Inhalt:
Jeremy Ponsonby, Spross einer
altehrwürdigen Edinburgher Ärztedynastie, hatte offenbar keine
Feinde -- zumindest keine, die man für das magenerschütternde
Chaos in seiner Wohnung und das professionelle Aufschlitzen seiner
Kehle verantwortlich machen könnte. Inspektor McGregor würde den
Mordfall deshalb gern als eskalierten Einbruch zu den Akten legen.
Pech, dass er überstürzt einen Tatverdächtigen festgenommen
hat. Denn Jack Parlabane, Journalist aus Berufung und
Leidenschaft, erweist sich nicht nur als unschuldig, sondern
wittert jetzt auch eine heiße Story. Gemeinsam mit der Ex-Gattin
des Opfers, Sarah, deckt er nach und nach die düsteren
Geheimnisse des strebsamen jungen Arztes und einen besonders
makabren Fall von Immobilienspekulation auf ... unter Gefahr für
Leib und Leben, versteht sich.
Quite Ugly One Morning
ist Brookmyres erster (publizierter) Krimi. Umfang und Plot
entsprechen daher weit eher dem klassischen Krimi-Muster als alle
nachfolgenden Romane des Verfassers. In Großbritannien war das
Buch ein rauschender Erfolg und wurde mit dem „First Blood Award"
ausgezeichnet. Das verdankt es wohl nicht nur seiner
herausragenden Qualität, sondern auch seiner unverblümt
kritischen Haltung gegenüber dem Tory-Regime - in einem Moment,
als die englischen Konservativen kurz vor der Abwahl standen.
Konservative Kritiker haben den Roman denn auch heftig angegriffen
- etwa mit dem Vorwurf, der Autor habe ja bloß Carl Hiaasen
imitiert. Solche Kritiker vergessen freilich durchwegs zu
erwähnen, dass dies einer der seltenen Fälle ist, wo die
Imitation das Original eindeutig in den Schatten stellt.
Übrigens: kurz nach seinem
Erscheinen wurde der Krimi, in einer Hinsicht wenigstens, von der
Wirklichkeit überholt...
Meine Meinung:
Details, die im Englischen „gory"
genannt werden, muss man mögen. Ich mag sie eigentlich nicht und
hätte nie gedacht, dass ich nach einem ersten Kapitel, in dem
hochanschaulich so ziemlich alles angehäuft ist, was einem
sensiblen Leser den Magen umdreht, nicht nur das ganze Buch,
sondern auch das Gesamtwerk des Verfassers mit Begeisterung
verschlingen würde. Aber die bittere Pille hat einen dicken
Zuckerüberzug - will sagen, das Buch ist durchweg witzig,
einfallsreich, brillant geschrieben und sehr spannend. Es
kritisiert die Missstände im britischen Gesundheitswesen, ohne je
in doktrinären Bierernst zu verfallen, glänzt mit einem Reigen
farbiger Charaktere - darunter der wohl dümmste Mörder nördlich
des Äquators -, schwelgt in abstrusen Situationen und
entschädigt mit einem Feuerwerk beißender Sentenzen vollauf für
den (von manchen Rezensenten beklagten) Mangel an Subtilität. (Irene)
Bewertung: ****
( * schlecht / ** ganz gut / *** gut
/ **** spitze)
Infos:
Titel: Quite Ugly One Morning (auf
deutsch wohl am besten "Eines scheußlichen Morgens").
Englische (HC-)Erstausgabe 1996 bei Little, Brown & Co.
TB-Ausgabe 1997 bei Abacus. Zahlreiche Folgeauflagen. HC
inzwischen vergriffen. Der Roman wurde zwar ins Französische und
Italienische übersetzt, aber nicht ins Deutsche - was eine
veritable Affenschande ist!
|