anzunehmen, sie
war sein Lebensinhalt und er liebte sie abgöttisch, besonders da
er schon seit vielen Jahren von ihrer Mutter geschieden war. Zudem
dümpelt seine Karriere als Drehbuchautor für
Hollywoodproduktionen nur noch vor sich hin, Aufträge sind eine
Seltenheit geworden. Doch das Zurückziehen in seine Trauer ist
Joop nicht vergönnt, da er für Philip im Auftrag des Mossad
einen Marokkaner bespitzeln soll, der möglicherweise an der
Vorbereitung von Terrorakten beteiligt ist. Der mutmaßliche
Terrorist entpuppt sich jedoch als ausgesprochen sympathisch.
Auch God, auf
dessen Motorrad Mirjam verunglückt ist, weicht nicht mehr von
Joops Seite und versucht so seine Schuld gegenüber Joop in
irgendeiner Form abzutragen. Außerdem taucht wie aus dem Nichts
Joops Cousine Linda mit einem tibetanischen Mönch auf , die er
seit dreißig Jahren nicht mehr gesehen hat. Sie beginnen eine
leidenschaftliche Affäre und Joop droht im Strudel der Ereignisse
von Spionage, Organspende (er hat zugestimmt, dass Mirjams Herz
gespendet wurde), tibetanischen Wiedergeburtslehren und
Familiengeschichte zu versinken.
Meine Meinung:
Malibu war mein
erster Roman von Leon de Winter, einem Autor, von dem ich schon
lange etwas lesen wollte und von dem man viel Gutes hört. Meine
Erwartungen waren dementsprechend hoch und de Winter hat sie nicht
enttäuscht. Nachdem ich über den etwas eigenwilligen Prolog, der
sein Pendant im gleich gestalteten Epilog findet, hinweggekommen
war, gewann die Geschichte mit jeder Seite an Dynamik. Gekonnt
entrollt de Winter die Handlungsstränge, die sich um die Person
Joop Koopmann ranken. Da ist der völlig aus der Bahn geworfene
trauernde Vater, der mit seiner Entscheidung hadert, das Herz
seiner Tochter zur Organspende freigegeben zu haben. Eine sehr
persönliche Geschichte mit Tiefgang und so gut beschrieben, dass
ich beinahe mit Joop um seine Tochter mitgeweint habe.
Darauf setzt de
Winter die anderen Geschichten, es geht um Spionage und
Terrorismus, um eingefrorene Guthaben jüdischer Naziopfer auf
Schweizer Bankkonten, um Buddhismus und Reinkarnation. Kurz
gesagt, viele aktuelle Probleme der Welt werden angerissen und
kreuzen Joops Lebensweg. Die Zusammenhänge werden hier natürlich
nicht verraten, aber in der Verknüpfung zeigt sich die hohe
Erzählkunst des Autors.
So wird aus dem
scheinbaren Sammelsurium eine packende Geschichte, die sich in
kein Schema einordnen lässt. Nach meiner Einschätzung lässt
sich de Winters Erzählweise am ehesten mit John Irving
vergleichen.
Malibu ist
definitiv nicht mein letzter Roman von Leon de Winter. (Christine)
Meine Meinung:
Malibu ist ein weiteres Buch Leon
de Winters, in dem er sein Talent, dem Leser die Realität auf
ganz besonders sensible, unvergleichliche Art nahezubringen, unter
Beweis stellt.
Die Charakterisierung der
Figuren, die knappe eher unsentimentale und doch einfühlsame
Sprache ist vielen Lesern aus Buchern wie „Leo Kaplan“, „Hoffmanns
Hunger“, oder „Zionoco“ bestens vertraut.
Was mir am vorliegendem Buch
nicht so besonders gut gefällt, ist die Art wie er mit dem Thema
Tod umgeht. Vor allem die Figur des angeblichen buddhistischen
Mönches als angebliche Wiedergeburt, finde ich etwas missglückt.
Manche Menschen buddhistischen Glaubens könnten es sogar als
respektlos empfinden..
Ein weiterer Mangel, den de
Winter hätte vermeiden können, sind meiner Ansicht nach die
vielen Amerikanismen, die de Winter im Laufe der Handlung benutzt.
Sie sind wohl der neueren amerikanischen Umgangssprache entlehnt
und ohne ein neueres umgangssprachliches Lexikon unverständlich.
Für de Winter, der teilweise in den Staaten lebt, mag das
durchaus zum normalen Sprachgebrauch gehören, für den deutschen
Normalleser, selbst wenn er ein durchaus passables Englisch
spricht, ist das leider nicht so. Es wirkt sich recht irritierend
und hemmend auf den Lesefluss aus.
Selbst unter den von mir
gemachten Einschränkungen bei diesem speziellen Buch bleibt
dennoch eines unbestritten: Dieser Mann kann schreiben und man
darf sich auf weitere Bücher de Winters freuen. (Mariposa)
Meine Meinung:
Leon de Winter, der jüdische
niederländische Autor, der schon als Kind begann, zu schreiben
und sich in seinen Werken seiner vom Holocaust geprägten
Vergangenheit stellt, hat sich mit seinen Romanen wie
"Hoffmans Hunger" oder "Sokolows Universum"
längst seine Fangemeinde erschrieben. Mit "Malibu" legt
er ein neues, typisches Werk vor.
Joop Koopman, ein Jude aus Holland, lebt in Los Angeles und
arbeitet als Drehbuchautor. Am Tag ihres 17. Geburtstags
verunglückt seine Tochter Mirjam bei einem Verkehrsunfall und
stirbt einige Stunden später. Am selben Tag versucht sein Freund
Philip van Gelder, Joop als Spitzel für den israelischen
Geheimdienst zu gewinnen. Noch bevor Joop richtig um seine Tochter
trauern kann, verketten sich die Ereignisse. Joop muss sich zudem
mit den Theorien seiner reinkarnationsgläubigen Jugendliebe und
Cousine Linda auseinandersetzen, die ihm die Seele des gemeinsamen
Großvaters, wiedergeboren als tibetischer Mönch, kredenzt.
Wie immer bei de Winter geht es um Themen wie die jüdische
Identität und um die großen Schicksale des Lebens. Dennoch
versteht es der Autor, seine Bücher unterhaltsam, komisch und mit
einer Leichtigkeit zu erzählen - einen allzu menschlichen Helden
und seine Art, mit Schicksalsschlägen umzugehen, inclusive - was
die Lektüre trotz der Schwere und der Tragik immer wieder
äußerst vergnüglich gestaltet. Und spannend obendrein. (Christa
Roßmann)
Bewertung: ***/**** (Christine)
Bewertung: ** (Mariposa)
Bewertung: *** (Christa Roßmann)
( * schlecht / ** ganz gut / *** gut
/ **** spitze)
Infos:
Originaltitel: Gods Gym by De Bezige Bij, Amsterdam
, 2002, Deutsche Erstausgabe: 2003 by
Diogenes Verlag AG, Zürich, Deutscher
Übersetzter: Hanni Ehlers, ISBN-Nr. 3 257
86095 1, Seitenzahl:416, Preis:
ca. € 22,90
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