Hallo zusammen,
Der Tod von
Peter Kurzeck war für mich Anlass,
”Oktober und wer wir selbst sind” anzufangen. Ich wurde vor einigen Monaten durch Lilith hier im Forum auf Peter Kurzeck neugierig, und hatte mir dieses Hörbuch von ihm gekauft. Eigentlich ist „Übers Eis“ innerhalb von Kurzecks autobiografischen Romanzyklus das erste Buch. „Oktober und wer wir selbst sind“ liegt jedoch zeitlich vor „Übers Eis“, in dem er sich an die Zeit der Trennung von seiner Frau erinnert. „Oktober und wer wir selbst sind“ liegt ein paar Monate vor diesem Zeitpunkt.
Es ist sehr schade, dass der autobiografische Romanzyklus nun nicht mehr vollendet werden kann. Seit ich das Hörbuch höre, bedaure ich aber noch mehr, dass er die schon vorhandenen Teile nicht mehr alle sprechen kann. Denn ich finde, dass seine Texte dadurch zu etwas ganz besonderem werden. Er verströmt eine besondere Melancholie. In seiner Stimme liegt stets was verwundertes und bedauerndes, als stünde er da, und betrachte die Zeit und was innerhalb der Zeit geschieht (alltägliches), und schaue jeder Szene nach mit einem Bedauern, dass er schon wieder Abschied nehmen muss. Dann schwingt die Stimme wieder in Erwartung um. Erwartung auf das, was er als nächstes betrachtet, und auch das zieht wieder vorbei. Wie die Zeit und das Leben nun mal ist. Ein steter Fluss.
Im Nachruf in der
ZEIT Online steht sehr treffend zu Peter Kurzecks Vortragekunst:
“Wer in seinem Leben jemals einen Peter Kurzeck-Erkenntnismoment hatte, darf sich glücklich schätzen, denn ab diesem Augenblick beginnt die Welt sich zu verwandeln und einen ganz eigenen Tonfall anzunehmen, den von Peter Kurzeck, diesen melodiösen, leicht singenden Tonfall, bei dem sich die Stimme am Satzende hebt, um zu signalisieren, dass es noch weitergeht, dass es immer weitergeht mit dem Anschauen, Erinnern, Beschreiben.“Doch nicht
nur in seiner Stimme, sondern auch in seinen geschriebenen Sätzen spürt man diese Melancholie, die das verrinnen der Zeit so getroffen widerspiegelt. Sätze wie
„So früh schon Herbst? Kein Nachsommer dieses Jahr?“ spiegeln das verrinnen der Zeit, der Jahreszeiten, der Erinnerungen an die Gefühle und Ereignisse berührend wider.
Bei
Wikipedia steht, dass es Peter Kurzeck darum ging, gelebte Zeit zu konservieren. Das finde ich treffend.
An einer Stelle erinnert Kurzeck sich daran, dass seine Frau mit Bedauern seine Absicht vernimmt, wieder zu schreiben. Sie meinte zu ihm etwas in der Art, dass er in der Zeit wo er schreibt, immer irgendwie verschwindet, nicht mehr wirklich da ist. Das mag wohl zutreffen. Während er sich in Erinnerungen verliert, ist er an einem anderen Ort – an dem der Erinnerung. Und es bildet einen Umkehrschluss zu einer Aussage, die er mal getroffen hat:
"Sehr früh erlag ich dem Zwang, dass ich nichts vergessen darf", hat Peter Kurzeck seine Poetik einmal umschrieben, "weil alles, woran man sich nicht erinnert, verloren sein kann für immer. Wenn wir den gestrigen Tag nicht mehr wissen, ist der gestrige Tag nicht gewesen, Böhmen nicht und wir auch nicht." Mich berührt das. Und das Festhalten wollen hat vielleicht auch etwas mit dem Verlust seiner Heimat (Böhmen) zu tun. (Quelle
Internationales Literaturfestival Berlin)
@NatiFine: Ich beneide Dich darum, dass Dir schon so weihnachtlich zumute ist. Mir leider dies Jahr so gar nicht. Ich finde das sehr schade, da ich die Zeit normalerweise liebe. Aber man kann es wohl nicht ändern. Christoph Maria Herbst lausche ich ja auch immer sehr gern. Und die Weihnachtsgeschichte von Dickens von ihm gelesen ist toll!
Ich zitiere mal, was ich über dieses Hörbuch vor zwei Jahren geschrieben habe:
Und so blieb ich erst mal noch bei Charles Dickens, da ich mich nicht so abrupt lösen konnte und wollte, und hörte “Eine Weihnachtsgeschichte frei nach Charles Dickens“. Eine musikalische Inszenierung mit Christoph Maria Herbst für die erzählten Passagen, und Liedern von den Luftmentschn. Die Luftmentschn stellen musikalisch die Szenen dar, in denen die Scrooge die Geister erscheinen. Das ist richtig schön und stimmungsvoll gemacht, und nicht ohne Pepp. Gefiel mir sehr gut. Christoph Maria Herbst gestaltet die Lesung herrlich – ich hatte es nicht anders von ihm erwartet. Diese Variante von Dickens Weihnachtsgeschichte werde ich mir im Laufe der kommenden Jahre wohl noch öfter anhören. Ich habe sie deshalb auf dem iPod belassen.
@Sandra: Wie wahr, im Falle von „Gone Girl“ ist der Weg das Ziel.
Ich bin gespannt, wie das ganze auf Dich wirkt.
Dass Dir beide Verfilmungen von „16 Uhr 50 ab Paddington“ gefallen, höre ich gerne. Die mit Margaret Rutherford kenne ich ja, aber zu der mit Joan Hickson habe ich noch nicht die Gelegenheit die letzten Tage gefunden, so bin ich darauf weiter gespannt.