Februar 1938 in Breslau. Henriette
Redlich, genannt Jettel, und ihre sechsjährige Tochter Regina
treffen die letzten Vorbereitungen für die Auswanderung nach
Kenia, denn in Deutschland kann und will die jüdische Familie
nicht länger bleiben. Der Vater Walter, ein ehemaliger
Rechtsanwalt, ist schon seit längerem im kenianischen Hochland,
jetzt ist ihm eine kleine Farm zur Bewirtschaftung zugeteilt
worden. Schnellstmöglich soll die Familie aus Deutschland
nachkommen und wichtige Dinge für das Überleben im Busch
mitbringen, z. B. einen Eisschrank und eine Petroleumlampe. Die
Wiedersehensfreude ist riesig und auch die Dankbarkeit über die
geglückte Flucht aus Deutschland, gerade noch rechtzeitig.
Doch das Leben im afrikanischen Hochland
ist hart und für die Eltern kaum zu bewältigen. Das Farmhaus
entpuppt sich als Hütte mit Wellblechdach, die Toilette ist ein
Plumpsklo hinter dem Haus. Walter versteht wenig von der Arbeit
eines Farmers und die Armut ist drückend. Umso größer ist
Walters Entsetzen als er feststellt, dass Jettel vom letzten Geld
in Deutschland nicht den dringend benötigten Eisschrank sondern
ein teures und völlig überflüssiges Abendkleid gekauft hat.
Nur Regina fühlt sich wohl in Afrika.
Schnell freundet sie sich mit anderen Kindern an und lernt die
Landessprache Suaheli, später in der Schule auch Englisch. Sie
liebt das ungezwungene Leben auf dem Land und ist fasziniert von
afrikanischen Bräuchen und Riten.
Doch dann bricht der Krieg aus und die
Redlichs sind als Deutsche plötzlich feindliche Ausländer im
englischen Kenia.
Meine Meinung:
Stefanie Zweig hat einen
autobiographischen Roman über ihre Kindheit geschrieben. Sie
selbst ist Regina, die 1938 aus Oberschlesien geflohen ist, und
einen großen Teil ihrer Kindheit in Afrika verbracht hat.
Obwohl sie alles selbst erlebt hat,
schildert sie das Leben in Afrika ohne Pathos und ohne
Verklärtheit. Genau beobachtet sie die Verzweiflung ihrer Eltern
und ihre Unfähigkeit zu akzeptieren, dass aus einer ehemals
wohlhabenden und angesehenen Familie Flüchtlinge wurden, die auf
Hilfe von anderen angewiesen sind. Da ist der kühle Walter, der
seiner Arbeit kaum gewachsen ist und Deutschland und seinen
Anwaltsberuf vermisst. Die verwöhnte Jettel ist ihm häufig keine
Hilfe, kann sie doch kaum mit der Armut umgehen und vermisst ihr
gewohntes gesellschaftliches Leben. Sie ist für mich auch die
umsympathischste Figur in diesem Roman, oft wollte ich ihr
zurufen: „Stell dich nicht so an, jammer nicht so, immerhin hast
du es aus Deutschland heraus geschafft und darfst überleben!“
Regina, die jüngste, ist die einzige, die die notwendige
Souveränität besitzt, mit der Situation umzugehen.
Eindringlich beschreibt Stefanie Zweig ihr
Afrika, wie sie sich als Kind in den fremden Kontinent verliebt
und begierig Sprache und Wissen der Einheimischen aufnimmt. Sie
fühlt sich geborgen in der kenianischen Wildnis, während ihre
Eltern für immer Fremde bleiben.
Geschrieben ist der Roman in einer
langsamen und bildhaften Sprache. So tauchen häufig Ausdrücke
auf, die vermutlich aus Suaheli übersetzt wurden, z. B. „die
Luft aus der Brust lassen“ für „ausatmen“. Diese Sprache
gibt der Geschichte Tiefe und lässt den Leser im Roman versinken.
Neben der Lektüre des Buches ist auch die
gleichnamige Verfilmung von Charlotte Link zu empfehlen. Ein
langsamer Film mit wunderschönen Landschaftsaufnahmen, der 2003
einen Oscar als bester ausländischer Film erhielt. (Christine)