Hallo zusammen,
dann wart Ihr über die Erzählung ja ähnlich ratlos wie ich! Maria, Deine Ansätze finde ich auch gut. Doch tendiere ich mehr zu Wolfs Annahme:
Wolf hat geschrieben:Ob das ganze irgendwie metaphorisch gemeint ist? Ich habe da meine Zweifel ...
Aber dass siehst Du selbst ja genauso. Es ist nur ein Versuch sich das irgendwie doch zu erklären, was Lydia Davis da geschrieben hat. Denn das versuche ich ja auch immer irgendwie.
Aber vielleicht trifft da am ehestens Wolfs Gedanke zu: Wie ein Traum. Der erscheint einem auch manchmal bedeutungsschwer und symbolisch. Ist es aber oft gar nicht - oder nur sehr bedingt. Und so ist es vielleicht auch mit dieser Erzählung.
Herausheben möchte ich noch die Stelle, die Dir aufgefallen ist, Wolf:
Ein Mensch hat vielerlei zu tun, aber eine Katze hat sich in jedem Augenblick ihres Lebens nur einer einzigen Sache zu widmen. Deshalb wirkt sie immer so ganz ausbalanciert ...
Die fand ich nämlich auch bemerkenswert. Denn sie ist so wahr - aus beiderlei Sichten. Der der Katzen (sie widmen sich wirklich immer nur einer einzigen Sache und wirken immer ausbalanciert - vielleicht deswegen) und der Menschen (sie widmen sich selten nur einer einzigen Sache und wirken auch wirklich selten ausbalanciert). Eine schöne Beobachtung somit. Und für mich auch ein Denkanstoß: Ich bin nämlich so gar nicht ausbalanciert! Und in Zeiten (wie im Moment) wo ich besonders viel um die Ohren habe, spüre ich das noch deutlicher! Und es gefällt mir nicht! Und in einigen Bereichen kann ich gegensteuern und fühle mich durch solche Gedankenanstöße dazu ermuntert und aufgerufen. Schön, wenn ein Autor einem solch eine Botschaft geben kann!
Wolf hat geschrieben:Wenn ich einen Kurzgeschichtenband lese, dann ist es normal, daß mich manche Geschichten mehr ansprechen als andere,...
Stimmt, das ist wahr!
Wolf hat geschrieben:...und wenn ich mit einer Geschichte nichts anfangen kann, dann lese ich eben gleich die nächste.
Das finde ich genau richtig! Mich hielt selbst davon ab, dass ich mich beim lesen von solchen Erzählungen nicht so sicher fühle. Ich stelle fest, dass andere oftmals viel mehr herauslesen als ich. Und dann frage ich mich ob ich nur wieder auf dem Schlauch stehe oder es da wirklich nichts herauszulesen gibt!
Umso froher bin ich hier um die Leserunde. Denn bei Lydia Davis scheint es wirklich so zu sein, dass man sich nicht bei jeder ihrer Erzählungen große Gedanken machen muss/sollte. Somit - auf zur Nächsten!
Es folgte
"Ehefrau Eins auf dem Land". Hiermit konnte ich wieder mehr anfangen. Insbesondere da Ihr mich schon drauf vorbereitet habt, dass Lydia Davis oft einen Gedanken nur hin- und herwirft, von links nach rechts dreht, und wieder zurück. Und genau das tut sie hier. Und spricht dadurch viel zwischen den Zeilen aus. Die missglückte erste Ehe. Die Gedanken und Gefühle der ersten Ehefrau. Man bekommt ein Bild davon, wie ihr Ex-Mann jetzt mit der zweiten Frau zusammen lebt. Vieles, was sie früher ertragen hat (z. B. die nervige Schwester) hat Ehefrau Zwei nun zu ertragen. Auch würde es Ehefrau Eins nicht wundern, wenn es irgendwann eine Ehefrau Drei gäbe. Sie scheint ihrem Mann keine Beständigkeit zuzutrauen. Die erste Ehe ist anscheinend in erster Linie an ihm (seiner Untreue) gescheitert. Und zurück bleibt Ehefrau Eins am Ende der Geschichte frustiert und einsam. Diese Gefühle schlagen dem Leser entgegen, obwohl Lydia Davis Ehefrau Eins eigentlich nur Gedanken hin- und herwerfen lässt. Sehr interessant und eindrucksvoll und außergewöhnlich - besonders im Hinblick auf Eure Erklärungen zum Erzählstil der Autorin. Allein damit schon habt Ihr mir die Schriftstellerin und ihre Vorgehensweise (und somit auch zum Teil ihre Geschichten) näher gebracht! Ihr seid einfach klasse!
Ohne Euch hätte ich das Buch (obwohl ich die Erzählungen sehr schön zu lesen finde) sicher weggestellt und hätte nicht gewusst, wie ich die Autorin und ihre Geschichten zu nehmen habe. Danke!