von JMaria » Di 7. Feb 2012, 17:10
Hallo zusammen,
den 1. Part der Kurzprosa im Sammelband "Das Mal an der Wand" habe ich beendet:
Phyllis und Rosamond
Der mysteriöse Fall von Miss V.
Das Tagebuch der Mistress Joan Martyn
Ein Dialog auf dem Berg Pentilicus
Memoiren einer Romanautorin
Dies sind Geschichten die Virginia Woolf im Alter zwischen 24 und 35 Jahren schrieb (1906 - 1916) und ich vermute mal, der Umzug nach Bloomsbury 1905 war so was wie ein Startsignal für diese Kurzprosa, denn in zweien (Phyllis und Rosamond // Memoiren einer Romanautorin) wird Bloomsbury erwähnt; ein Wohnort, der eine gewisse Freiheit aus den engen Korsett der gesellschaftlichen Konventionen versinnbildlicht, das sie wohl beflügelte:
besonders gut gefiel mir "Das Tagebuch der Mistress Joan Martyn":
Es ist eine Geschichte in einer Geschichte;
eine Historikerin, Miss Rosamond Meridew, 45 Jahre, deren Forschungsthema das System der Landpacht im England des Mittelalters ist, durchquert Norfolk auf der Suche nach Manuskripte über Landbesitz im 13. bis 15. Jahrhundert und findet in einem Herrenhaus ein Tagebuchmanuskript, das ein Jahr aus dem Leben einer jungen Frau aus dem Mittelalter aufzeichnet.
Dadurch wechselt die Erzählperspektive.
Die nüchterne Erzählerin, Miss Rosamond Meridew, die der akademischen Welt der viktorianischen Häuslichkeit den Vorzug gab, weicht den Aufzeichnungen der jungen Mistress Joan Martyn, dessen Tagebuch aufgeteilt ist in verschiedenen Jahreszeiten und Lebensabschnitte. Vom Heranwachsen und der Unterweisung durch die Mutter für ihr künftiges Leben als Herrin eines Landsitzes, aber auch von romantischen Träumen, ausgelöst durch einen Troubadour, bis zur angekündigten und arrangierten Hochzeit mit einem Nachbarn, so dass der Besitz vergrößert wird. Im Mittelpunkt der Kurzprosa steht die Frau in ihrer damaligen Stellung, nicht unwichtig für den Haushalt und dem Verwalten des Landbesitzes, jedoch definiert sich die Stellung der Frau durch den Mann, auch wenn dieser meist aus dem Haus ist um Schlachten zu führen oder Geschäfte in der Stadt ausübt. Die Ehefrau wacht über seinen Besitz. Das Tagebuch endet am Tag der Hochzeit.
Die Problematik in der Kurzprosa ist, dass man sich unweigerlich wünscht, mehr über die einzelnen Geschichten zu erfahren, aber es ist auch spannend, die Entwicklung der Autorin zu verfolgen.
Der 2. Part umfasst die Jahre 1917 – 1921
Schöne Grüße, Maria
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