Hallo Petra,
es gibt 2 Hoerbuecher zur „Wand“ von Marlen
Haushofer. Waehrend Elisabeth Schwarz eine gekuerzte Fassung liest [ich kenne diese inzwischen und mag ihre Stimme sehr gerne], gibt es auch eine ungekuerzte mit Julia Sternberger. Diese ist allerdings nicht mehr bzw. noch nicht wieder verfuegbar:
Hoerbuch „Die Wand“, ungekuerzte LesungDen Film haette ich mir, glaube ich, sehr gut in schwarz/weiss vorstellen koennen [ich musste, im Hinblick auf die Zusammenwirkung von Landschaftsdarstellung mit unterlegter Musik ganz unwillkuerlich an die Filme von
Andrej Tarkowskij denken, in denen die Natur ja auch sehr oft in unvergesslichen Bildern geradezu „zelebriert“ wird, aber das doch
deutlich anders, sehr oft in scharz/weiss bzw. monochromen Farben, was die Wirkung durch die Reduktion noch enorm verstaerkt], und diese formale
Reduktion haette ihm wohl gut getan. Die in Farbe gezeigten wunderschoenen Bilder idyllischer Berglandschaften, zusammen mit der betoerend schoenen Musik von Bach bringen den Stoff meiner Meinung nach sehr bedenklich in die Naehe des
Kitsches. Dies hat vielleicht den Vorteil, dass die Geschichte dann leichter "verdaulich" [und damit auch „massenkompatibel“] wird. Dies unterstuetzt moeglicherweise gerade auch die Lesart des Stoffes als "Robinsonade" [was er in meiner persoenlichen Lesart so gar nicht ist]?
Was dem Film meiner Meinung nach fehlt, ist das Sichtbarmachen der Seelenlandschaften. Und hier ist die durchgaengige Stimme aus dem "Off" fuer mein Empfinden deutlich zu wenig.
Mich interessiert nun sehr, was der Film an Wichtigem weggelassen hat, wo er die eigene Deutung moeglicherweise einschraenkt oder zu sehr in eine bestimmte Richtung lenkt.
Immerhin war es gut, den Film gesehen zu haben, denn so bin ich auf das Buch neugierig geworden...
Ich war auf der
Webseite zum Film
und hab dort ein wenig gelesen. Manches hat mich schon sehr gewundert, auch befremdet. So z. B., dass dieses Buch zu den Lieblingsbuechern der Oesterreicher und Deutschen gehoert und zum "Kultbuch der Emanzipations- und Friedensbewegung" geworden ist ["Kult" ist eines der Woerter, das ich so gar nicht mag, und am allerwenigsten im Zusammenhang mit Kunstprodukten. Es macht mir das Produkt von vornherein verdaechgtig]. Wie denn das??
Auch das will ich versuchen herausfinden, indem ich das Buch lese.
Nun weiss ich sicher noch viel zu wenig ueber das Leben von Marlen
Haushofer. Wie ich gelesen habe, uebergab sie das Manuskript ihrem Mentor Hans Weigel als "Katzengeschichte". Da diese "Wand" letztendlich abstrakt bleibt, bietet der Stoff meiner Meinung nach eine ideale Projektionsflaeche fuer die eigene Unzufriedenheit mit dem Leben, fuer tiefe Sehnsuechte und Aengste, fuer die Erfahrung von Verlust und innerer Einsamkeit und auch unausfuellbarer Leere [und das trotz Facebook und unzaehliger Online-Foren]...
Die "Wand" kann sicher dazu anregen, ueber das eigene Leben nachzudenken. Den eigenen Waenden in uns nachzuspueren, die uns von einem zufrieden[er]en und erfuellt[er]en Leben trennen. Waende, die ohne unser Zutun entstehen, und jene, die wir selbst errichten.
Jetzt aber genug von meiner Seite zu diesem Thema. Ich spuere, dass mich die "Wand" weiterhin sehr beschaeftigen wird [wie schoen, dass manche Buecher und Filme dies vermoegen!!].
Endgueltig abschliessend einige Saetze aus der „Wand“, die mich sehr beruehren:
"Ich suchte nicht mehr nach einem Sinn, der mir das Leben ertraeglicher machen sollte. [...] Seit meiner Kindheit hatte ich es verlernt, die Dinge mit eigenen Augen zu sehen, und ich hatte vergessen, dass die Welt einmal jung, unberuehrt und sehr schoen und schrecklich gewesen war. [...] Die Einsamkeit brachte mich dazu, fuer Augenblicke ohne Erinnerung und Bewusstsein noch einmal den grossen Glanz des Lebens zu sehen"
Zitiert nach:
Daniela Strigl [Wien]Edit
Nach nochmaliger Beschaeftigung mit dem Film komme ich jetzt zu dem Ergebnis, dass die visuelle Umsetzung der Romanvorlage eher gescheitert ist. Ich bin nun wirklich sehr gespannt auf das Buch...
Zuletzt geändert von Lilywhite Lilith am Di 28. Mai 2013, 00:09, insgesamt 5-mal geändert.