In Selam Berlin (Sei gegrüßt, Berlin)
erzählt Yadé Kara die Geschichte Hasans, eines neunzehnjährigen
Türken, der seine Kindheit in Berlin - Kreuzberg verbrachte und
der nun nach dem Abitur, das er auf der deutschen Schule in
Istanbul
gemacht hat, nach Berlin zurückkehrt. Er
beschreibt seine Erlebnisse unmittelbar nach der Öffnung der
Mauer. Seine Gefühle, die einschneidenden Veränderungen die die
deutsche Wiedervereinigung seiner Familie bringt und wie er selbst
mit der veränderten Situation zurechtkommt.
Meine Meinung:
Yadé Kara läßt in seinem Buch den
Abiturienten Hasan Kazan über die chaotische Zeit der
Wiedervereinigung berichten. Er erzählt über seine Kindheit, über
die Zerrissenheit seiner Eltern, nachdem sie in Berlin ein Reisebüro
eröffnet haben und sich auf einen längeren Aufenthalt
einrichten. Seine Mutter fühlt sich nach einigen Jahren außerstande,
dauerhaft in Berlin zu leben und kehrt in die Türkei zurück. Nun
pendelt die Familie ständig zwischen Orient und Okzident hin und
her.
Im Sommer kommen alle nach Berlin und
leben in Kreuzberg, in einer Wohnung direkt an der Mauer. Nach ein
paar Monaten geht es dann zurück nach Istanbul, zu Blauer
Moschee, Frauen mit Shador und Hagia Sophia, aber auch Juppies mit
Cocktails und Frauen mit Minirock, sowie Smog und Verkehrschaos
gehören dazu.
Hasan fühlt sich jedoch eindeutig zu
Berlin hingezogen. Dort kennt er sich aus. Er kennt jede
U-Bahnstrecke, jedes Stadt-Original und alle In-Kneipen. Berlin
mit seiner eingegrenzten Ausdehnung mitten im „Zonenland“ ist
überschaubar, während die Zwölfmillionenstadt Istanbul mit
ihrem Verkehrschaos, ihren Stromausfällen, korrupten und
schlampigen Behörden und ihren wild wachsenden Vierteln es längst
nicht mehr ist. "In unserem Leben ist alles Transit",
sagt Hasan. Aber nun nach der Maueröffnung will er bleiben, er
will kein Pendler mehr sein.
In den lockeren Ton eines Jugendlichen
mischen sich einfühlsam und eindringlich die Schattenseiten der
Medaille. Hasan der in Istanbul oft mit der Frage: „ Woher
kommst du?“ konfrontiert wurde, weil die Leute seinen leichten
Akzent bemerkten und ihn häufig für einen Zyprioten hielten, ist
in Berlin eindeutig ein "Kanake". Nirgends gehört er
ganz und gar dazu. Auch die Menschen seines eignen Landes, die
schon Jahrzehnte in Berlin leben, werden ihm immer fremder. Sie
halten akribisch an Bräuchen und Sitten fest, träumen von ihrer
Heimat und von einem Leben, das es so, auch in der Türkei, wie
Hasan weiß, längst nicht mehr gibt. Sie benehmen sich wie Türken
aus der Zeit, die vor dreißig Jahren schon ihrem Ende zuging. Für
Hasan benehmen sie sich seltsam und es fällt ihm schwer, ihren
Lebensstil zu akzeptieren.
Bei seinen deutschen neuen Bekannten
wiederum trifft er auf tiefverwurzelte Klischees und Vorurteile,
die sich selbst bei einem modernen Filmemacher nicht ausrotten
lassen. Für den laufen junge Türken mit einem Messer in der
Tasche herum und sind jederzeit bereit, die Ehre der Familie mit
einem Mord wiederherzustellen. Dass er im Film die Tatsachen
verdreht und an der Realität vorbeifilmt, stört ihn wenig. Er
muss das zeigen, was die Zuschauer von der Handlung erwarten.
Basta!
Das er die Handlung an den verkehrten
Motiven aufhängt und auch bei einem vorrübergehenden Umzug nach
Kreuzberg nur das sieht, was er sehen will und am realen Leben
vorbeischaut, stört ihn nicht weiter.