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Rezension

Filmtitel:
Buchvorlage:
Darsteller:
Regie:
Bewertung:
(* schlecht / ** ganz gut / *** gut / **** spitze)
Cover Zodiac - Die Spur des Killers  

Inhalt:

4. Juli 1969: An diesem Abend wird Michael Mageau von seiner Freundin Darlene Ferrin mit dem Wagen abgeholt, wie schon oft. Das junge Paar fährt raus aufs Land, um vor lästigen Blicken geschützt zu sein, die es in dem kleinen Ort Vallejo, nördlich von San Fransisco, all zu häufig gibt. Als sie auf einem abgelegenen Parkplatz Halt machen, bemerken sie ein Auto, dass mit ausgeschalteten Scheinwerfern hinter ihrem Rücken langsam vorbeirollt. Noch können sie nur ahnen, was geschehen könnte. Die Nervosität steigt, Angst breitet sich aus. Doch dann entflammen die Scheinwerfer und der mysteriöse Wagen verschwindet hinter der nächsten Hügelkuppe. Langsam beruhigen sich das junge Paar, doch dann kommt der Wagen zurück. Diesmal ist das Scheinwerferlicht an. Es blendet die jungen Leute und erst viel zu spät merken sie, dass der Fremde längst ausgestiegen ist. Darlene Ferrin erlag kurz nach dem Angriff ihren Verletzungen. Michael Mageau hingegen überlebte, trotz schwerer Schusswunden in Hals und Gesicht.

Wenige Tage später erhalten die drei größten Zeitungen San Fransiscos den selben Bekennerbrief, dem jeweils einer von drei Codes beigelegt ist. Der Absender verlangt, dass die Codes in der nächsten Nachmittagsausgabe abgedruckt werden sollen, sonst, so droht er, gäbe es weiter Morde. Die kryptischen Zeichen, mittelalterlichen, griechischen und astrologischen Symbole, Buchstaben und Zahlen sollen wertvolle Informationen über den Killer enthalten, der sich selbst Zodiac nennt („Zodiac“ ist der Name einer Uhrenmarke).

Robert Graysmith (Jake Gyllenhaal Brokeback Mountain), Karikaturist beim San Fransisco Chronicle, ist augenblicklich von dem Fall fasziniert. Er ist nur einer von vier Leuten, deren Leben aufgrund des Falles Zodiac zerstört wird. Um an weitere Informationen zu gelangen tut sich Graysmith mit dem abgehalfterten Reporter Paul Avery (Robert Downey Jr. A Scanner Darkly) zusammen, der auf den Fall angesetzt worden ist und alles für eine gute Story geben würde. Auch die Polizisten der Mordkommission William Armstrong (Anthony Edwards) und David Tuschi (Mark Ruffalo) sind brennend an Zodiac interessiert, der weiter mordet und die Zeitungen, mit jedem neuen Bekennerschreiben, mit weiteren Codes versorgt. 

Schon bald ist der erste Code geknackt und offenbart die kranken Abgründe von Zodiacs Psyche. „Ich mag es Leute umzubringen, denn der Mensch ist das gefährlichste Tier von allen.“

Meine Meinung:

Der Film beginnt mit einem Paukenschlag. Schon nach wenigen Minuten ist die Waffe des Mörders gen Kamera gestreckt und er drückt ab; direkt neben der Schläfe des Opfers. Das Blut spritzt gegen die Windschutzscheibe. Das Paar im Inneren des Wagens hat keine Chance. Der Mann feuert mehre Male in die zuckenden Körper. Mit großen blutenden Wunden an Hals und Wange schleppt sich der junge Michael Mageau aus dem Wagen und sinkt an dessen Seite zusammen. Der Killer ist längst verschwunden, als ein Motorradpolizist den Tatort entdeckt – Vorspann.

Selten hat ein Film intensiver und gleichzeitig erschreckender begonnen als David Finchers „Zodiac“. Doch wer nun eine Gewaltorgie wie Fight Club oder Sieben erwartet, bei denen auch David Fincher Regie führte, hat sich geschnitten. Bis auf zwei weitere Morde gibt es keinen Schuss, keine Gewalt mehr. Dieser harte und drastische Einstieg in den Film ist allerdings notwendig, um die Ausmaße des ganzen Falls und den Schrecken den Zodiac unter der Bevölkerung San Fransiscos ausgelöst hat, verstehen zu können, denn der Film basiert auf dem Tatsachenroman von Robert Graysmith – im Film dargestellt von Jake Gyllenhaal – und damit auf den realen Ereignissen im San Fransisco Ende der Sechziger-, Anfang der Siebzigerjahre.

Der weitere Verlauf des Films stützt sich vollends auf perfekt geschliffene Dialoge, die eine ungemein subtile Spannung aufbauen, welche im krassen Kontrast zur Anfangssequenz steht. Dieser Storyaufbau ist vergleichbar mit dem komplett auf Dialogen basierenden Polit-Krimi „Die Unbestechlichen“ mit Robert Redford und Dustin Hoffman, der die Watergateaffäre thematisierte. Getragen wird das ausgefeilte Drehbuch von den großartigen Schauspielern, angeführt von den drei Hauptdarstellern Jake Gyllenhaal, Mark Ruffalo und Robert Downey Jr., der den alkoholkranken Journalisten Paul Avery verkörpert. Eine schwere Aufgabe, denn Downey, einmal vorbestraft, war selbst jahrelang abhängig. Auch Jake Gyllenhaal, sowie Mark Ruffalo liefern eine tadellose Leistung ab, die allerdings auch dringend notwendig war, denn „Zodiac“ ist stark auf seine Figuren zugeschnitten. Bei einer Länge von rund 160 Minuten, in denen fast nur geredet wird, ist es erstaunlich, dass es die Darsteller tatsächlich schaffen, die Spannung über die volle Distanz zu halten und sogar noch weiter zu steigern. – „Nicht viele haben einen Keller in Kalifornien“. Wer den Film gesehen hat, weiß was gemeint ist und musste für dieses Wissen mit viel kaltem Schweiß bezahlen.

Bei der Filmlänge ist es klar, dass Fincher viel Fakten in den Film einfließen lassen konnte, was die Autensität weiter steigert. Und auch sonst bleiben wenig Fragen offen, da „Zodiac“ für den Zuschauer stets verständlich bleibt, im Gegensatz zu vielen anderen Genrevertretern, die auf Fakten basieren. Zum Beispiel „Good Night and Good Luck“ von George Cloony, dem die Kommunistenverfolgung in Amerika Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts zu Grunde liegt und enormes Vorwissen verlangt. Diesen sehr angenehmen Effekt verdankt man der tollen Regie von Hollywoods Regietalent Nr. 1 David Fincher und dem Drehbuch von James Vanderbilt. 

Eine Frage bleibt allerdings offen. Und zwar die Frage nach der Identität des Mörders. Zwar hatte Robert Graysmith lange Zeit den Pädophielen Arthur Leigh Allen in Verdacht, wie auch die Polizei, die sein Haus mehrere Male durchsuchte, doch dieser konnte nie bestätigt werden, denn Allen starb 1992 an Herzversagen – ohne Geständnis. Die Akte Zodiac wurde für immer geschlossen.

Somit ist klar, dass Fincher keinen Mörder und auch kein Happy End liefert. Die Charaktere zerbrechen schließlich an ihrer Besessenheit. William Armstrong ließ sich zum Betrugsdezernat versetzen und ließ seinen Kollegen David Tuschi im Stich, dem der Fall „Zodiac“ schließlich den Job kostete. Paul Avery gab sich vollends dem Suff hin und starb schließlich 2000. Robert Graysmith hingegen schrieb ein Buch: „Zodiac – Auf der Spur eines Serienkillers“. Doch dafür musste er alles aufgeben was er liebte.

Ist „Zodiac“ David Fichers reifster Film? „Nein, es ist höchstens mein reifster Film seit fünf Jahren.“ sagte der Regisseur in einem Interview mit der Filmzeitschrift Cinema (Interview: Roland Huschke; Cinema 06/07). Eine Anspielung auf Finchers letztendlichen Durchbruch mit Fight Club, denn der blutige Thriller trotzt vor unterschwelliger Kritik am Wirtschaftssystem und dem alltäglichen Leben und ist bei genauerem Hinsehen eine abgrundtief düstere Satire. 

Die liebevolle Umsetzung der Geschichte trägt den Rest zu dem, von US Kritikern als Finchers bislang anspruchvollsten Werk gehandelten Film bei. Von den Requisiten, die sich dem Wandel der Zeit anpassen müssen (1969-1992) – man achte nur auf die verschiedenen Ausführungen der Cola-Automaten – über den düsteren Soundtrack von David Shire, der größtenteils mit melancholischen Pianostücken unterlegt ist, bis zu der teils grandiosen Kameraführung. Kurz vor dem letzten Mord, der Zodiac eindeutig zuzuordnen war, an den Taxifahrer Paul Stine, am 11. Oktober 1969, verfolgt die Kamera das Taxi aus der Vogelperspektive durch die Straßenschluchten San Fransiscos. Nichts besonders, möchte man meinen, doch die Kamera dreht sich bei jeder Kurve die das Taxi beschreibt mit. Ein grandioser Effekt, so wie auch der Bau eines Wolkenkratzers im Zeitraffer, um die verstrichene Zeit zu Symbolisieren, oder die Darstellung der Golden Gate Bridge. Außerdem sind die Studiologos am Anfang des Films die alten Varianten der Warner Bros. und Paramount Logos.

Ein spannender Nebeneffekt: Bei einer Kinovorstellung von „Dirty Harry“, mit Clint Eastwood, der 1971 erschien, sind fast alle Hauptcharaktere anwesend. Das Skript von „Dirty Harry“ basiert lose auf dem Fall Zodiac.

David Finchers „Zodiac“ ist eine Perle des altmodischen Thrillers im modernen Gewand. Vollkommen ohne Action und doch geht der Film tief unter die Haut. Der Kammerspiel-Krimi ist großes Schauspielerkino und intelligent noch dazu. (Benni)