von JMaria » So 8. Mai 2011, 10:33
Hallo zusammen,
ich habe "Karnak-Cafe" von Nagib Machfus reingeschoben. Mein erstes Buch von diesem Autor, der 1988 den Literaturnobelpreis erhielt.
Die Gegensätze der Männer und Frauen, die sich in diesem Cafe im Jahr 1967 treffen, könnten nicht größer sein. Alt und Jung, Arm und Reich treffen sich dort. Die unterschiedlichsten Meinungen werden dort diskutiert. Die Studenten und auch die Alten glauben an die Revolution, wenn auch die Alten gerne sagen, dass nicht alles schlecht war vor 1952. Doch dann verschwinden drei junge Stammgäste; und das mehrmals; bei jeder Rückkehr sind sie stiller und verstörter, erst gegen Ende kommen zwei der Studenten zu Wort und erzählen ihre Erlebnisse, von der Folter und den Befragungen.
dieses Gegenüberstellen von Alt und Jung, Vergangenheit und Gegenwart, das Cafe als Symbol; denn in Karnak steht die größte Tempelanlage; auch ein Sinnbild für die Befreiung aus der Kolonialzeit; und nun die Zeit nach der Revolution. Ein Staat der seinen Kindern mißtraut und mißbraucht. Die Verunsicherung nach dem verlustreichen Sechstagekrieg, bestimmt den Alltag. Wo liegt die Zukunft? Im Kommunismus, im Sozialismus, in der Religion, in der freien Marktwirtschaft, oder doch nur wieder Korruption und Polizeistaat? Die Zukunft bleibt im Roman offen.
Wie aktuell ist dies noch heute. Da fragt man sich, wie die jüngste Revolution enden wird, ob die gleichen Fehler wieder gemacht werden. Die Zeitungsberichte vom heutigen Tag über die Gewaltexzesse in Kairo zwischen Moslime und Christen stimmen nachdenklich.
Vielleicht sollten die Ägypter sich den Themen ihres großen Schriftstellers besinnen.
Auszug aus dem Roman "Karnak-Cafe" aus dem Kapitel "Zainab Dijab":
Sie sprach darüber, wie fest sie von den errungenschaften der Revolution überzeugt gewesen war und dass auch die Verhaftung diese Überzeugung nicht erschüttern konnte. "Trotzdem hatte sich etwas verändert. Vor der Verhaftung haben wir gedacht, dass für uns, stark und mutig, wie wir sind, keine Grenzen existieren. Aber danach mussten wir uns eingestehen, das es durchaus Grenzen gibt, und das hat uns viel von unserem Mut und unserem Selbstbewußtsein genommen. Das Hoffen darauf, dass die Zeit es richten würde und alles immer besser werden würde, stellte sich als Illusion heraus. Wir mussten die bittere Erfahrung machen, dass es einen Gewaltapparat gab, der sich über alle Gesetze hinwegsetzen und alle humanistischen Werte mit Füßen treten konnte.
Grüße von
Maria
Schöne Grüße, Maria
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