Leserunde: Thomas Mann - Lotte in Weimar

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Leserunde: Thomas Mann - Lotte in Weimar

Beitragvon JMaria » Di 30. Aug 2022, 11:32

Hallo zusammen,

Steffi und ich starten am 01.09. die Leserunde „Lotte in Weimar“ von Thomas Mann.
Wer sich uns anschließen möchte, ist herzlich eingeladen.

Es geht grob umrissen darum, dass Charlotte Buff (1753-1828), verheiratete Kestner, mit 19 Jahren Goethe kennenlernte und sie für den Dichter das Vorbild wurde für die Figur der Lotte in „Die Leiden des jungen Werthers“.

1816 reiste die 63jährige Witwe nach Weimar um ihre Schwester zu besuchen und trifft dort den 67jährigen Goethe wieder. Thomas Mann verarbeitet dieses überlieferte, doch eher förmliche Treffen auf ganz eigene Weise.

Wer mehr wissen möchte:
https://de.wikipedia.org/wiki/Charlotte_Buff
https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Leide ... n_Werthers
https://de.wikipedia.org/wiki/Lotte_in_Weimar
Schöne Grüße, Maria
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Re: Leserunde: Thomas Mann - Lotte in Weimar

Beitragvon steffi » Do 1. Sep 2022, 14:37

Hallo JMaria,

ich werde also heute beginnen !

Ich habe einen interessanten Artikel über die große kommentierte Frankfurter Ausgabe gefunden:
http://www.deutschlandfunk.de/kritik-de ... e_id=81876

Mich würde der Kommentar ja schon reizen, leider zu teuer, um bloß mal reinzuspitzeln. Kennst du vielleicht schon den Kommentar zu einem anderen Werk von Thomas Mann ?
Gruss von Steffi

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Re: Leserunde: Thomas Mann - Lotte in Weimar

Beitragvon JMaria » Fr 2. Sep 2022, 13:37

Hallo Steffi,

ich freu mich mal wieder etwas von Thomas Mann zusammen mit dir zu lesen :freudig_die_faeuste_schwing:

Leider habe ich keine Exemplare der Kommentierten Frankfurter Ausgabe. Und auch noch keine gelesen. Der Artikel vom Deutschlandfunk macht natürlich neugierig, da sich daraus eine ganz andere Leseweise ergibt. Die Historie wird Thomas Mann 1939 sicher begleitet haben und vielleicht steckt wirklich eine Doppeldeutigkeit darin. Mit diesem Hinweis geht man doch irgendwie anders ans Lesen.

Wie erging es dir beim Einstieg in „Lotte in Weimar“?
Es ist ja sehr lange her als wir das Buch zum ersten Mal lasen. Ich habe es genossen in dieser geschwungenen Sprache einzutauchen. Man stößt auch gleich auf kauzige Wörter wie „Kammerkätzchen“, „Hermanbad“, „Marqueur“..“der Ganymed im Backenbart“

Da du ja bereits öfters in Weimar warst, wirst du bestimmt schon vor dem Hotel „Elephant“ gestanden haben und durch die Straßen gewandert sein: an der Esplanade, am Frauenplan usw.
Du siehst das sicher vor dir !

Mit so einem literarischen Faktotum wie Mager hatten die Damen wohl nicht gerechnet, allerdings sehr aufdringlich. Thomas Mann hat ja ein Händchen für seltsame Nebenfiguren, so auch die Porträtmalerin Rose Cuzzle, mit ihren kugeligen Brüsten :breit_grins:

Es gibt ein Bildnis zu Rose Cuzzle in dem Buch „Das Randfigurenkabinett des Doktor Thomas Mann“ von Robert Gernhardt und Barbara Hoffmeister. Sehenswert.

Es ist schon ein erhabener Augenblick als Charlotte ihr altes Kleid mit den verblassten Schleifen und einer fehlenden Schleife hervor holt, nur um dann von der Tochter gesagt zu bekommen, dass sie doch das Kleid bügeln lassen sollte, es sei doch arg zerdrückt und vielleicht lila Schleifen anbringen sollte. Das ginge ja schnell und unkompliziert.

Ein Satz springt sofort ins Auge wenn Mager sagt, „daß Erneuerungen des Lebens vielleicht nicht ohne kräftig nachhelfende Gewaltsamkeit zustandekommen.“ Man wird als Leser sofort wieder in die Gegenwart katapultiert. Aber vielleicht hoffte auch Thomas Mann in diesem Moment, dass es irgendwann zum Besseren kommt.

Ich komme zum 3. Kapitel.
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Re: Leserunde: Thomas Mann - Lotte in Weimar

Beitragvon steffi » Sa 3. Sep 2022, 16:11

Hallo JMaria,

du hast Recht, Weimar mit dem Hotel Elephant und der Marktplatz davor, natürlich auch der Frauenplan, das Theater usw. sehe ich vor mir. Wir waren ja erst vor kurzem wieder dort. Trotz der sehr vielen Touristen und den auf Vordermann gebrachten Sehenswürdigkeiten strahlt Weimar doch an manchen Ecken eine biedermeierliche Kleinstädtigkeit aus.

Ich genieße es sehr, wieder mal in die wunderbaren Sätzen von Thomas Mann einzutauchen. Er hat so einen ganz speziellen Rythmus, besonders bei Lotte in Weimar. Der Roman mit den nacheinander auftretenden Personen erinnert ja auch stark an eine Theaterstück, finde ich. Die Szene mit dem Kleid und den Schleifen gefiel mir auch wieder, ein Hauch Romantik und doch durch die blasse Farbe vergänglich, wunderbar ! Bei Mager habe ich versucht, mir den thüringer Dialekt vorzustellen, seh aufdringlich, der Gute !
Bei Rose Cuzzle musste ich natürlich an die heutigen Influencer denken, da scheint sich gar nicht viel verändert zu haben.
"Ihr Talent mochte nicht groß genug sein, um der Unterstützung durch die sensationelle Bedeutsamkeit des Gegenstandes entbehren zu können, ..." Herrlich !
Gruss von Steffi

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Re: Leserunde: Thomas Mann - Lotte in Weimar

Beitragvon JMaria » So 4. Sep 2022, 12:42

Hallo Steffi,

steffi hat geschrieben:
du hast Recht, Weimar mit dem Hotel Elephant und der Marktplatz davor, natürlich auch der Frauenplan, das Theater usw. sehe ich vor mir. Wir waren ja erst vor kurzem wieder dort. Trotz der sehr vielen Touristen und den auf Vordermann gebrachten Sehenswürdigkeiten strahlt Weimar doch an manchen Ecken eine biedermeierliche Kleinstädtigkeit aus.


oder mit den Worten Magers: „Bei uns in Weimar gibt es dergleichen wie weite Wege nicht; unsere Größe beruht im Geistigen.“

Friedrich Wilhelm Riemer: „Haben Sie von seinen Merkwürdigkeiten schon etwas gesehen? Das Schloß? Den Exercierplatz?…. Sie werden finden, daß die Mehrzahl unserer Gassen recht krumm sind….“

Und die Beschreibungen über Weimar gehen weiter. Man geht dann vermutlich als Besucher Weimars anders durch die Gassen, wenn man Thomas Mann gelesen hat.


steffi hat geschrieben:Ich genieße es sehr, wieder mal in die wunderbaren Sätzen von Thomas Mann einzutauchen. Er hat so einen ganz speziellen Rythmus, besonders bei Lotte in Weimar. Der Roman mit den nacheinander auftretenden Personen erinnert ja auch stark an eine Theaterstück, finde ich. Die Szene mit dem Kleid und den Schleifen gefiel mir auch wieder, ein Hauch Romantik und doch durch die blasse Farbe vergänglich, wunderbar ! Bei Mager habe ich versucht, mir den thüringer Dialekt vorzustellen, seh aufdringlich, der Gute !
Bei Rose Cuzzle musste ich natürlich an die heutigen Influencer denken, da scheint sich gar nicht viel verändert zu haben.
"Ihr Talent mochte nicht groß genug sein, um der Unterstützung durch die sensationelle Bedeutsamkeit des Gegenstandes entbehren zu können, ..." Herrlich !



Herrlich!

Goethe hatte ja immer seine Musen bis ins hohe Alter. Wenn wir mal den 67jährigen verorten, dann befindet er sich zwischen zwei Musen, zwei junge Frauen: Marianne Willemer die Anteil hatte am West-Östlichen Diwan (ein Zitat aus diesem Buch stellt auch Thomas Mann im Buch voraus) . Er kam auch 1816 gerade von einer Reise zurück wo er die Willemers besuchte.

Und zukünftig, in wenigen Jahren, 1823 wird er die Marienbader Elegien schreiben, über seine letzte Liebe zu der jungen Ulrike von Levetzow.

Dazwischen nun der Besuch der Charlotte Kestner, die vielleicht die alte Vertrautheit mit Goethe wieder erwecken möchte (oder ihn auch nur um einen Gefallen zu bitten für ihren Schwager). Lt. Thomas Mann vermutlich eher das erstere.

Inspiriert wurde Goethe von ihrem Besuch nicht. Es gibt in seinem Tagebuch und den Tag-und Jahrenheften nur knappe Notizen.

Charlotte Schiller und Frau von Stein erwähnen in Briefen den Besuch. So an Fritz von Stein: „Sie ist von angenehmer Unterhaltung, aber freilich würde sich kein Werther mehr um sie schießen.“



Im Kapitel 3 sehen wir einen Blick auf Goethe durch Friedrich Wilhelm Riemer, dem früheren Privatsekretär Goethes.

Ich bin noch mittendrin im 3. Kapitel, das bisher längste Kapitel.
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Re: Leserunde: Thomas Mann - Lotte in Weimar

Beitragvon steffi » Mi 7. Sep 2022, 11:45

Riemer hat mich auch etwas aufgehalten, ich komme nun zum 4. Kapitel.

Während des Lesens beschäftigte mich die Frage, wieviel ist historischer Goethe, wieviel Thomas Mann über sich selbst und wieviel ist Phantasie. Im Grunde macht diese dreifache Spiegelung den Reiz des Romans aus, wobei natürlich die auftretenden Personen eine wichtige Rolle spielen. Lotte, indem sie die Diskrepanz zwischen Realität und Fiktion darstellt, Riemer, der zwischen "Anbetung" und Abhängigkeit steht. Und immer wieder das Werk als Entschuldigung und Rechtfertigung. Ich freue mich daher schon auf die neue Goethe-Biografie, ich weiß nicht, ob sich Goethe über seine Stellung so viel Gedanken gemacht hat wie Thomas Mann.
Gruss von Steffi

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Re: Leserunde: Thomas Mann - Lotte in Weimar

Beitragvon JMaria » Do 8. Sep 2022, 17:38

Kapitel 3

Man lernt Goethe über Lotte und Riemer näher kennen, aber man kommt ihm nicht nahe. Es ist alles gespiegelt: hatte Goethe den Segen von oben, so hatte er ihn auch von unten… wenn er eine Egmont-Liebenswürdigkeit besitzt, so war er auch maussade, er war göttlich und auch teuflisch usw. Beiden war Goethe ein Rätsel und sie haben beide den Wunsch, das Rätsel lösen. Riemer sieht in Lotte eine geistige Verwandte. Von beiden bediente sich Goethe über den Maßen: Lotte für seinen ersten und so wichtigen Roman, Riemer für seine wichtige Arbeit, sie wurden Volksgut.

Während des Lesens beschäftigte mich die Frage, wieviel ist historischer Goethe, wieviel Thomas Mann über sich selbst und wieviel ist Phantasie.


Thomas Mann hat sich jedenfalls über Jahrzehnte mit Goethe beschäftigt und in einem Roman ist natürlich auch die Phantasie eines Thomas Manns enthalten, ganz nach Goethe der auch gern Dichtung und Wahrheit mischte. Und auch Thomas Mann selbst bringt sich ins Werk ein. Das erkennt man meiner Meinung nach deutlich im 3. Kapitel als der Jakobssegen auf Joseph erwähnt wird. Thomas Mann selbst arbeitete in dieser Zeit an der Joseph-Tetralogie. Er hatte gerade den 3. Band beendet als er „Lotte in Weimar“ begann zu schreiben.

Es gibt auch ein Buch über Thomas Mann in dem seine Essays, Gedanken, Tagebucheinträge die mit Goethe im Zusammenhang stehen gesammelt sind: Zutrauliche Teilhabe von Wolfgang Mertz (Hrsg). Ich las es vor Jahren, aber es ist kaum was hängengeblieben. Ich müsste es mal wieder lesen.

Es gibt auch ein Fischer-TB/ebook „Goethe“ in dem das Material enthalten ist, zusätzlich mit einem Nachwort der beiden Herausgeber:

https://www.amazon.de/Goethe-Fischer-Kl ... ext&sr=1-1


Auf die neue Goethe Biographie freue ich mich auch :freudig_die_faeuste_schwing:

https://www.amazon.de/Goethe-Erfindung- ... 115&sr=1-2

Nun bin ich auf Adele Schopenhauer gespannt, die im 4. Kapitel auftaucht.
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Re: Leserunde: Thomas Mann - Lotte in Weimar

Beitragvon JMaria » Mo 12. Sep 2022, 11:53

Im 4. Kapitel besucht Adele Schopenhauer Lotte.
Ihre Mutter, die Reiseschriftstellerin Johanna Schopenhauer, soll ja nach der Eheschließung Goethes mit Christiane gesagt haben.. Ich denke, wenn Goethe ihr seinen Namen gibt, können wir ihr wohl eine Tasse Tee geben.. Die Witwe zog mit Adele nach Weimar an der Esplanade und führt dort einen Salon wo sich zweimal die Woche die künstlerische Prominenz einfand. Auch Adele hat ihren eigenen Musenverein, mit lustigen Spitznamen: Museline (Line Egloffstein), Julemuse ( Julie Egloffstein), Adelmuse ( Adele Schopenhauer), Tillemuse ( Ottilie von Pogwitsch).

Sie sind junge Leute, die moderne Literatur (E. T. A. Hoffmann…) und Künstler der Romantik lieben. Sturm und Drang und die Antike hinter sich gelassen haben, obwohl sie auch Goethe verehren.

Er ist groß und alt und wenig geneigt, gelten zu lassen, was nach ihm kommt. Aber das Leben geht weiter, es bleibt auch beim Größten nicht stehen, und wir sind Kinder des neuen Lebens…


Dann folgt das lange 5. Kapitel, bei dem ich ungefähr in der Mitte bin, eine „Erzählung Adeles“. Es geht um Ottilie von Pogwitsch und ihre Verlobung mit August von Goethe, aber auch um die politische Lage des Landes.

Mich erinnert diesen Einschub von Adeles Erzählung an Goethe, der auch gerne solche Brüche einbrachte, wie in Wilhelm Meister, den Wahlverwandtschaften.. vielleicht hatte Thomas Mann dies auch so ähnlich im Sinn.
Schöne Grüße, Maria
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Re: Leserunde: Thomas Mann - Lotte in Weimar

Beitragvon steffi » Di 13. Sep 2022, 16:12

Ich habe das 5. Kapitel beendet. Und du hast Recht, mich hat es auch an die Wahlverwandschaften erinnert, unbeschwertes Geplapper und dazwischen ernste Themen. Zunächst bei der Geschichte mit dem verwundeten Soldaten ist auch viel weimarer Atmosphäre dabei. Danach geht es um August, an dem Adele kein gutes Haar läßt. Verwöhnt, arrogant und abhängig wird er geschildert. Nun ja, wir wissen, dass er letztendlich Ottilie geheiratet hat. Kurz vor seinem Tod in Italien hat er interessanterweise noch Lottes Sohn August Kestner getroffen.

Während des Lesens dachte ich auch an das Verhältnis Thomas Manns zu seinen Söhnen. Auch diese konnten sich schwer von der Übermächtigkeit des Vaters freimachen.
Gruss von Steffi

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Re: Leserunde: Thomas Mann - Lotte in Weimar

Beitragvon JMaria » Do 15. Sep 2022, 11:12

Während des Lesens dachte ich auch an das Verhältnis Thomas Manns zu seinen Söhnen. Auch diese konnten sich schwer von der Übermächtigkeit des Vaters freimachen.


Das stimmt. Ein guter Gedanke! Ehefrau und Kinder Thomas Manns versuchten auch sehr dem Ehemann und Vater alles unangenehme vom Hals zu halten. Das muss sehr anstrengend gewesen sein.

Spiegelt es doch auch Christianes und August Verhältnis zu Goethe. Man bemerkt es im Kapitel 5, dass Christiane ihn zur Abreise drängt und er reist überstürzt nach Böhmen als es zur erneuten Kriegssituation kommt. Thomas Mann hatte während der Niederschrift „Lottes“ bereits mehrere USA Reisen mit Vorträgen in Princeton getätigt. Auch war er schon nicht mehr deutscher Staatsbürger, sondern hatte einen tschechischen Pass. Im Sommer 1939 waren die Manns im Sommerurlaub in Schweden, als am 01.09. deutsche Truppen in Polen einmarschierten, sie reisten sicherheitshalber ab und entschieden in den USA zu bleiben.

Da stellt sich mir schon fragen, welche Gefühle in Thomas Mann herrschte während er an „Lotte“ schrieb. Man kann schon ein paar unterschwellige Parallelen zu der politischen Situationen in den beiden Jahrhunderten erkennen. Sogar erinnern mich manche Sätze an unsere heutige Kriegssituation und die diversen Diskussionen. Lt. Adele wurde heftigst über die kriegerischen Parteien diskutiert.

Ein spannendes Kapitel 5.

Übrigens, die Episode mit dem Verletzten Lützower Jägers, den Ottilie und Adele im Weimarer Park fanden, gab es wirklich. Bei Projekt Gutenberg findet sich ein Lebenslauf :


https://www.projekt-gutenberg.org/schop ... ap001.html


Nun komme ich zum 6. Kapitel, das Thomas Mann im Sommerhaus von Caroline Newton in Jamestown/ Rhode Island schrieb. Beendet hat er den Goethe-Roman im Midford House in Princeton im Oktober 1939.
Schöne Grüße, Maria
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