Hallo Ihr Lieben,
bevor ich zu Euren interessanten Postings komme, erst mal meinen aktuellen Lesebericht: Mit W. Somerset Maughams "Der bunte Schleier" bin ich fertig. Ich habe bereits eine
Rezension dazu geschrieben, damit die Eindrücke noch frisch genug sind. Es ist eh schwer genug (unmöglich eigentlich) die zahlreichen Eindrücke festzuhalten und auf den Punkt zu bringen, die bei der Lektüre auf mich eingeströmt sind. Wen meine Gedanken zu dem Buch näher interessieren, kann das im
Thread über Maugham am besten nachlesen, da ich dort sehr ausführlich über meine Lese-Eindrücke berichtet habe. Dort wird sicher deutlich, welch starken Eindruck Maugham auf mich gemacht hat!
Heute Abend habe ich mich direkt für das nächste Buch entschieden, damit ich morgen was zum lesen mit habe auf dem Weg zur Arbeit. Es ist mir schwer gefallen mich nach einem Buch wie dem von Maugham für etwas neues zu entscheiden. Ich hatte ein paar in die engere Auswahl genommen, aber das Rennen hat letztendlich "Winter in Maine" von Gerard Donovan gemacht. Der Grund dafür ist recht simple. Erstens war mir nach etwas Gehaltvollem. So überladen ich auch noch von den Eindrücken des
bunten Schleiers bin, so wenig hätte ich jetzt was allzu schwereloses ertragen (meistens lechzt es mir danach nach einem Kontrast - aber diesmal war es anders, liegt wohl an meiner derzeitigen Lesestimmungsphase). Aber zweitens - und das war dann auch der ausschlaggebende Punkt - wusste ich, dass ich dieses Buch nur in den Winer-Monaten lesen werde, da die Geschichte (wie der Titel schon sagt) ja im Winter spielt. Und das Cover spiegelt auch diese tiefwinterliche verschneite Stimmung wider. Im Frühling hätte ich es nicht mehr lesen wollen. Aber bis zum nächsten Winter wollte ich das Buch auch nicht warten lassen, zumal ich nun auch das Hörbuch davon zu Hause habe. Aber in diesem Fall möchte ich unbedingt zunächst das Buch lesen.
Und die ersten Seiten habe ich eben schon zur Entspannung gelesen. Und bin schon tief ergriffen! So manch ein Satz springt einen an und schnürt einem die Kehle zu. Für alle, die das Buch schon kennen, zur Erinnerung der Satz:
"Eine Million Soldaten wirft man nicht einfach weg."Solch ein Satz (man muss natürlich den Bezug dazu kennen) setzt einem ganz schön zu! Aber auch die Szene in der sein Hund stirbt (damit nehme ich nichts vorweg, denn darum geht es in der Geschichte ja - das verrät jede Inhaltsangabe ja bereits). Das er seinen Kopf an ihn gelehnt hat, damit er wohl loslassen konnte. Das gleiche habe ich mit meinem Kater erlebt. Es hat mich sehr ergriffen, was ich da las. Zumal Gerard Donovan eine so klare und eindringliche Sprache benutzt. Ich bin jetzt schon begeistert und fasziniert!
Nun mit Spoilerschrift noch zwei. Sie verraten nichts. Aber ich möchte auch nicht zu viel Lesevergnügen vorwegnehmen:
Oder der Satz des Vaters: "Was du nicht brauchst, steht dir nicht zu." Eine interessante Lebenseinstellung, die man mal durchdenken sollte. Ebenso einnehmend fand ich die Aussage von Julius, als er versucht sein Leben in einem Satz zusammenzufassen: "Wenn ich men bisheriges Leben in einem einzigen Satz zusammenfassen müsste, würde ich sagen, dass ich seit einundfünfzig Jahren in einer Hütte lebte."Auch faszinierend ist ja die Vorstellung der über 3.000 Bücher, die er von seinem Vater dort in der Hütte stehen hat. Man kann sie sich so lebhaft vorstellen, ebenso die Karteikarten, die der Vater über seinen Bestand angelegt hat. Sehr liebenswert dieses Detail. Aber auch wie die Geschichte erzählt ist. Sehr schöne Sprache. Mich nimmt das Buch gefangen - es war genau die richtige Wahl! Und mal wieder Danke an Doris für den wunderbaren Lesetipp! Denn Du warst die erste von der ich hörte, wie lesenswert das Buch ist. Noch weit bevor es in den Medien überall gelobt wurde.
Zu Wilkie Collins "Die Frau in Weiß":
Josie hat geschrieben:Im Klappentext steht in dieser Ausgabe übrigens folgendes drin:
"Arno Schmidt hat Wilkie Collins für den deutschen Sprachraum neuentdeckt. In seiner brillanten Übersetztung ist es ihm gelungen, den leicht altertümlichen Tonfall des Originals im Deutschen zu erhalten."
Vielen Dank, Josie, dass Du dieses Zitat hier benennst. Ich könnte mir wirklich vorstellen, dass mir die Übersetzung somit liegt. Denn ich mag es meistens - wenn es gut gemacht ist - wirklich gern, wenn eine Übersetzung den Tonfall des Originals noch irgendwie erhält. Es ist selbstverständlich immer eine Gratwanderung. Aber ich tendiere da wirklich auch eher zu den nicht allzu modernen Übersetzungen.
Bei Tolstois "Anna Karenina" gibt es ja - hatten wir kürzlich mal diskutiert - auch eine neue, die gerade bei Hanser erschienen ist. Sie soll flott sein. Mir ist sie vom reinlesen her vielleicht ein bisschen zu flott. Das ist natürlich immer absolute Geschmackssache.
Binchen hat geschrieben:Der Herr Schmidt hat also nicht für mich übersetzt. - und ja- liebe Petra - Herr, Frau Fräulein ... - so ist es leider ... *grusel*
Wobei mir das auch ein Hemmnis sein wird! Das finde ich gleich mit gruselig! Schade! Aber ansonsten fand ich es vom reinlesen her sprachlich wirklich sehr schön, eben weil es etwas altertümlich daher kommt. Aber Herr, Frau, Fräulein hätte ich jetzt nicht vermutet... wenigstens Danke für die Vorwarnung! So weiß ich, dass es da etwas gibt, worüber ich hinwegsehen muss!
Wie gefällt Dir denn
die Frau in Weiß von der Geschichte her bis jetzt?
Josie, Dir gefällt die Gestaltung der Gilbert Adair-Bände also auch so ausgesprochen gut? Mir auch! Der "Blindband" ist doch auch in schwarz-weiß (ich glaube mit Tupfen) gehalten und mit orangefarbener Umrandung, richtig? Seine Evadne Mount-Krimis sehen auch so aus. Mich spricht das sehr an!
Und ich sehe es auch so: Sobald Du Dir das Buch nachgekauft hat, wird es vielleicht wieder auftauchen. (Könnte mir auch passieren!

)
Dass Dir "Der Schatten des Windes" so gut gefällt, freut mich ja! Mir hat es damals auch sehr gefallen. So stimmungsvoll mit so viel Liebe für Bücher und so allmählich aufgebaut. Der Autor nimmt sich Zeit und erwartet diese auch von seinem Leser. Ich habe sie mir für ihn gern genommen. Schön dass es Dir auch so geht!
Um die verlorene Lesezeit der letzten Jahre (ich hatte ja auch mindestens 2 Jahre) tut mir auch leid. Aber es ist nicht mehr abzuändern. Gut ist nur, dass wir zum Lesen zurückgefunden haben, nicht wahr Josie? Und umso wichtiger ist es mir, meine Lesezeit nicht mit Bücher zu vergeuden, die mich nicht ganz so begeistern. Wie gut, dass ich es mir inzwischen erlaube, sie abzubrechen. Aber zum Glück habe ich einen wirklich guten Griff mit meiner Lektüre entwickelt. Nicht zuletzt durch die tollen Empfehlungen hier, bei denen immer ausführlich vorgegangen wird, so dass man für sich abwägen kann, ob es wohl zum persönlichen Lesegeschmack passt oder nicht.