Hallo Steffi,
ja, so recht empfehlen kann ich
“Der Sommer ohne Männer“ nicht. Zuerst war ich etwas verwundert, warum mein Bericht so lang geworden ist, wo das Hörerlebnis doch in der Summe wenig in mir ausgelöst hat. Doch es liegt nur daran, dass für mich nicht mehr in dem Roman steckte. So war es ein Leichtes, die Dinge herauszustellen, die ich bemerkenswert fand. Doch noch mehr gab es für mich in dem Roman nicht zu entdecken. Du sagst es, daraus hätte sich etwas tolles entwickeln lassen können. Aber irgendwie verklingt alles genauso schnell und leise, wie es angeklungen ist.
Dass du an meinen Eindrücken zu
“Imperium interessiert bist, freut mich! Auch für mich war
Christian Kracht ein Autor, den ich nicht einschätzen konnte. Interesse hatte ich bislang auch für ihn, aber nicht genügend, um von ihm einen Roman (bzw. diesen Roman – er interessiert mich aus seinem Werk am stärksten) zu lesen. Die Einspielung aus dem Hörbuch im Podcast
unüberhörbar ließ mich die Ohren spitzen. Auch was über den Roman und die Lesung in dem Gespräch zwischen Denis Scheck und seinem Gast gesagt wurde. Ich fühlte mich eingeladen das Hörbuch zu hören. Ich wurde bislang nicht enttäuscht:
Erzählt wird die Geschichte des August Engelhardt, der das zerstörerische Europa Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts verlässt, um in den deutschen Kolonien in der Südsee fortan als Nudist zu leben. August Engelhardt zählt sich zu den Fruktivoren, die sich ausschließlich vegetarisch ernähren. Für ihn ist die Kokosnuss die vollkommenste aller Früchte, da sie der Sonne am nächsten wächst. Auf der Insel Kabakon erwirbt er eine Kokosnussplantage, und ernährt sich fortan nur noch von Kokosnüssen, und frönt somit dem sogenannten Kokovorismus. Möglichst viele möchte er für seine Lebensweise gewinnen, und gründet einen Sonnenorden.
Eine absurd anmutende Geschichte, nicht wahr? Doch das erstaunlichste daran ist, dass es August Engelhardt tatsächlich gab, und Christian Kracht sich seiner bedient. Interessante Infos zu August Engelhardt finden sich auf Wikipedia –
hier.
Das Hören erfordert die volle Aufmerksamkeit, da Christian Krachts Sätze beladen (nicht
überladen) sind, aber wenn man sich darauf einlässt, ist es ein Genuss! Besonders da der Sprecher absolut passend gewählt ist. Dominic Graf hat eine eigenwillige Stimme, kühl, aber sehr präsent. Für mich ist das Hörbuch die richtige Wahl. Ich höre mit großem Vergnügen. Manche Passagen zweimal, um alles aus den Sätzen herauszufiltern.
Eine charmante Besonderheit des Romans ist, dass Christian Kracht August Engelhardt beiläufig allen möglichen Literarten seiner Zeit begegnen lässt. So entstehen kleine Porträts dieser Persönlichkeiten. Unter ihnen Hermann Hesse, Kafka, Thomas Mann.
Apropos Thomas Mann: Ich meine mich aus dem Podcast daran zu erinnern, dass dort gesagt wurde, dass Christian Kracht mit seiner Erzählweise an die von Thomas Mann erinnern soll (und/oder will). Tatsächlich baut er manche Szene ähnlich ausholend auf, wie es mir noch lebhaft von Thomas Manns „Zauberberg“ in Erinnerung ist.
Über den Roman wird auch gesagt, dass Christian Kracht darin
mit den Formen des historischen Abenteuerromans eines Melville, Joseph Conrad, Robert Louis Stevenson oder Jack London spielt. Auch dem kann ich zustimmen. Auf jeden Fall macht das Hören Freude!