Hallo Ihr Lieben,
bevor ich zu Euren - sehr interessanten aktuellen oder gerade gehörten Hörbüchern komme - erst mal mein Bericht:
Nachdem ich gestern Martin Walkers "Bruno. Chef de Police" beendet habe (fand ich nach wie vor nett, aber für mich nicht der 100%ig richtige Zeitpunkt für diese beschauliche Geschichte - dennoch, durchaus sehr nett und hörenswert!), wollte ich etwas, was auf mich einen stärkeren Hörsog ausübt. Ich habe zu Andreas Maria Schenkels "Bunker" gegriffen. Ich kenne von der Autorin noch nichts, habe somit noch das hochgelobte "Tannöd" vor mir, auf das ich mich sehr freue.
"Bunker" - das ist mir ziemlich schnell klar geworen - gefällt mir als Hörbuch besser als es mir als Buch gefallen würde. Ich habe mir auch über mögliche Gründe dafür Gedanken gemacht. Ich denke es liegt daran, dass es im Grunde ein Kammerspiel ist. Die Handlung wird von zwei Personen bestritten. Man schlüpft mal in die Gedankenwelt des Opfers (einer entführten Frau) und mal in die Gedankenwelt des - so scheint mir - Täters (ein Mann). Man erlebt mit diesen Figuren alles in der Jetzt-Zeit, d. h. man durchlebt die Situationen mit ihnen in Echt-Zeit. Das heißt aber in dem Fall auch, dass es sehr eintönig ist. Die entführte Frau versucht zu verstehen, was der Mann von ihr will, versucht zu entkommen, kämpft gegen ihre bestialischen Kopfschmerzen an, die von einem Schlag seinerseits herrühren. Man spürt ihre Angst. Verfolgt ihre Gedanken mit, wie sie ihm verflixt noch mal entkommen könnte. Manchmal (wenn sie bewusstlos wird) weiß man - genau wie sie - erst mal nicht wo man sich befindet...
... Die Stellen die aus der Sicht des Mannes erzählt/erlebt werden, sind für mich noch etwas undurchsichtig. Aber da geht es ähnlich zu.
Würde ich solch ein Buch lesen, wäre es mir sehr langweilig. Zeile um Zeile, Seite um Seite zu überlegen, was der Mann von mir will und wie ich ihm entkommen könnte. Nach Möglichkeiten suchen, aus dem Bunker, in dem man festgehalten wird zu entkommen, wäre mir wirklich fade! Aber komischer Weise ist es das in Form eines Hörbuchs (DIESER Machart - wohlgemerkt) gar nicht. Im Gegenteil, es entsteht eine beklemmende Atmosphäre, man spürt die Angst, die Beklemmung, die Panik...
Das liegt sicher auch an der Machart des Hörbuchs. Es ist mit verteilten Rollen gesprochen. So wird es auch akustisch zu einem Kammerspiel. Zudem wird durch die jeweilige Stimme schon klar, in welcher Figur wir uns gerade befinden. Das erklärt die Szenenwechsel vollkommen mühelos. Man findet sich zurecht ohne Erklärungen. Zudem sprechen sowohl Andrea Sawatzki als auch Rufus Beck ihre Rolle sehr, sehr gut! Absolut eindringlich und beklemmend. Sie fühlen sich richtig in ihre jeweilige Rolle ein und übermitteln all das direkt an den Hörer! So gut/authentisch könnte ich mich nicht in das Buch einfühlen. Oder würde mir die Mühe nicht geben - eher gesagt. Andrea Sawatzki und Rufus Beck geben sich diese Mühe aber und werten die Vorlage dadurch - so glaube ich - um einiges auf!
Ein Blick zu den Amazon-Rezensionen bestärkt mich in der Vermutung. Denn die Kritiken, die sich auf das Buch beziehen fallen um einiges schlechter aus, als die, die sich auf das Hörbuch beziehen. Das sagt mir zwei Dinge:
1.) Das Hörbuch verbessert das Buch noch um einiges, bzw. nimmt dem Hörer die Arbeit ab, die Geschichte im Kopf richtig wirken zu lassen.
2.) Die sehr schlechten Kritiken zum Buch sind vielleicht damit zu begründen, dass nicht die Autorin unbedingt völligen Quatsch abgeliefert hat, sondern man sich als Leser nicht die Mühe gibt, die sich die beiden Sprecher hier geben.
Das finde ich mal sehr interessant. Das zeigt mal wieder, dass manchmal ein Hörbuch auch besser als das Buch sein kann. Bzw. für einen persönlich den Text zugänglicher machen, als man es selbst vermocht hätte.
Ich denke jedenfalls mir wäre es mit dem Buch gegangen wie den meisten Rezensenten: WAS SOLL DAS? WAS WILL DIE AUTORIN MIT DIESEN SZENEN ÜBERHAUPT ERZÄHLEN? Im Hörbuch stelle ich mir diese Fragen viel weniger. Denn die Sprecher machen es so interessant, dass ich wie gebannt zuhöre, obwohl die Handlung ja keinen Deut interessanter ist als sie es im Buch ist. Sehr interessant finde ich das. Ein aus allein dieser Sicht schon spannendes Hör-Erlebnis!
Ich bin mit der 1. von 4 CDs fast durch (noch 1 1/2 Tracks). Mal sehen wie mir das Hörbuch weiter und dann abschließend gefällt.
Und nun zu Eurem Hörstoff:
@Britti: Ja, Agatha Christies "Ungebetener Gast" wird von Hans Eckardt gesprochen. Er ist für mich auch ein hervorragender Sprecher und für Agatha Christie-Krimis auch einer meiner Favoriten! Mir hat am allerbesten mit ihm "Mausefalle" gefallen - man, war das gut!

Viel Spaß noch mit dem ungebetenen Gast! Ich fand auch das sehr gut! Wenn ich auch irgendwann hinter die Geschichte kam. Sehr gut gemacht!
@Elke: Von "Wenn er kommt dann laufen wir" musst Du unbedingt berichten. Es hört sich so spannend an!
Ich werde mal sehen, ob ich "Der Geschmack von Apfelkernen" lieber höre oder lieber lese. Ich tendiere fast mehr zum hören. Könnte mir vorstellen, dass mir das reicht. Und da die Sprecherin ihre Sache offenbar gut macht, kann das so falsch nicht sein. Zumal ich das Hörbuch zu Hause liegen habe - im Gegensatz zum Buch.
@Binchen: Dass Dir "Das Lügenhaus" nicht gar so gut gefallen hat, habe ich in Deiner Rezension gerade schon gelesen. Ich könnte mir vorstellen, dass es aber für mich dennoch etwas ist, da mich die düstere Stimmung dort vermutlich weniger stören wird als Dich. Für mich macht es die Geschichte sogar sympathischer. Ich habe ja eher meine Probleme mit den zu "süßlichen" (Familien-)Geschichten. Wie auch immer: Sollte es mir doch nicht behagen, so werde ich einfach aufs Hörbuch umschwenken. Denn von dem Buch kommt ja bald auch ein Hörbuch heraus.
