Inhalt:
Der dritte Fall für Inspektorin
Irene Huss und ihre Kollegen beginnt mit dem Fund eines Torsos,
aus dem sämtliche Eingeweide entfernt wurden und der zunächst
noch nicht einmal als männlich oder weiblich identifiziert werden
kann - einziges Erkennungsmerkmal ist eine außergewöhnliche Tätowierung.
Die erste Spur führt nach Kopenhagen, wo es zwei Jahre zuvor
einen noch ungeklärten Mordfall mit einer ebenso zerstückelten
und ausgeweideten Leiche gegeben hatte. Die Dienstreise nach Dänemark
führt Irene nicht nur über die Tätowierung zur Identität des
Toten, sondern auch in die Schwulenszene und die Welt von
Prostitution, Pornographie und Sadonekrophilie. Weitere Morde
passieren immer dort, wo Irene sich gerade aufhält - fast scheint
es, als würde der Täter sie verfolgen...
Meine Meinung:
Trotz seiner knapp 450 Seiten war
das Buch, wie auch seine beiden Vorgänger, mal wieder viel zu
kurz. Helene Tursten hat diese Art zu schreiben, bei der der Fall
beinahe nebensächlich ist - es macht einfach Spaß, ein bißchen
Zeit mit Irene Huss, ihren Kollegen und ihrer Familie zu
verbringen, und nach Ende des Buches hat man dieses seltsam
"leere" Gefühl, sich gerade für längere Zeit von
guten Freunden verabschiedet zu haben. Trotzdem ist die Geschichte
zu jeder Zeit spannend! Tursten beschreibt die Polizeiarbeit sehr
realistisch (soweit man das als TV-Krimi-geschädigter Laie
beurteilen kann), gerade auch durch die unspektakulären Dinge wie
tägliche Besprechungen, Berichteschreiberei, Teamarbeit, die
Eigenarten der Kollegen und die gemeinsamen Mittagspausen (alle
naslang wird irgendwo zum Essen eingekehrt) - eben all das, was
bei anderen gern ausgelassen oder in ein, zwei Sätzen abgehandelt
wird. Irenes Familie nimmt dieses Mal nicht ganz so viel Raum ein
wie im letzten Band, kommt aber natürlich nicht zu kurz. Durch
die hervorragende Charakterzeichnung kommt man allen Personen
wirklich nahe und hat das Gefühl, mittendrin zu sein; die
Beschreibung der Handlungsorte tut ihr übriges dazu. Die für die
Skandinavier so typische Sozialkritik kommt bei Tursten nicht mit
dem Holzhammer daher, im Gegenteil - bis auf wenige Äußerungen
z.B. zu Vorurteilen gegenüber Schwulen, die ausnahmslos im Dialog
stehen, findet sie eher im Kopf des Lesers statt, der sich über
das Ge- und Beschriebene hoffentlich so seine Gedanken macht. Zwar
vertut sich die Autorin zweimal mit den Zeitangaben (z.B. sollen
seit dem letzten Fall zwei Jahre vergangen sein, was aber aufgrund
anderer Details nicht stimmen kann), das stört aber den Lauf der
Geschichte nicht. Auch die Übersetzung (schwierig zu beurteilen,
wenn man die Originalsprache nicht spricht und keine Rückschlüsse
ziehen kann) scheint bis auf sehr wenige Stolpersteine sehr gut zu
sein (leider in letzter Zeit keinesfalls mehr eine Selbstverständlichkeit!)
- bis auf die Unsitte, das skandinavische "Du" in ein
deutsches "Sie" zu überführen, wo es für angebracht
gehalten wurde (was ich nicht verstehen kann, denn ein Buch soll
doch immer auch die fremde Kultur vermitteln, oder?). Fazit: wie
auch "Der Novembermörder" und "Der zweite
Mord" wieder ein Buch, was ich jedem Krimileser nur wärmstens
ans Herz legen kann (Reihenfolge beachten)! (Anja)
Bewertung: ****
( * schlecht / ** ganz gut / *** gut
/ **** spitze)
Infos: Erschienen Februar 2002,
446 Seiten, gebunden, btb-Verlag, ISBN 3-442-75065-2
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