Leserunde: Beaty Maly - Tod am Semmering

Forum zum gemeinsamen Lesen & Diskutieren von Büchern. Hierzu kann man sich z. B. im Diskussionsforum mit anderen verabreden.
Forumsregeln
Kommerzielle Einträge werden ohne Kommentar gelöscht!

Re: Leserunde: Beaty Maly - Tod am Semmering

Beitragvon JMaria » Fr 18. Jan 2019, 16:56

Wenn wir den 1. Tag erwähnt haben...

Vorspeise: Eine cremige Pastete aus Petersilienwurzeln und Sauerrahm mit knusprigen Stangen aus feinstem Blätterteig.
Als nächstes eine Knoblauchschaumsuppe.
Hauptspeise: Lammrücken in Speckmantel mit Fisolen und gerösteten Buttererdäpfeln. (Fisolen sind Gartenbohnen)
Nachspeise: Vanillecreme mit Veilchensirup,



...hier der 2. Tag


Vorspeise: dünn geschnittenes Rindsfilet auf mariniertem Gemüse,
klare Rindssuppe mit Spinatnockerln, ein Wildragout und als
Nachspeise eine luftige Himbeermousse.



:breit_grins:
Schöne Grüße, Maria
Aktuell:

Cecile Wajsbrot: Nevermore
Barbi Marković: Minihorror (ebook)


Jahresprojekt: Günter Grass + Franz Kafka
Harro Zimmermann: Günter Grass. Biographie
Franz Kafka: Briefe an Felice Bauer


Sie schaffen eine Wüste und nennen das Frieden ( Tacitus )
Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen (Johann Wolfgang v. Goethe)
Das Leben und dazu eine Katze, das ergibt eine unglaubliche Summe (Rainer Maria Rilke)
JMaria
Moderator
 
Beiträge: 16199
Registriert: Mo 31. Mär 2008, 11:07

Re: Leserunde: Beaty Maly - Tod am Semmering

Beitragvon Trixie » Fr 18. Jan 2019, 18:07

Lecker!
Wenn ich auch finde, daß die Speisen im Panhans schon recht modern anmuten. Andererseits war ich überrascht, wie viele Lebensmittel schon lange vor 1922 bekannt und verwendet worden waren, dann aber aus dem Augenmerk verschwanden, bevor sie schließlich vor 10 bis 20 Jahren wieder ein "Revival" erlebten.

Wer bedient den Lift? Gute Frage!
Es herrscht Personalmangel, jedoch bleibt die Frage ob man damals einen Fahrstuhl selbst bedienen konnte?


Dazu schreibt Maly etwas in Kapitel 13 (S. 160): Fräulein Schönwald ist verärgert, weil aus Kostengründen für das Wochenende auf einen Liftboy verzichtet wurde und sie den Aufzug selbst -und nicht ohne Probleme- bedienen mußte. Muß ein schönes Chaos geben! Ich selbst bin zwar eine Spur zu jung für eigene Erfahrungen mit älteren Aufzugvarianten, aber zumindest in allen Filmen bis Beginn der 1960er sehe ich die Fahrstühle eigentlich immer von einem/r Aufzugführer/in bedient, jedenfalls in Gebäuden, in denen sie praktisch in ständigem Betrieb sind (wie in Hotels, Bürogebäuden oder Warenhäusern). Vermutlich nicht ohne Grund, aber für die Handlung im Krimi wohl auch nicht ausschlaggebend.

Als Ernestine ihr Schaumbad nahm, kam mir der Gedanke, dass das Rohrsystem damals sicher recht laut war, und rechnete damit dass Anton im Nebenzimmer aufwacht.


Kann ich mir auch vorstellen. Fragt sich, wie dick und schalldämmend die Wände in solchen Hotelzimmern wohl sind...

In Kapitel 15 durchsuchen die Männer ja den Keller, und dabei stellt sich dieser als schlichter Erdkeller heraus. Da habe ich beim Lesen schon ein wenig das Grausen bekommen beim Gedanken an die Statik bei einem so gewaltigen Bau darüber Bild...

Der arme Anton Böck! An einigen Stellen tut er mir wirklich leid, denn durch Ernestine gelangt er in so manche peinliche Situation (die aber auch schon viel Komisches hat). Wenigstens kann er sich kulinarisch ein wenig darüber trösten. Beim Essen und Trinken kommt er immerhin so richtig auf seine Kosten :breit_grins: .

Ich hatte vergangene Nacht einen Lauf und bin bis einschließlich Kapitel 15 gekommen.
Ich lese gerade:
Jill Marie Landis: Hawaii Five Uh-Oh!

Viel lesen und nicht durchschauen ist viel essen und nicht verdauen.

Rätselforum
Trixies Platz
Benutzeravatar
Trixie
 
Beiträge: 2743
Registriert: Di 23. Dez 2008, 12:57
Wohnort: Bayern

Re: Leserunde: Beaty Maly - Tod am Semmering

Beitragvon JMaria » So 20. Jan 2019, 12:09

Hallo Trixie,

Lecker!
Wenn ich auch finde, daß die Speisen im Panhans schon recht modern anmuten. Andererseits war ich überrascht, wie viele Lebensmittel schon lange vor 1922 bekannt und verwendet worden waren, dann aber aus dem Augenmerk verschwanden, bevor sie schließlich vor 10 bis 20 Jahren wieder ein "Revival" erlebten.




Dieses Revival der Patersilienwurzel und auch der Pastinake hat in meiner Küche auch Einzug gehalten !


Im Kapitel 15 durchsuchen die Männer ja den Keller, und dabei stellt sich dieser als schlichter Erdkeller heraus. Da habe ich beim Lesen schon ein wenig das Grausen bekommen beim Gedanken an die Statik bei einem so gewaltigen Bau darüber



ich mag leichtes gruseln auch sehr gern. Es war überraschend was sie gefunden haben. Entweder Frau Zuckerberg hat dieses Erlebnis zuvor gehabt und ist wieder weggeschlummert, durch die Medikamente begünstigt, und die Gestalt wurde von Ernestine gestört. Oder sie sah hinter der offenen Tür zum Nebenzimmer, also hinter Anton, noch eine Gestalt, die sich dann in dem Durcheinander schnell der Verkleidung entledigte und sich zu den anderen gesellten.

Zuletzt kam Herr Zuckermann ins Zimmer seiner Frau, aber warum sollte er sich seiner Frau entledigen?

Eine Fabrik zur Farbenherstellung kann vermutlich auch Giftgas herstellen. Das wäre ein Grund für eine Erpressung.

Nebenbei erfährt man, dass es Blaukreuz- und Gelbkreuz Granaten gab. Es gab auch Weißkreuz und Grünkreuz. Man nennte es auch Buntschießen. Die,Granaten waren dementsprechend mit den farbigen Kreuzen bemalt. Schrecklich. Und es verstieß gegen die Haager Landkriegsordnung von 1907, die von den Mittelmächten, der Entente und den USA ratifiziert wurde.

Ich komme zum 16. Kapitel.
Schöne Grüße, Maria
Aktuell:

Cecile Wajsbrot: Nevermore
Barbi Marković: Minihorror (ebook)


Jahresprojekt: Günter Grass + Franz Kafka
Harro Zimmermann: Günter Grass. Biographie
Franz Kafka: Briefe an Felice Bauer


Sie schaffen eine Wüste und nennen das Frieden ( Tacitus )
Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen (Johann Wolfgang v. Goethe)
Das Leben und dazu eine Katze, das ergibt eine unglaubliche Summe (Rainer Maria Rilke)
JMaria
Moderator
 
Beiträge: 16199
Registriert: Mo 31. Mär 2008, 11:07

Re: Leserunde: Beaty Maly - Tod am Semmering

Beitragvon JMaria » So 20. Jan 2019, 12:45

1. Tag abends Ankunft

Vorspeise: Eine cremige Pastete aus Petersilienwurzeln und Sauerrahm mit knusprigen Stangen aus feinstem Blätterteig.
Als nächstes eine Knoblauchschaumsuppe.
Hauptspeise: Lammrücken in Speckmantel mit Fisolen und gerösteten Buttererdäpfeln. (Fisolen sind Gartenbohnen)
Nachspeise: Vanillecreme mit Veilchensirup,



...hier der 2. Tag

Mittags
Vorspeise: dünn geschnittenes Rindsfilet auf mariniertem Gemüse,
klare Rindssuppe mit Spinatnockerln, ein Wildragout und als
Nachspeise eine luftige Himbeermousse.



Abends:

Vorspeise: Gebratener Ziegenkäse auf Blattsalat
Paprikaschaumsuppe
Erdäpfelsalat mit Kürbiskernöl und frischen Backhendelstreifen
warme Schokoladenküchlein mit flüssigem Kern



:hunger:
Schöne Grüße, Maria
Aktuell:

Cecile Wajsbrot: Nevermore
Barbi Marković: Minihorror (ebook)


Jahresprojekt: Günter Grass + Franz Kafka
Harro Zimmermann: Günter Grass. Biographie
Franz Kafka: Briefe an Felice Bauer


Sie schaffen eine Wüste und nennen das Frieden ( Tacitus )
Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen (Johann Wolfgang v. Goethe)
Das Leben und dazu eine Katze, das ergibt eine unglaubliche Summe (Rainer Maria Rilke)
JMaria
Moderator
 
Beiträge: 16199
Registriert: Mo 31. Mär 2008, 11:07

Re: Leserunde: Beaty Maly - Tod am Semmering

Beitragvon Trixie » Mo 21. Jan 2019, 18:40

JMaria hat geschrieben:Zuletzt kam Herr Zuckermann ins Zimmer seiner Frau, aber warum sollte er sich seiner Frau entledigen?


Daran glaube ich auch nicht wirklich. Er ist zwar manchmal etwas brüsk gegenüber seiner Frau, aber nicht lieblos. Zudem hat Zuckerberg durch den Verlust seines Sohnes -und wie es dazu kam- nicht den geringsten Grund, sich gegen seine Frau zu wenden, eher umgekehrt.

JMaria hat geschrieben:Nebenbei erfährt man, dass es Blaukreuz- und Gelbkreuz Granaten gab. Es gab auch Weißkreuz und Grünkreuz. Man nennte es auch Buntschießen. Die,Granaten waren dementsprechend mit den farbigen Kreuzen bemalt. Schrecklich.


Und der Begriff "Buntschießen" spricht, finde ich, vor diesem Hintergrund schon für eine bitter-kaltschnäuzige Betrachtung.

Und dann passiert auch noch ein weiterer Mord. Das kam unerwartet! Denn wenn nur die Erpressungen des Generalobersts das Motiv wären, hätte sich die Sache erledigt. Jetzt sieht es für mich eher so aus, als würde jemand für die Verfehlungen während des Krieges Rache an gewissen Gästen üben wollen.

Was mir beim Lesen noch ebenfalls durch den Kopf ging: Mehrmals werden Anton Böcks Erlebnisse im Krieg erwähnt und auch sein gegenwärtiges Alter, 60 Jahre. Nun ist der Krieg gerade vier Jahre her, da müßte er zwischen seinem 52. und 56. Lebensjahr gedient haben - zwar "nur" als Sanitäter, aber hat man tatsächlich auf Männer in diesem -zumindest in jener Zeit- fortgeschrittenen Alter zurückgegriffen (oder irgendwann dann zurückgreifen müssen)? Denn daß sich Anton, der ohnehin eher pazifistisch eingestellt dargestellt wird und daheim eine Familie hatte, freiwillig gemeldet hat, kann ich mir nicht vorstellen. Aber vielleicht gelten auch dafür im Krieg andere Regeln...

Ich komme zu Kapitel 22.

P. S.: Noch etwas, über das ich mich an einigen Stellen wunderte, nämlich wenn sich die eine oder andere Person verhielt, als hätte sie von "guten Manieren" keinen Schimmer: Da kaut Ernestine immer wieder am Daumennagel und Frau Zuckerberg wischt sich mit dem Ärmel ihres Seidenkleides die Nase - zugegeben: beide Verhaltensweisen nur in innerer Aufregung, aber ich mußte daran denken, daß noch meine Generation das anders erzogen bekommen hat, da wäre bei uns Kindern schnell ein Elternteil, Schlimmeres verhindernd, zumindest mit einem mahnenden Räuspern dazwischengegangen. Und Ernestine und Frau Zuckerberg sind immerhin zwei Frauen reifen Alters, die zu ihrer Zeit sicher noch viel strenger erzogen wurden.
Ich lese gerade:
Jill Marie Landis: Hawaii Five Uh-Oh!

Viel lesen und nicht durchschauen ist viel essen und nicht verdauen.

Rätselforum
Trixies Platz
Benutzeravatar
Trixie
 
Beiträge: 2743
Registriert: Di 23. Dez 2008, 12:57
Wohnort: Bayern

Re: Leserunde: Beaty Maly - Tod am Semmering

Beitragvon JMaria » Do 24. Jan 2019, 15:04

Hallo Trixie,

Und dann passiert auch noch ein weiterer Mord. Das kam unerwartet! Denn wenn nur die Erpressungen des Generalobersts das Motiv wären, hätte sich die Sache erledigt. Jetzt sieht es für mich eher so aus, als würde jemand für die Verfehlungen während des Krieges Rache an gewissen Gästen üben wollen.



Ja, jetzt kommen wir den Motiven näher. Ernestine hat einen Plan, den Mörder herauszulocken, jetzt wird die Handlung auch schneller. Ganz schön gewagt. Ich ahnte, dass ein Schlafmittel in Antons Kakao getan wurde.


Noch etwas, über das ich mich an einigen Stellen wunderte, nämlich wenn sich die eine oder andere Person verhielt, als hätte sie von "guten Manieren" keinen Schimmer: Da kaut Ernestine immer wieder am Daumennagel und Frau Zuckerberg wischt sich mit dem Ärmel ihres Seidenkleides die Nase - zugegeben: beide Verhaltensweisen nur in innerer Aufregung, aber ich mußte daran denken, daß noch meine Generation das anders erzogen bekommen hat, da wäre bei uns Kindern schnell ein Elternteil, Schlimmeres verhindernd, zumindest mit einem mahnenden Räuspern dazwischengegangen. Und Ernestine und Frau Zuckerberg sind immerhin zwei Frauen reifen Alters, die zu ihrer Zeit sicher noch viel strenger erzogen wurden.




Interessant was dir auffällt. Du hast recht, man kann davon ausgehen, dass der Tischmanieren streng eingehalten wurde.


Was mir beim Lesen noch ebenfalls durch den Kopf ging: Mehrmals werden Anton Böcks Erlebnisse im Krieg erwähnt und auch sein gegenwärtiges Alter, 60 Jahre. Nun ist der Krieg gerade vier Jahre her, da müßte er zwischen seinem 52. und 56. Lebensjahr gedient haben - zwar "nur" als Sanitäter, aber hat man tatsächlich auf Männer in diesem -zumindest in jener Zeit- fortgeschrittenen Alter zurückgegriffen (oder irgendwann dann zurückgreifen müssen)? Denn daß sich Anton, der ohnehin eher pazifistisch eingestellt dargestellt wird und daheim eine Familie hatte, freiwillig gemeldet hat, kann ich mir nicht vorstellen. Aber vielleicht gelten auch dafür im Krieg andere Regeln...



Oder es gab in den letzten Kriegsjahren einen Mangel an Sanitätern.




Yvonne erwähnte, dass die Autorin manchmal moderne Begriffe benutzt, mir fiel das bei dem Wort „Depression“ auf. Ich finde, Melancholie, Schwermut, Neurasthenie wäre ein passender Begriff gewesen für Anfang des 20. Jahrhundert.


Ich habe das Buch beendet. Ich fand die Auflösung gut gemacht, auch dass es nicht zu dramatisch wurde, sondern man konnte auch mitfühlen. Tragisch, dass beide Buben umkamen, das hatte ich aus dem Prolog nicht herausgelesen und war eine überraschende Info.


Hat mir sehr gut gefallen.
Schöne Grüße, Maria
Aktuell:

Cecile Wajsbrot: Nevermore
Barbi Marković: Minihorror (ebook)


Jahresprojekt: Günter Grass + Franz Kafka
Harro Zimmermann: Günter Grass. Biographie
Franz Kafka: Briefe an Felice Bauer


Sie schaffen eine Wüste und nennen das Frieden ( Tacitus )
Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen (Johann Wolfgang v. Goethe)
Das Leben und dazu eine Katze, das ergibt eine unglaubliche Summe (Rainer Maria Rilke)
JMaria
Moderator
 
Beiträge: 16199
Registriert: Mo 31. Mär 2008, 11:07

Re: Leserunde: Beaty Maly - Tod am Semmering

Beitragvon Trixie » Fr 25. Jan 2019, 15:24

Hallo Maria,

ich habe die verbliebenen zwei Kapitel nun auch ausgelesen.

JMaria hat geschrieben:Ja, jetzt kommen wir den Motiven näher. Ernestine hat einen Plan, den Mörder herauszulocken, jetzt wird die Handlung auch schneller. Ganz schön gewagt. Ich ahnte, dass ein Schlafmittel in Antons Kakao getan wurde.


stimmt, vor allem, da Ernestine nur eine Ahnung hat, wer der Täter ist und warum. Dieser Plan hätte leicht eine fatale Fehleinschätzung werden können.

Yvonne hat mal geschrieben, daß sie bei Ernestine und Anton stets Margaret Rutherford und Stringer Davis vor Augen hat, und nach diesem Finale wüßte ich schon einen Grund dafür, denn in jenen Verfilmungen lockt Miss Marple auch immer den Täter durch ein Indiz, das sie entdeckt hat, aus der Reserve: mit einer Spieluhr (16:50 ab Paddington), einem Krimi (Mörder ahoi!), einem Foto (Vier Frauen und ein Mord) oder einem Gemälde (Der Wachsblumenstrauß) - die Filme laufen dramaturgisch immer nach dem gleichen Schema ab wie auch hier bei Tod am Semmering mit Ernestines Plan, nachdem sie das Medaillon gefunden hat. Frau Maly hat sich aber auch merklich an Agatha Christies Büchern orientiert - ganz viele Parallelen sehe ich da besonders zu Mord im Spiegel!-, z. B. mit einem in der Vergangenheit liegenden Motiv für die aktuelle Tat, dem Gedanken der Rache/Vergeltung/Selbstjustiz, auch daß sie ihre Ermittler (und Leser) oft Verständnis für den Täter empfinden läßt und ihn nach der Aufklärung nicht unbedingt der Gerichtsbarkeit zuführt, sondern seine eigene Wahl treffen läßt. Insofern finde ich die Bemerkung auf dem rückseitigen Bucheinband, es sei ein Krimi "wie ihn Agatha Christie nicht besser hätte ersinnen können" zumindest erklärbar.

JMaria hat geschrieben:Yvonne erwähnte, dass die Autorin manchmal moderne Begriffe benutzt, mir fiel das bei dem Wort „Depression“ auf. Ich finde, Melancholie, Schwermut, Neurasthenie wäre ein passender Begriff gewesen für Anfang des 20. Jahrhundert.


Diese Begriffe finde ich auch passender. Stellenweise fand ich ebenfalls, daß sich ihre Figuren zu modern verhielten oder äußerten. Das wundert mich aber ein wenig, ist Frau Maly doch bisher auch als Autorin mehrerer historischer Romane bekannt geworden, die sogar noch weiter zurück in der Zeit handeln. In denen würde eine Sprache, die merklich dem späten 20. Jahrhundert entstammt, schließlich noch mehr auffallen. Ob sie wohl meinte, die 1920er hätten sich nicht mehr so sehr von unserer Gegenwart unterschieden?

Über politische Korrektheit, die man falsch anwendet, habe ich mich ja schon in meinem Beitrag über die Neuverfilmung von Partners in Crime ausgelassen: Mich ärgert es immer, wenn ich in einem Werk auf Figuren und Handlung treffe, die man in eine bestimmte Epoche versetzt, aber sie mit Sprache, Denk- und Handlungsweise der Menschen von heute ausstattet. Und ich weiß nie, ob es schlicht auf Unwissen oder Gedankenlosigkeit der Autoren zurückzuführen ist oder dem naiven (wenn vielleicht auch gutgemeinten), aber irreführenden Versuch, das "Richtig oder Falsch" oder "Gut und Böse" von heute auf alle Zeiten und Orte anzuwenden.

JMaria hat geschrieben:Ich habe das Buch beendet. Ich fand die Auflösung gut gemacht, auch dass es nicht zu dramatisch wurde, sondern man konnte auch mitfühlen. Tragisch, dass beide Buben umkamen, das hatte ich aus dem Prolog nicht herausgelesen und war eine überraschende Info.

Hat mir sehr gut gefallen.


Das Buch war ein schöner Leseausflug in eine interessante und sehr bewegte Zeit und an einen Ort, auf den ich sonst sicher nie gestoßen wäre. Wenn man über ein paar Kleinigkeiten hinwegsah, konnte man die Atmosphäre auch richtig genießen und sich von einem spannenden Fall gefangennehmen lassen. Paßt gut in einen Januar als Lektüre!

Die Fortsetzungen merke ich mir vor und bei einem passenden Angebot als Ebooks werde ich sicher zugreifen.

Danke, Maria, daß du mich mit der Reihe bekanntgemacht und mitgelesen hast!

Gruß,
Trixie
Ich lese gerade:
Jill Marie Landis: Hawaii Five Uh-Oh!

Viel lesen und nicht durchschauen ist viel essen und nicht verdauen.

Rätselforum
Trixies Platz
Benutzeravatar
Trixie
 
Beiträge: 2743
Registriert: Di 23. Dez 2008, 12:57
Wohnort: Bayern

Re: Leserunde: Beaty Maly - Tod am Semmering

Beitragvon JMaria » Fr 25. Jan 2019, 21:30

Hallo Trixie,

Yvonne hat mal geschrieben, daß sie bei Ernestine und Anton stets Margaret Rutherford und Stringer Davis vor Augen hat, und nach diesem Finale wüßte ich schon einen Grund dafür, denn in jenen Verfilmungen lockt Miss Marple auch immer den Täter durch ein Indiz, das sie entdeckt hat, aus der Reserve: mit einer Spieluhr (16:50 ab Paddington), einem Krimi (Mörder ahoi!), einem Foto (Vier Frauen und ein Mord) oder einem Gemälde (Der Wachsblumenstrauß) - die Filme laufen dramaturgisch immer nach dem gleichen Schema ab wie auch hier bei Tod am Semmering mit Ernestines Plan, nachdem sie das Medaillon gefunden hat. Frau Maly hat sich aber auch merklich an Agatha Christies Büchern orientiert - ganz viele Parallelen sehe ich da besonders zu Mord im Spiegel!-, z. B. mit einem in der Vergangenheit liegenden Motiv für die aktuelle Tat, dem Gedanken der Rache/Vergeltung/Selbstjustiz, auch daß sie ihre Ermittler (und Leser) oft Verständnis für den Täter empfinden läßt und ihn nach der Aufklärung nicht unbedingt der Gerichtsbarkeit zuführt, sondern seine eigene Wahl treffen läßt. Insofern finde ich die Bemerkung auf dem rückseitigen Bucheinband, es sei ein Krimi "wie ihn Agatha Christie nicht besser hätte ersinnen können" zumindest erklärbar.



Du hast das fein herauskristallisiert ! Top!



Diese Begriffe finde ich auch passender. Stellenweise fand ich ebenfalls, daß sich ihre Figuren zu modern verhielten oder äußerten. Das wundert mich aber ein wenig, ist Frau Maly doch bisher auch als Autorin mehrerer historischer Romane bekannt geworden, die sogar noch weiter zurück in der Zeit handeln. In denen würde eine Sprache, die merklich dem späten 20. Jahrhundert entstammt, schließlich noch mehr auffallen. Ob sie wohl meinte, die 1920er hätten sich nicht mehr so sehr von unserer Gegenwart unterschieden?



Die Serie hat Potential und Anton und Ernestine sind sympathische Figuren, somit wäre es schade, wenn man über Dinge stolpert, die zwar Kleinigkeiten sind, aber irgendwann störend sind.

Ein Beispiel ist der erwähnte Geschichtenband von James Joyce. Das könnten „Dubliners“ gewesen sein, jedoch erschien das Buch erst 1928 zum ersten Mal in D.

Vielleicht las Ernestine auf englisch ;-)


Das Buch war ein schöner Leseausflug in eine interessante und sehr bewegte Zeit und an einen Ort, auf den ich sonst sicher nie gestoßen wäre. Wenn man über ein paar Kleinigkeiten hinwegsah, konnte man die Atmosphäre auch richtig genießen und sich von einem spannenden Fall gefangennehmen lassen. Paßt gut in einen Januar als Lektüre!

Die Fortsetzungen merke ich mir vor und bei einem passenden Angebot als Ebooks werde ich sicher zugreifen.





Dem schließe ich mich an. Ich genoß das Buch und unsere Leserunde. Danke :winkt_lieb:
Schöne Grüße, Maria
Aktuell:

Cecile Wajsbrot: Nevermore
Barbi Marković: Minihorror (ebook)


Jahresprojekt: Günter Grass + Franz Kafka
Harro Zimmermann: Günter Grass. Biographie
Franz Kafka: Briefe an Felice Bauer


Sie schaffen eine Wüste und nennen das Frieden ( Tacitus )
Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen (Johann Wolfgang v. Goethe)
Das Leben und dazu eine Katze, das ergibt eine unglaubliche Summe (Rainer Maria Rilke)
JMaria
Moderator
 
Beiträge: 16199
Registriert: Mo 31. Mär 2008, 11:07

Vorherige

Zurück zu Lit-Chatten

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 8 Gäste

cron