Iranische Literatur

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Iranische Literatur

Beitragvon Rachel » Di 3. Nov 2009, 11:05

Hallo Ihr Lieben,

am Wochenende habe ich die Erzählung "Der König der Schwarzgewandeten" von Manuchehr Irani gelesen und nachdem hier im Laufe der Zeit sicherlich noch mehr an iranischer Literatur zusammen kommt, schreibe ich meine Eindrücke mal in einen allgemeineren Thread.

"Der König der Schwarzgewandeten" ist sicher keine einfache Lektüre, sowohl thematisch (es geht um einen Dichter, der eines Tages verhaftet und in ein Gefängnis gebracht wird), als auch durch die zahlreichen Anspielungen auf klassische persische Literatur, die im Text enthalten sind. Glücklicherweise helfen bei der Lektüre zahlreiche erklärende Fußnoten und am Ende des Buches kann man noch eine für den Text zentrale persische Geschichte nachlesen.

Mich hat diese Erzählung wirklich sehr beeindruckt. Die Schilderungen dessen, was der Dichter in dem Gefängnis erlebt, sein Kontakt zu seinen Mitgefangenen, sind schon sehr heftig, gleichzeitig gibt es aber auch immer wieder sehr poetische Stellen.
Auf jeder Seite merkt man beim Lesen die Liebe der Hauptfigur und sicher auch des Autors, zur Literatur. Als der Dichter verhaftet wird, werden auch seine Bücher konfisziert und mit ihm in einem Auto weggebracht. Da denkt sich der Dichter, dass er so, zwischen all seinen Büchern gerne sterben würde, im Gefängnis bitten ihn immer wieder Mitgefangene ihnen Gedichte vorzutragen...

Alles in allem keine einfache, aber, in meinen Augen, eine ungemein lohnende Lektüre, die zeigt, was es hieß, in den 80er Jahren im Iran zu leben. Sehr empfehlenswert.
Liebe Grüße,
Rachel

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Re: Iranische Literatur

Beitragvon JMaria » Di 3. Nov 2009, 12:24

Hallo Rachel,

danke fürs Eröffnen des Threads. Interessiert mich sehr. Auch ich habe das Büchlein "Der König der Schwarzgewandeten" und werde mich dazu äußern, wenn ich es gelesen habe.

Ich hatte schon mal begonnen, doch wegen einer Leserunde wieder abgebrochen. Mein erster Eindruck war, dass der Autor mit drei Farbtönen spielt; schwarz, weiß, grau...

Aber ich kann jetzt nicht sagen, ob sich mein Eindruck im Verlauf des Weiterlesens gefestigt hätte. Mal sehen. :-)

Liebe Grüße
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Re: Iranische Literatur

Beitragvon Hermy » Di 3. Nov 2009, 12:35

Hallo zusammen,

wenn ich von iranischer Literatur lese, muss ich sofort an Marjiane Satrapis „Persepolis“ denken. Ich kenne kein Werk, das eindringlicher die Zustände im Iran beschreibt, was es heisst dort jung und eine Frau zu sein. Dass es sich dabei um keinen Roman im eigentlichen Sinn, sondern um Comics handelt, hilft die Thematiken noch besser zu unterstreichen.

Der Entwicklungsroman der jungen Marjiane setzt sich über vier Fortsetzungen hinweg und ist auch in einem sehr schönen Zeichentrickfilm, den Marjiane Satrapis selbst gedreht hat, zusammengefasst.
Beste Grüsse
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Re: Iranische Literatur

Beitragvon Doris » Di 3. Nov 2009, 13:41

Hallo Rachel,

vielen Dank für das Eröffnen dieses threads.
Ich habe bisher keine iranische Literatur gelesen und freue mich sehr hier auf interessante Tipps zu stoßen.
Ich werde das mit großem Interesse weiter verfolgen. :)

Herzlichst, Doris
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Re: Iranische Literatur

Beitragvon Rachel » Di 3. Nov 2009, 14:25

Hallo Ihr Lieben,

Maria, ja, Farben spielen in der Erzählung durchaus eine große Rolle, auch in der titelgebenden persischen Geschichte. Und alles beginnt ja damit, dass die Hauptfigur sich überlegt, dass er sich wirklich mal ein schwarzes Hemd zulegen sollte, bei all den Beerdigungen. Ich bin schon sehr auf deine Meinung zu der Erzählung gespannt. :)

Hermy, Persepolis kenne ich noch nicht, aber der Comic interessiert mich schon lange.

Doris, schön, dass Du hier auch mitliest.

An Literatur über den Iran kann ich noch wirklich "Lolita lesen in Teheran" empfehlen, aber das habe ich hier ja schon mehrfach getan. :)

Außerdem kann ich das wirklich hervorragende Sachbuch über den Regierungsumsturz 1953 im Iran, "Im Dienste des Schah" von Stephen Kinzer, sehr empfehlen. Liest sich praktisch wie ein Roman und beschreibt eine Schicksalsstunde des modernen Iran, ohne die die iranische Geschichte sicherlich ganz anders verlaufen wäre.

Ansonsten habe ich noch jede Menge, größtenteils englischsprachige Sachbücher über den Iran gelesen, für mein Studium. :)
Liebe Grüße,
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Re: Iranische Literatur

Beitragvon JMaria » Do 31. Dez 2009, 21:27

Hallo Rachel

Rachel hat geschrieben:"Der König der Schwarzgewandeten"

Mich hat diese Erzählung wirklich sehr beeindruckt. Die Schilderungen dessen, was der Dichter in dem Gefängnis erlebt, sein Kontakt zu seinen Mitgefangenen, sind schon sehr heftig, gleichzeitig gibt es aber auch immer wieder sehr poetische Stellen.
Auf jeder Seite merkt man beim Lesen die Liebe der Hauptfigur und sicher auch des Autors, zur Literatur. Als der Dichter verhaftet wird, werden auch seine Bücher konfisziert und mit ihm in einem Auto weggebracht. Da denkt sich der Dichter, dass er so, zwischen all seinen Büchern gerne sterben würde, im Gefängnis bitten ihn immer wieder Mitgefangene ihnen Gedichte vorzutragen...

Alles in allem keine einfache, aber, in meinen Augen, eine ungemein lohnende Lektüre, die zeigt, was es hieß, in den 80er Jahren im Iran zu leben. Sehr empfehlenswert.



ich kann mich deinem Urteil nur anschließen. Die Geschichte spielt in den 80iger Jahren in Teheran und diesem Dichter fehlt ein schwarzes Hemd für eine Trauerfeier, obwohl fast täglich Trauer in der Stadt angesagt ist, durch den Irak-Krieg und durch Folter an Regimegegner. Die Verhältnisse im Gefängnis sind katastrophal; Folter und Hinrichtungen, sogar an Frauen und Mädchen. Die Liebe zu Poesie lässt vieles ertragen. Das erinnerte mich an Marcel Reich-Ranicki, der im Warschauer Ghetto die "Lyrische Hausapotheke" von Erich Kästner als lebensrettend empfunden hat.

Den Anhang fand ich sehr hilfreich. Ebenso der Auszug aus den "Sieben Prinzessinnen". Das Spiel mit den Farben Schwarz und Weiß fand ich beeindruckend.

http://www.perlentaucher.de/buch/9189.html

hinter Manuchehr Irani steckt der Schriftsteller Huschang Golschiri, der 2000 an Meningitis starb.

http://de.wikipedia.org/wiki/Huschang_Golschiri

Liebe Grüße
Maria
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Re: Iranische Literatur

Beitragvon Rachel » Fr 1. Jan 2010, 11:52

Hallo Maria,

schön, dass Du "Der König der Schwarzgewandeten" inzwischen auch gelesen hat und sich dein Urteil mit meinem deckt. Die katastrophalen Bedingungen im Gefängnis haben mich beim Lesen auch sehr schockiert.

Danke auch für die zusätzlichen Links. :)
Liebe Grüße,
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Re: Iranische Literatur

Beitragvon lucy » Fr 1. Jan 2010, 18:30

ich habe im alten Jahrzehnt :lol: ein tolles Buch einer iranisch-amerikanischen Autorin gelesen:

Gina B. Nahai - Die Braut, die im Mondlicht davonflog

**Scheherezade hätte sie nicht besser erzählen können - die schicksalhafte Geschichte von Roxanna, dem schönsten Mädchen des iranischen Ghettos, auf dem der Fluch liegt davonzulaufen Als der wohlhabende Sohrab sie heiratet und von der Armut in sein prunkvolles Haus in Teheran führt, scheint alles gut zu werden. Doch schon während der Hochzeitsfeier verliebt Roxanna sich in den Vater des Bräutigams - und das Verhängnis nimmt seinen Lauf. Hilflos muss Lili, Roxannas kleine Tochter, mit ansehen, wie die Mutter sich eines Abends vom Balkon in die sternenübersäte iranische Nacht stürzt - und davonfliegt. Siebzehn Jahre wird es dauern, bis Tochter und Mutter sich wieder finden und gemeinsam die Vergangenheit überwinden. "Eine Geschichte, die den Leser in ihren Bann schlägt." Publishers Weekly*

Dieses Buch hat mich stark an Hosseinis Drachenläufer erinnert.

Gebe das Buch auch gerne weiter, ist ein HC-Leseexemplar
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Re: Iranische Literatur

Beitragvon Rachel » So 31. Jan 2010, 13:07

Hallo Ihr Lieben,

eine interessante Neuerscheinung beim Unionsverlag:

"Eine iranische Liebesgeschichte zensieren" von Shahriar Mandanipur.

Ein iranischer Schriftsteller ist es leid, immer nur düstere Romane mit tragischem Ausgang zu schreiben. Also beginnt er eine Liebesgeschichte - ein Projekt mit Tücken. Wie erzählen, wenn es den Liebenden verboten ist, sich allein zu begegnen, sich in die Augen zu schauen Wie ein mächtiger Schatten wacht Herr Petrowitsch, der Zensor, über jedes Wort und liest sogar die Gedanken des Schriftstellers zwischen den Zeilen. Also müssen Sara und Dara, das junge Paar aus Teheran, tausend Listen und Tricks ersinnen, um sich zu finden. Ihre Liebe muss sich bewähren gegen Anfeindungen und Gefahren, nicht zuletzt gegen die Verdikte des Zensors, der dem Schriftsteller genau dann in die Tasten fällt, wenn die Zauberkraft der Liebe ihre Wirkung zeigt. Wird es dem Schriftsteller gelingen, die Geschichte von Sara und Dara zu einem glücklichen Ende zu bringen?

http://www.amazon.de/gp/product/3293004 ... d_i=301128
Liebe Grüße,
Rachel

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Re: Iranische Literatur

Beitragvon Wolf » So 31. Jan 2010, 15:09

Hallo zusammen,

danke, Rachel, für Deinen Hinweis auf diese Neuerscheinung. Zum Thema Iranische Literatur fällt mir die Dichterin Forugh Farrochsad ein (der Name wird unterschiedlich transkribiert), die bereits im Alter von 32 Jahren bei einem Autounfall starb. Sie gilt als die bedeutendste Dichterin der persischen Moderne: http://de.wikipedia.org/wiki/Forough_Farrokhzad

Von ihr habe ich einen Auswahlband in deutscher Übersetzung, der in der Bibliothek Suhrkamp erschienen ist: http://www.amazon.de/Jene-Tage-Gedichte ... 518221280/

Sehr beeindruckende Gedichte, die Dichterin war seinerzeit umstritten und wurde auch angefeindet, weil sie für eine (iranische) Frau ein sehr selbstbestimmtes Leben führte, sie schrieb außerdem offen über ihre Gefühle und Vorstellungen, woran sich bestimmte Kreise störten, nach deren Vorstellungen eine Frau nicht laut in der Öffentlichkeit auftreten sollte, sondern still und unauffällig als (Ehe-)Frau zuhause sitzen sollte.

Schöne Grüße,
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