Zwei
Menschen - Ein Traum. Fiona und Joe träumen von ihrem eigenen
Laden.
Wir
sind in London, kurz vor 1900.
Fiona
arbeitet als Teepackerin in einer renommierten Fabrik und Joe ist
bei seinem Vater als Verkäufer tätig. Beide sind ehrgeizig und
haben viele übereinstimmende Ideen für ihren weiteren Lebensweg.
Joe ist für Fiona genauso die große Liebe, wie umgekehrt.
In
einer Teedose sammeln sie jeden Kleinstbetrag um 25 Pfund als
Startkapital zusammen zu bekommen. Geld scheint der Ausweg aus
allem Elend, mit dem sie aufgewachsen sind.
Jedoch
arbeiten Zeit und Umstände gegen die beiden Protagonisten. Fionas
Vater wird umgebracht, ihre Familie zerfällt, sie ist gezwungen
sich nach Amerika ab zu setzten, wo sie Entscheidungen für ihren
weiteren Lebensweg treffen muss und sich einen Teil ihres Traums
erfüllt, den eigenen Laden. Nur Joe ist nicht dabei. Der
durchlebt daheimgeblieben in London, berufliche und menschliche Höhen
und Tiefen während die Gewerkschaften um gerechte Bezahlung und
Arbeitsbedingungen kämpfen und Jack the Ripper sein Unwesen
treibt.
Werden
Fiona und Jack trotz ihres Lebens in zwei verschiedenen Welten
doch noch einmal zusammenkommen? Auf eine positive Antwort zu
hoffen ist berechtigt, denn was Fiona auch in New York erreicht,
eines vergisst sie nicht. Sie will Rache, Rache an dem Mörder
ihres Vaters, der sie damals zur Flucht aus England gezwungen
hatte.
Meine
Meinung:
Was
für ein Roman?
Die
Geschichte scheint ähnlich wie Jeffrey Archers 'Der Aufstieg',
(darin geht es auch um einen jungen Mann, der vom Obstkarren zu
einer Kaufhauskette kommt) ist
aber wesentlich dichter und mit mehr liebevollen Details
ausgestattet.
Alle
Szenen erscheinen als Mini-Kompositionen innerhalb eines
Gesamtarrangements. Vor allem die Kleinigkeiten, mit denen die
Autorin die Szenerie spickt sind beeindruckend. Eine Sisyphusarbeit
an Recherche muss dahinter liegen. Tee- und Obst- und Gemüsehandel,
Rosen, Kriminalhistorie, Börse, Amerika in der Goldgräberzeit,
jedes Detail, das erwähnt wird, erscheint nachgeforscht und
perfekt eingepasst in das große Puzzle.
Immer
wenn ich meinte, dass jetzt einfach nur noch mehr Desselben
geschildert werden könnte, also eine Abfolge von Läden, die eröffnet
würden, die Einzelarbeiten für die Ausstattungen, oder die
Personal- beschaffung, überraschte die Autorin mich mit weiteren
Wendungen im Handlungsverlauf und sorgte dafür, dass ich das Buch
atemlos weiterlesen musste. Nirgendwo trat Langeweile auf - Zeit
zum Ausruhen oder Schwelgen in einer Situation blieb nie. So wird
man von guten AutorInnen bei Laune gehalten, auch wenn einige Fügungen
des Schicksals sicherlich übertrieben gut oder böse dargestellt
wurden. Aber gerade, wenn man an das Amerika
dieser Zeit, als Land der unbegrenzten Möglichkeiten, denkt - es
könnte doch so gewesen sein?
Nicht
nur die Szenerie ist gut getroffen, auch die Geschöpfe der
Geschichte sind so menschlich. Außerordentlich erfreulich vor dem
Hintergrund des ausgehenden viktorianischen Zeitalters und von
Liebesgeschichten in anderen Romanen ist Fiona. Die erotischen Szenen haben keinerlei Touch von Prüderie und Fiona
ist niemals das zarte Frauchen, das nicht belastet werden kann.
Die
Teerose, ein liebevoll gezeichneter Roman der uns das ausgehende
19. Jahrhundert im alten England zeigt und das frischen
Amerika im Aufbruch. Das Buch ließ mich nicht ruhen, bis ich die
letzte Zeile gelesen hatte. (Binchen,
Juni 2004)