John Dickson Carr bzw. Carter Dickson (1906-1977)

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John Dickson Carr bzw. Carter Dickson (1906-1977)

Beitragvon Hastings » Mi 17. Jul 2024, 21:09

Hilfe!

In der Begeisterung über den Anthony Berkeley habe ich den zweiten heutigen Posteingang - "Tennisspieler und Seilakrobaten" von Carter Dickson bzw. John Dickson Carr - erst jetzt geprüft und mußte feststellen, daß die erste Seite komplett fehlt! Ist natürlich blöd, wenn der Einstieg so erschwert wird...

Daher meine Frage: Hat hier zufällig jemand dieses Buch und kann mir verraten, wie das erste Kapitel anfängt? Es erschien auch - neben der mir vorliegenden Scherz-Ausgabe - unter dem Titel "Mord am Netz" bei Ullstein.

Für jedwede Hilfe wäre ich sehr dankbar!
Hastings
 
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Re: John Dickson Carr bzw. Carter Dickson (1906-1977)

Beitragvon Hastings » So 21. Jul 2024, 10:28

Unabhängig vom Ärger über den letzten Einkauf ein paar Worte zum Autor:

John Dickson Carr ist natürlich ein Klassiker, allerdings einer der verspielteren und nicht gerade realistischen Art. Die Settings sind oft überzeichnet und wie dem gothischen Schauerroman entnommen, die Verbrechen hochkompliziert (und teilweise einfach absurd) konstruiert, und abseits der Detektivfigur - ob sie nun Dr. Gideon Fell, Henry Bencolin oder Sir Henry Merrivale heißt, spielt keine Rolle - sind die Charaktere eher schablonenhaft. Macht aber nichts, da die Geschichten mit derart viel Ironie serviert werden, daß die Lektüre einfach Spaß macht. Carrs besondere Spezialität war das "Closed Room Mystery", über das er seinen Helden Dr. Fell (den er übrigens seinem guten Freund und Kollegen Gilbert Keith Chesterton, dem Erfinder von "Pater Brown, nachempfand) in seinem Roman "Der verschlossene Raum"/"Der Unsichtbare" sogar ein ganzes Kapitel lang schwadronieren läßt ("Locked Room Lecture"). Auch hatte Carr eine Schwäche für Spukgeschichten, mit denen er vielen seiner Geschichten einen übersinnlichen Hintergrund implementierte, der sich am Ende freilich stets als Theater des Mörders herausstellte (große Ausnahme: "Die Schnur mit den neun Knoten"/"Die Doppelgängerin"). Und wenn es für das Funktionieren einer Geschichte erforderlich war, daß sich unter dem Rhein(!) ein Tunnelsystem von Geheimgängen befindet, dann war das eben so (siehe "Die Schädelburg"/"Tod im Flammentanz")!

Auch im Hörspielbereich war Carr recht rührig, adaptierte etwa Werke von so berühmten Kollegen wie Edgar Allan Poe oder schickte Dr. Fell in alternativen, oftmals aus seinen Büchern oder Kurzgeschichten recycleten Storylines auf Mörderjagd.

Carr wurde zwar nicht komplett, aber ziemlich regelmäßig übersetzt und neu veröffentlicht, erst in den letzten Jahren war diesbezüglich Sendepause. Nach der großartigen "DuMonts Kriminal Bibliothek", die immerhin 9 Bände von Carr in tadelloser Neuübersetzung enthielt, kamen nur noch zwei lange vergriffene Titel beim berüchtigten Apex-Verlag heraus, "Das Zimmer der roten Witwe" und "Die schmutzige Stadt", die sich durch alte, gekürzte Übersetzungen und schlampiges Lektorat "auszeichnen". Leider stellen sie derzeit die einzige Möglichkeit abseits des Second Hand-Marktes dar, an diese Titel zu kommen. Auch hier wäre eine Neuauflage speziell der selteneren Titel mehr als wünschenswert.
Zuletzt geändert von Hastings am Mi 24. Jul 2024, 20:40, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: John Dickson Carr bzw. Carter Dickson (1906-1977)

Beitragvon JMaria » Di 23. Jul 2024, 12:05

Hallo Hastings,

wenn alle Stricke reißen kann du hier die erste/ersten Seite/n im Original lesen:

The Problem of the Wire Cage
https://archive.org/details/problemofwi ... 2/mode/1up

Ich lese immer wieder gern die Serie mit Gideon Fell. Er bringt mich zum Schmunzeln. :breit_grins:
Schöne Grüße, Maria
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Re: John Dickson Carr bzw. Carter Dickson (1906-1977)

Beitragvon Hastings » Mi 24. Jul 2024, 20:42

Hallo Maria,

danke, das bringt mich doch schon mal weiter!

Habe mich gerade erst durch "Die schmutzige Stadt" gequält und brauchte wieder etwas besser übersetzte Ware. Und dann dieser Vandalismus...
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Re: John Dickson Carr bzw. Carter Dickson (1906-1977)

Beitragvon Hastings » So 8. Sep 2024, 11:17

"Tennisschläger und Seilakrobaten" (a.k.a. "Mord am Netz")

Nach einigen Startschwierigkeiten, die den Beginn der Lektüre verzögerten (s. o.) nahm die Angelegenheit doch noch ein Happy End, da ich die fehlende Seite als Scan von einem sehr netten Krimifan bekam.

Ein nettes Problem hat Carr sich hier wieder ausgedacht, ein Mordopfer auf einem Tennisplatz, an das anscheinend niemand herankam, ohne Spuren zu hinterlassen, und doch liegt da nun diese verflixte Leiche. Nicht, daß Frank Dorrance viele hinterhertrauern würden (abgesehen von seinem Vormund Dr. Young, der ihn als Ehemann für sein zweites Mündel Brenda eingeplant hatte), aber Inspektor Hadley von Scotland Yard hat halt keine andere Wahl...

Tatsächlich gehört dieser Fall eher Hadley, der sich durch zahlreiche Lügengespinste arbeiten muß (und die Wahrheit doch nicht sieht), denn Dr. Fell schlappt zwar anfangs mit ihm über den Tatort, verschwindet dann aber bis zur Auflösung wieder komplett, während viel Raum auf Franks gar nicht mal so traurige Ex-Verlobte Brenda White und ihren neuen Galan, den Rechtsanwalt Hugh Rowland entfällt, die in eigenem Interesse den Mörder jagen, haben sie doch beide am Tatort rumgemurkst, um sich nicht in Verdacht zu bringen und damit erst recht Hadleys Mißtrauen erregt. Bald gibt es zwar einen offenkundigen Hauptverdächtigen, doch daß es in Krimis aus dem "Golden Age" niemals so einfach ist, weiß der Kenner natürlich sofort. Carr hat am Ende auch eine Überraschung parat, nämlich daß die Auflösung diesmal nicht ganz so absurd-phantastisch ist wie in anderen seiner Romane, und auch das Setting ist diesmal überraschend modern (für die damalige Zeit) und frei von seinen sonst gern verwendeten Schauerelementen.

Mir lag, wie gesagt, die Übersetzung von Karl Hellwig aus dem Scherz Verlag vor, die gegenüber der Erstausgabe von 1941 vermutlich deutlich eingekürzt wurde, da die englische Ausgabe knapp 100 Seiten mehr hat, was nicht allein mit verändertem Schriftsatz zu erklären ist, die Handlung wirkt manchmal etwas arg sprunghaft und ein paar (wenn auch unwesentliche) Fragen bleiben am Ende offen. Dennoch ist sie der späteren, noch dünneren Ullstein-Ausgabe deutlich vorzuziehen, da hier immerhin noch die Namen der Charaktere stimmen...

Freunde von Carr kommen jedenfalls voll auf ihre Kosten, auch wenn Dr. Fell - zumindest in der deutschen Ausgabe - etwas zu kurz kommt.
Hastings
 
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