Hallo zusammen,
Maria, vielen Dank für Deine Angaben zu Deiner Ausgabe. Sehr interessant und aufschlussreich. Die Einteilung in die vier Teile ist in unserer Ausgabe genauso. Bis auf die Kapitelangaben, da sich tatsächlich ab Kapitel 17 alle Kapitel um ein Kapitel verschieben.
Auch wenn ich sehr gut verstehen kann, dass Du uns schon ein wenig um unsere Ausgabe beneidest (diese Neuausgabe lohnt wirklich), so finde ich es für unsere Leserunde sehr interessant, dass wir auch jemanden (Dich) dabei haben, der die ursprünglich erschienene Fassung liest. So fallen uns gewiss eher Dinge auf, die verändert wurden und können in konkreten Fällen auch mal vergleichen. Aber auch wer ohne Vergleich die Neuausgabe liest, wird durch das Nachwort wirklich gut darauf aufmerksam gemacht, wo die Änderungen gelegen haben.
Um Deine Ausgabe beneide ich Dich jedoch auch etwas. Denn wie ich schon in den einführenden Postings erwähnte, tat sich Fallada zunächst schwer, das Thema anzugehen. Er näherte sich zunächst durch das Essay „Über den doch vorhandenen Widerstand der Deutschen gegen den Hitlerterror“. Und wie ich sehe, ist dieses Essay in Deiner Ausgabe enthalten. Das ist gewiss sehr interessant! Im Nachwort von Almut Giesecke steht zu dem Essay:
“Dieser Text folgt im Wesentlichen dem authentischen Vorgang, enthält aber bereits eigene Interpretationen und fiktive Ergänzungen durch Personen und Episoden; auch die späteren Roman-Namen der Hauptfiguren sind bereits vorhanden. Allerdings hatte Fallada, wie seine Beschreibung vermuten lässt, nicht die vollständige Akte zur Verfügung. Er ging z. B. davon aus, dass in dem Prozess, bei dem so viel gelogen wurde, auch die in der Urteilsbegründung aufgestellte Behauptung, die Hampels hätten sich gegenseitig beschuldigt, eine Lüge war. Doch aus den erhaltenen Gnadengesuchen der Verurteilten und ihrer Familien geht hervor, dass sich diese tief verzweifelten Menshen angesichts der Todesgefahr tatsächlich hiermit eine Chance zur Rettung erhofft hatten.“Aus seinem Essay geht auch (ebenfalls dem Nachwort entnommen) wohl hervor, was Fallada vor allem an dem Fall Hampel interessierte:
“Diese beiden Eheleute Quangel, zwei bedeutungslose Einzelwesen im Norden Berlins, [...] nehmen eines Tages im Jahre 1940 den Kampf auf gegen die ungeheure Maschinerie des Nazistaates, und das Groteske geschieht: der Elefant fühlt sich von der Maus bedroht.“ (Auszug aus dem Essay)
Was für ein ergreifender, vielsagender Satz: „Der Elefant fühlt sich von der Maus bedroht.“
Das steigert meine Faszination für diesen Roman, in dem vom Widerstand der kleinen Leute erzählt wird. Und dass auch der kleinste Widerstand bedeutungsvoll ist.
Maria, wenn Du später, wenn Du das Essay gelesen hast, darüber berichtest, wäre ich dir sehr dankbar. Dieses Essay hätte ich mir in der Neuausgabe auch gewünscht!
Maria hat geschrieben:es gab ein KZ in Porta-Barkhausen. vielleicht spukte das damals dem Verlag im Kopf herum. Kann man natürlich nicht mehr erkunden. Dennoch wollte ich es nicht unerwähnt lassen.
Was für eine interessante Theorie! Danke für die Information Maria. Ich denke, Du könntest damit sogar recht haben! Mir klingt das sehr wahrscheinlich. Es entspräche in gewisser Weise ja den Absichten, die man damals mit den Veränderungen beabsichtigt hatte.
Dass auf Dich (und auch Deinen Mann) der Ton Falladas im Vorwort auch so edel und aufrichtig bedauernd (sehr passende Adjektive hast Du da gefunden) gewirkt hat, ist schön. Mich hat er damit sofort berührt.
Auch ansonsten sehr bereichernde und interessante Gedanken. Zustimmen möchte ich Dir in Deiner Erkenntnis über den Namen der Eva Kluge, deren Name (passend ausgedrückt und sehr schön begründet) fast schon Programm ist. Toll beobachtet!
Schön auch, dass wir den ersten Unterschied ausmachen konnten. Denn korrekt, Du bist bis zu Kapitel 3 nur mit den Parteimitgliedern Persicke und dem Spitzel Barkhausen konfrontiert.
Ob Fallada die Vorkommnisse bzw. die Bestimmung des KZ Sachsenhausen im Jahr 1940 selbst schon bekannt waren, oder ob er sich dessen erst beim schreiben, also 1946 bewusst war, würde mich auch interessieren. Überhaupt ist es ja immer wieder eine interessante Frage, was die Menschen damals gewusst haben.
Wie meinst Du, dass Bruno Persicke bald zu Baldur Persicke wird? Bruno – ich kann mich nicht erinnern und finde auch keine entsprechende Stelle. Vielleicht missverstehe ich Dich auch nur. Oder aber, in Deiner Ausgabe ist erst von Bruno die Rede? Würde mich interessieren. Und falls, dann auch die Stelle (Seitenzahl), falls Du sie noch findest.
Ansonsten sehr interessant, was Du zum möglichen „Idol“
Baldur von Schirach schreibst! Abermals sehr gut beobachtet – meine Bewunderung!
Dass Du die Bedeutung von der „Napola“ erklärt hast, ist schön. So musste ich das nicht mehr nachschlagen (ich lese ja oft unterwegs oder im Bett, so dass ich das schon mal im Anschluss versäume – DANKE!).
Auch für die Infos zu dem Unterschied zwischen Volksgenosse und Parteigenosse ein Dankeschön. Denn die Frage, wo der Unterschied genau liegt, stellt sich beim lesen des Romans.
Dass es viel auszutauschen gibt über das Buch – auch im besonderen Hinblick auf die unterschiedlichen Ausgaben – hatte ich mir schon gedacht. Dass es aber solch ein (abermals ein so passend gewählter Begriff, deshalb übernehme ich ihn) fulminanter Einstieg wird, hätte ich doch nicht vermutet.