von Petra » Do 7. Apr 2022, 09:05
Ich bin glücklich, dass ich ausgerechnet jetzt den Roman “Der Gesang der Berge“ von Nguyễn Phan Quế Mai entdeckt habe.
Der Roman erzählt von Krieg. In diesem Fall dem Krieg in Vietnam. Doch wie ähnlich sich alle Kriege sind, zeigt sich vor dem Hintergrund des aktuellen Krieges in der Ukraine.
Nguyễn Phan Quế Mai wurde 1973 in den auslaufenden Vietnamkrieg hineingeboren, und hat die Auswirkungen des Krieges erlebt. Sie widmet das Buch ihrer Familie mit folgenden Worten:
“Für meine Großmutter, die an der großen Hungersnot verstarb; für meinen Großvater, der ein Opfer der Landreform wurde, und für meinen Onkel, dem der Vietnamkrieg die Jugend nahm. Für die Millionen von Menschen, Vietnamesen und Nicht-Vietnamesen, die im Krieg ihr Leben verloren. Möge unser Planet nie wieder eine bewaffnete Auseinandersetzung erleben.“
Im Angesicht der jüngsten Ereignisse in Europa verursachen die Worte eine große Traurigkeit. Die Menschen lernen nichts dazu.
Der Roman setzt 1972-1973 ein, im erbarmungslosen Bombenangriff der USA auf Hà Nội. Die zwöfljährige Huʾoʾng ist in der Obhut ihrer Großmutter, da ihre Eltern auf den Schlachtfeldern sind. Ihr Vater kämpft seit vier Jahren, über seinen Verbleib ist nichts bekannt, und ihre Mutter, Ärztin, begibt sich in den Süden, um ihren Mann zu suchen und ihr Volk als Ärztin zu unterstützen. Huʾoʾng und ihre Großmutter müssen fliehen, als immer und immer wieder die amerikanischen B-52-Bomber Hà Nội angreifen, und die Stadt in Schutt und Asche legen, so dass sie selbst in den Bunkern nicht mehr geschützt sind. Sogar Schulen und Krankenhäuser bombardieren die Amerikaner. Die Großmutter erzählt ihrer Enkeltochter von ihrer eigenen Kindheit im Jahr 1930, während der Besetzung Vietnams durch die Franzosen, die Invasion der Japaner im zweiten Weltkrieg, der Hungersnot, der Landnahme.
All das kommt einem gerade so bekannt vor. Selbst die Gründe weisen Parallelen auf: der Westen gegen den Osten, wie jetzt indirekt der Osten gegen den Westen.
Später führt der Roman in die folgenden Jahre und die Auswirkungen des Krieges.
Dem schrecklichem Thema zum Trotz ist dieser Roman wunderbar zart. Nguyễn Phan Quế Mai besitzt großes erzählerisches Talent. Die Figuren ihres Romans, anhand derer sie die Geschichte ihres Landes und des Volkes erzählt, gehen einem nahe und zu Herzen. Ein wunderbares Buch, von Beginn an. Ich freue mich darauf es zu lesen.