steffi hat geschrieben:Wie hat dir das Kapitel in Italien gefallen ? TM versucht sich an humoristischen Beschreibungen, aber man merkt, dass das nicht ganz seine Sache ist.
Ich bin nun mitten im Teufelsgespräch. Interessant fand ich die These, dass das Genie aus der Krankheit Leverkühns wie eine Art Bedrohung wächst, vielleicht weil es mit dem Verstand nicht zu fassen ist. Wenn man daran denkt, dass damals Homosexualität auch als Krankheit aufgefasst wurde, kann man schon Parallelen zu TM sehen. Vielleicht sah er in seinem Anderssein auch den Grund seines Genies bzw. den Versuch, das in etwas Gutes umzuwandeln.
Soweit bin ich noch nicht. Aber ich fand interessant wie Thomas Mann im Kapitel XXI wieder in die Gegenwart des Chronisten taucht, ein Weheklagen auf den Krieg einstimmt, mit (fundierten?) geschichtlichen Daten vom U-Boot Krieg, die Landung der Allierten auf Sizilien, vom Bombardement Münchens, wie er zitternd die Feder hält, während er die Chronik schreibt.
Meinst du Thomas Mann spürte ein Bedauern, das er nicht mit dem deutschen Volk den Krieg miterleben konnte? Natürlich hätte er nur unter Lebensgefahr in D bleiben können und seine Immigration in die Schweiz und sein Umzug in die USA waren das beste für den Künstler, aber für den Deutschen in ihm vielleicht eine Spur des Gefühls der Abgeschnittenheit und deswegen lässt er seinen Chronisten Zeitblom dort im von Bomben erzitternden München sitzen, eine Stadt die er ja liebte. Und doch könnte er selbst dieses Schrecknis nicht miterleben.
(...)
Mehrmals rückte das das schütternde, stürzende Verderben meiner Klause atemberaubend nahe. Das fürchterliche Bombardement der Stadt Dürers und Willibals Pirckheimers war kein weit entferntes Ereignis mehr; und als das Jüngste Gericht auch München traf, daß ich bleich und wie die Wände, die Türen, die Fensterscheiben des Hauses bebend in meinem Studio und - schrieb mit zitternder Hand an vorliegender Lebensgeschichte... Ich bin im Kapitel XXI dort wo die Sternchen * beginnen statt Kapitel, was die Moderne Montagetechnik wie ich finde nur intensiver unterstreicht.
auch Sternchen sind eine Erquickung für Auge und Sinn des Lesers; es muß nicht immer gleich der stärker gliedernde Neu-Anhub einer römischen Ziffer sein, und unmöglich könnte ich dem vorstehenden Exkurs ins Gegenwärtige, von Adrian Leverkühn nicht mehr Erlebte, den Charakter eines eigenen Hauptstückes zugestehen...