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Rezension

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Inhalt:

Robert Forester, 29, ist gerade geschieden. Nach getaner Arbeit fährt er zur Feierabendzeit gern an einem Haus vorbei, wo er einmal zufällig ein junges Mädchen beobachtet hatte. Seither kommt er immer wieder gern her um sie zu sehen und ihre Ruhe, die sie ausstrahlt, einzuatmen. Doch eines Tages kommt er zu dicht heran und wird entdeckt und er wird in die scheinbare Idylle, die er nur aus der Ferne sehen wollte, unentrinnbar hineingezogen...

Meine Meinung:

Eines vorab: Die Inhaltsangabe entspricht in etwa der, die bei der Neuübersetzung als Klappentext aufgedruckt ist. Eigentlich lasse ich mir lieber selber etwas einfallen, doch hier muss ich eine Ausnahme machen, denn man könnte es einfach nicht treffender ausdrücken, ohne zu viel vorweg zunehmen und dennoch Neugierde aufkommen zu lassen. Denn Neugierde für dieses Buch zu erwecken ist ganz in meinem Sinne.

Patricia Highsmith fasziniert mich immer wieder aufs Neue! Worin meine Faszination begründet liegt, ist schwer zu sagen. Diese Autorin ist für mich einzigartig und ein Phänomen! Ihre Figuren - so auch in diesem Thriller - sind absolut abstrus und dennoch absolut authentisch. Das ist für mein Empfinden eine Kunst für sich. Bei beinahe jedem anderen Autor würde ein Personal wie das in Der Schrei der Eule vollkommen unglaubwürdig wirken. Hier jedoch nicht! Alle Figuren haben ihre Macken - teils gar nicht so kleine - oder gar ausgeartete psychische Probleme. Aber jede für sich überzeugt mit jeder Faser ihres ihr von der Autorin zugeteilten Ichs.

Verstehen muss man in Patricia Highsmiths Büchern nicht jede der agierenden Figuren um sie glaubhaft erscheinen zu lassen. Vielleicht liegt hier der Unterschied zu den Protagonisten anderer Autoren. Denn bei Patricia Highsmith muss man sie nicht verstehen, sie sind einfach so wie sie sind und das vollkommen konsequent, was ihnen vielleicht diese Glaubwürdigkeit verleiht. Sie können nicht anders, können nicht über ihren Schatten springen, wie es eben kein Mensch kann. Somit ziehen sie ihr Ding durch, im Rahmen der ihnen durch ihre Persönlichkeit zugestandenen Möglichkeiten. Sei es nun Greg, der dumm-dreist daherkommt, und dessen Verhalten hierdurch im Hinblick auf seine ihm eigene Persönlichkeit verständlich wird oder selbst die boshafte, intrigante Nickie, die andere Menschen nicht in Ruhe lassen kann - sie sind nachvollziehbar, trotz aller Unmöglichkeit, die sie an den Tag legen.

Für die Gabe, Figuren auf den Plan zu rufen, die mit aller Konsequent sind wie sie eben sind - obwohl den meisten anderen Menschen vollkommen unverständlich -, gilt Patricia Highsmith uneingeschränkt meine Bewunderung!

Aber nicht nur hierfür. Auch für ihre klare Wortwahl. Mit einem einzigen prägnanten Satz vermag sie Dinge zu erklären, für die manch anderer einen ganzen Absatz gebraucht hätte. In Der Schrei der Eule ist es mir wieder aufgefallen anhand einer Stelle, an der sie mit einem kurzen Satz Depressionen treffender beschreibt, als einige andere in ganzen Büchern über diese Seelen-Erkrankung.

Hinzu kommt - was natürlich der wichtigste Faktor für manch einen Thriller-Fan sein mag -, dass dies eine ungeheuer spannende Geschichte ist. In aller Harmlosigkeit beginnt sie, entwickelt sich jedoch immer mehr zu einem Albtraum, aus dem es kein Entrinnen gibt. Das Lesen wird mit jeder Seite hastiger, denn der einzige Wunsch ist, je weiter die Geschichte fortschreitet, zu wissen, wie es ausgeht. Ein Lesesog entsteht, dem man so manchem Buch wünschen würde.

Dieser Sog begründet sich jedoch nicht einzig auf die Spannung. Auch eine gewisse Poesie kann man in der Geschichte aufspüren. Besonders gefallen haben mir manche liebevolle Details mit denen die Handlung gespickt war. Darüber möchte ich nicht zu viel verraten, ich würde den Zauber dieser Einzelheiten sonst zerstören für den, der das Buch noch lesen möchte. Eine Andeutung nur für diejenigen, die das Buch bereits kennen, möchte das Vöglein aber doch zwitschern: Das kleinere Übel - ein wunderschöner Einfall, der mir unvergessen bleiben wird, so sehr hat er mir gefallen!

Versehen ist diese Ausgabe zudem mit einem sehr interessanten Nachwort von Paul Ingendaay, sowie einer editorischen Notiz von Anna von Planta. Eine schöne Abrundung für das Buch, denn am Ende steht man erstmal allein da und würde gern mehr über das Buch erfahren, über seine Figuren, Patricia Highsmiths Werk. Auch möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass diese hier rezensierte Ausgabe Teil der neuen Werkausgabe ist, die der Diogenes Verlag nach und nach veröffentlicht. Der Text dieser Ausgabe ist erstmalig vollständig übersetzt; die vorherigen Ausgaben in deutscher Sprache waren alle leicht gekürzt. Diese Tatsache allein schon würde mich persönlich wieder zu dieser Ausgabe greifen lassen. Mich freut es, dass der Diogenes Verlag Patricia Highsmiths Werk auf diese Weise gebührend würdigt. Es ist ein Geschenk an die Leserschaft. (Petra)

Anmerkung:

Der Schrei der Eule wurde von den Mitgliedern des Lit-Chatten gemeinsam gelesen und besprochen. Wer die Diskussion nachlesen möchte, der kann dies im Forum des Lit-Chatten tun. (Siehe Link unten)

Button geht es zum Autorenbericht über Patricia Highsmith und ihr Werk!
Button geht es zum Lit-Chatten - gemeinsames Lesen! (u. a. kürzlich "Der Schrei der Eule")

Bewertung: ****

( * schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)

Infos: 425 Seiten, gebundene Ausgabe, Diogenes Verlag, 21,90 €

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© 1998 Buecher4um, erstellt am 01.09.2003, letzte Änderung am 24.09.2003, Layout by abrakan