JMaria hat geschrieben:ob er ein Opfer des Fragments wird?
Mir war er auch die liebste Person. Wie würdest du Ventruba charakterisieren? Im 5. Kapitel fasst Doderer öfters die Gefangenen in drei Personengruppen zusammen, den Ventrubas, Slunksys und Zienhammers auch desöftern den Schweyntzkreuthers genannt.
Ventruba ist äußerlich mit sich im Reinen, die Kriegsgefangenschaft in Italien hat er unbeschadet, ja eigentlich bereichert durch die erlernten Sprachen überlebt, er geht in Cafés, seine künftige Frau scheint angenehm und mit seinem Vater hat er eine postive Beziehung. Sein Inneres bleibt etwas verborgen, aber insgesamt würde ich sagen, ein Mensch, dem alles gelingt, der aber womöglich auch nicht allzuviel nachdenkt. Mich erinnert er an Donald aus den Wasserfällen von Slunj, der auch alles hätte haben können, wenn er die Einsicht dazu gehabt hätte.
Halfon leidet an einer Identitätskrise, die Mutter wird stark thematisiert, Doderers Metapher mit dem Bildnis deutet auf eine andere Identität hin. Ich spekuliere mal, dass er unehelich ist ... er hat rötliches Haar, die Mutter sandblond (Perücke?) und der Vater schwarzes Haar, was sich vererben würde. Ich hab ja den Maler in Verdacht
Zudem ist Halfon jüdisch, was zum Identitätsthema passt, außerdem war dieser Identitätsverlust ja auch sehr bestimmend in den Zeiten vor und nach dem 1. Weltkrieg.
Zienhammer ist ja eher der Opportunist, in der Szene mit dem Major, als er angibt, er habe die Tschechen aushorchen wollen, wurde mir das bewusst, auch dass er keine Freunde im Lager hat, mehr beobachtet. Auf jeden Fall nicht gerade sympathisch.
Übrigens ist mir beim Rückblättern noch aufgefallen, dass Halfon Zienhammer erfolgreich von Schuppenflechte kuriert hat. Eigentlich wollte ich rausfinden, ob es Hinweise auf die Ex-Frau von Kovacs im Zusammenhang mit Elsa Goldstein gibt, hab aber nicht wirklich etwas gefunden, sie ist ebenfalls stattlich und kurz vor Kriegsausbruch verwitwet, über die Wohnungsaustattung findet sich aber nichts.
Also für einen handlungsarmen roman muet passiert schon erstaunlich viel
Manchmal irritiert mich der Erzähler, gerade im 6. Kapitel (ich bin ca. in der Mitte), z.B. S.133
Wassilij Andrejewitsch Jegorow - wir kennen ihn schon als späteren Nachbarn des Doktor Alfons D. Halfon - ... da hätte ich einen dezenteren Hinweis erwartet. Aber man darf ja wirklich nicht vergessen, dass es sich um ein Fragment handelt.