Leserunde: Virginia Woolf - Zum Leuchtturm

Forum zum gemeinsamen Lesen & Diskutieren von Büchern. Hierzu kann man sich z. B. im Diskussionsforum mit anderen verabreden.
Forumsregeln
Kommerzielle Einträge werden ohne Kommentar gelöscht!

Re: Leserunde: Virginia Woolf - Zum Leuchtturm

Beitragvon JMaria » Mo 4. Mär 2024, 14:44

steffi hat geschrieben:In Kapitel 9 wird Mrs Ramsay von mehreren Seiten beleuchtet. Ich fand interessant, dass Lily Briscoe und Mr Banks natürlich ganz andere Gedanken hat,. Somit ergibt sich gleichzeitig auch ein Bild vom Charakter der beiden.

Während des Vorlesens schweigen Mrs Ramsays Gedanken zu Minta und Paul ab und der vermeintlichen Verlobung ab. Für sie ist Heirat und Mutter sein die Erfüllung des Lebensplans. Dass sie sich dabei in das Leben der anderen einmischen könnte, empfindet sie als gar nicht störend. Bemerkenswert fand ich auch die Stelle über die Kinder und dass sie nie mehr so glücklich sein werden wie heute und dass sie auch nichts vergessen. Dabei hat sicher Woolf wieder eigene Gedanken und Empfindungen einfließen lassen. Das Licht des Leuchtturms unterstreicht das als starke Metapher, so ähnlich, wie bei Proust die Madeleines.

Ich komme zu Kapitel 12.




Ja, das fand ich auch interessant im Kapitel 9 wie unterschiedlich Mr Bankes und Lily über Mrs Ramsay denken. Ich fand’s sogar erheiternd als Lily die Gefühle in Mr Bankes Gesicht abliest. Erstaunlich wie die Frauen in der viktorianischen Gesellschaft ihre Sensoren auf die Männer ausrichten, um ja gleich ihre Empfindungen deuten zu können.

Ich hatte im Kapitel 11 aber auch das Gefühl, das Mrs Ramsay eine Selbsterforschung versucht.


Wie fandest du, dass Antje Ravik Strubel im Kapitel 10 „Tomboy“ stehen ließ (in Verbindung mit Minta)
Bei Karin Kersten… diesen Wildfang Minta, mit einem Loch im Strumpf…

Mich hat es nicht gestört, auch wenn mir der Begriff nichts sagte. Aber ich denke die jüngere Generation kennt den Begriff doch eher.

Tomboy
Mädchen die wie ein lebhafter Junge agiert.
Ist wohl seit Shakespeares Zeiten und hat er wohl in seinen Stücken so verwendet und seither gilt der Begriff. Was natürlich auch gut zu Virginia Woolf passt, die gerne mal Shakespeare mit einfließen lässt.


Mrs Ramsay nennt die Eltern von Minta… die Eule und der Schürhaken… typisch Woolf :breit_grins:


Ich komme zum 12. Kapitel
Schöne Grüße, Maria
Aktuell:

Christoph Hein: Glückskind mit Vater
Sigrid Nunez: Mitz. The Marmoset of Bloomsbury (ebook)


Jahresprojekt: Günter Grass + Franz Kafka
Harro Zimmermann: Günter Grass. Biographie
Franz Kafka: Briefe an Felice Bauer


Sie schaffen eine Wüste und nennen das Frieden ( Tacitus )
Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen (Johann Wolfgang v. Goethe)
Das Leben und dazu eine Katze, das ergibt eine unglaubliche Summe (Rainer Maria Rilke)
JMaria
Moderator
 
Beiträge: 16232
Registriert: Mo 31. Mär 2008, 11:07

Re: Leserunde: Virginia Woolf - Zum Leuchtturm

Beitragvon steffi » Di 5. Mär 2024, 14:19

Hallo JMaria,

Tomboy ist mir auch aufgefallen, ich kannte das Wort und denke, dass es vielleicht als Anglizismus moderner klingt als Wildfang. Ich kann mir Minta auf jeden Fall sehr gut vorstellen.

Die Eule und der Schürhaken, da musste ich auch grinsen.

Kapitel 12-16:

Mir gefällt die abendliche Stimmung. Das Ehepaar Ramsey schlendert im Garten und man spürt die mütterlichen Gefühle von Mrs Ramsey gegenüber ihrem Mann. Auch dass sie sich beide, angesichts der langsam erwachsen werdenden Kinder sozusagen im Frühabend ihres Lebens befinden. Diese Parallele fand ich sehr schön, denn die Stimmung ist ja tröstlich und friedlich. Auch wenn angedeutet wird, dass Mr Ramsey besseres ohne seine Familie hätte leisten können und er ein bißchen wehmütig an seine Junggesellenzeit denkt, genießt er trotzdem die Zeit mit seiner Frau. Diese Ambivalenz kann man sehr gut verstehen, denke ich.

An der Pärchenfront tut sich zwar zwischen Mr Banks und Lily Briscoe nicht viel, aber zumindest Paul und Minta sind verlobt. Ich fand es raffiniert, dass wir das aus der Sicht von Nancy erfahren, die sich angesichts der Natur plötzlich ganz klein vorkommt. Auch das Anziehritual fand ich sehr interessant geschildert. Über allen dieser Kapiteln liegt das Thema Vergänglichkeit.

Ist dir aufgefallen, dass eigentlich alle Personen recht einsam sind. Ich frage mich, ob das an der Erzählweise mit dem Bewusstseinsstrom liegt, denn so erfahren wir immer nur etwas aus einer Sicht.
Gruss von Steffi

:lesen:
Wolfgang Reinhard - Die Unterwerfung der Welt ( Langzeitprojekt)
Benutzeravatar
steffi
 
Beiträge: 5092
Registriert: Mi 2. Apr 2008, 12:56

Re: Leserunde: Virginia Woolf - Zum Leuchtturm

Beitragvon JMaria » Di 5. Mär 2024, 20:35

Apropos Shakespeare

Ich hoffe auf eine deutsche Ausgabe dieses Buches:
Shakespeare in Bloomsbury (English Edition)
Englisch Ausgabe von Marjorie Garber (Autor)
https://www.amazon.de/Shakespeare-Bloom ... _sidesheet

Und diesen Link wollte ich auch noch setzen :

Hörspiel
Zum Leuchtturm
https://www.br.de/radio/bayern2/sendung ... m-100.html
Schöne Grüße, Maria
Aktuell:

Christoph Hein: Glückskind mit Vater
Sigrid Nunez: Mitz. The Marmoset of Bloomsbury (ebook)


Jahresprojekt: Günter Grass + Franz Kafka
Harro Zimmermann: Günter Grass. Biographie
Franz Kafka: Briefe an Felice Bauer


Sie schaffen eine Wüste und nennen das Frieden ( Tacitus )
Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen (Johann Wolfgang v. Goethe)
Das Leben und dazu eine Katze, das ergibt eine unglaubliche Summe (Rainer Maria Rilke)
JMaria
Moderator
 
Beiträge: 16232
Registriert: Mo 31. Mär 2008, 11:07

Re: Leserunde: Virginia Woolf - Zum Leuchtturm

Beitragvon steffi » Mi 6. Mär 2024, 11:49

JMaria hat geschrieben:Apropos Shakespeare

Ich hoffe auf eine deutsche Ausgabe dieses Buches:
Shakespeare in Bloomsbury (English Edition)


Ja, das klingt sehr interessant!

Danke für die links.
Gruss von Steffi

:lesen:
Wolfgang Reinhard - Die Unterwerfung der Welt ( Langzeitprojekt)
Benutzeravatar
steffi
 
Beiträge: 5092
Registriert: Mi 2. Apr 2008, 12:56

Re: Leserunde: Virginia Woolf - Zum Leuchtturm

Beitragvon JMaria » Mi 6. Mär 2024, 13:17

Hallo Steffi,

Tomboy ist mir auch aufgefallen, ich kannte das Wort und denke, dass es vielleicht als Anglizismus moderner klingt als Wildfang. Ich kann mir Minta auf jeden Fall sehr gut vorstellen.



Es klingt moderner und durchs gendern auch aktueller als Wildfang, das stimmt.

Aber muß Antje R. Strubel dann aus Michelangelo, Michael Angelo und aus
Hagia Sophia, Santa Sofia machen? Ich fand besonders den Michael Angelo albern übersetzt. :breit_grins:


Zwischen Kapitel 12 (Mrs und Mr Ramsay) und Kapitel 13 (Lily und Mr Bankes) gibt es einen Unterschied was die Pärchen sehen.
Mr und Mrs Ramsay betrachten die Aussicht, sind ganz bei sich und sehen anscheinend Prue und Jasper NICHT beim Ballspiel, wohin gegen Lily meint zu sehen wie das Ehepaar ihren zwei Kindern zuschaut.

Und wieder die kleine Boshaftigkeit die in Mrs Ramsays Gedanken hinein fließt, damit es doch nicht ganz so harmonisch wirkt… sie ärgert sich über die Phrasen ihres Mannes und wenn sie davon nur die Hälfte von dem gesagt hätte, was er sagte, hätte sie sich längst eine Kugel in den Kopf gejagt. Herrlich !



Ist dir aufgefallen, dass eigentlich alle Personen recht einsam sind. Ich frage mich, ob das an der Erzählweise mit dem Bewusstseinsstrom liegt, denn so erfahren wir immer nur etwas aus einer Sicht.



Muss ich mal darauf achten, wie ich es beim lesen empfinde. Im Grunde spür ich schon als Leser eine Einsamkeit, aber ich meine, einige der Personen, besonders die Frauen(?) suchen die Einsamkeit ? Ändern aber schnell ihr persönliches Empfinden, wenn sie spüren, dass ein anderer die Nähe sucht.

Ich komme zum 17. Kapitel.
Schöne Grüße, Maria
Aktuell:

Christoph Hein: Glückskind mit Vater
Sigrid Nunez: Mitz. The Marmoset of Bloomsbury (ebook)


Jahresprojekt: Günter Grass + Franz Kafka
Harro Zimmermann: Günter Grass. Biographie
Franz Kafka: Briefe an Felice Bauer


Sie schaffen eine Wüste und nennen das Frieden ( Tacitus )
Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen (Johann Wolfgang v. Goethe)
Das Leben und dazu eine Katze, das ergibt eine unglaubliche Summe (Rainer Maria Rilke)
JMaria
Moderator
 
Beiträge: 16232
Registriert: Mo 31. Mär 2008, 11:07

Re: Leserunde: Virginia Woolf - Zum Leuchtturm

Beitragvon JMaria » So 10. Mär 2024, 13:11

Kapitel 17-19 Ende des Teil I

Diese letzten Kapitel sind wirklich Höhepunkte. Der Abend beginnt, das Abendessen, Mrs Ramsays Runde durch die Kinderzimmer, und dann das Ehepaar allein in fast schweigender Zweisamkeit.

Es ist beeindruckend, wie VW durch die Beobachtungen die Atmosphäre entstehen lässt.

Bemerkenswert fand ich auch die Stelle über die Kinder und dass sie nie mehr so glücklich sein werden wie heute und dass sie auch nichts vergessen. Dabei hat sicher Woolf wieder eigene Gedanken und Empfindungen einfließen lassen. Das Licht des Leuchtturms unterstreicht das als starke Metapher, so ähnlich, wie bei Proust die Madeleines.


Eigentlich möchte ich in diesem Teil I bleiben, denn auch der Leser wird nicht wieder so „glücklich“ mit den Ramsays sein, denn „Zeit vergeht“ und wir werden eine andere Situation in Teil II haben.
Schöne Grüße, Maria
Aktuell:

Christoph Hein: Glückskind mit Vater
Sigrid Nunez: Mitz. The Marmoset of Bloomsbury (ebook)


Jahresprojekt: Günter Grass + Franz Kafka
Harro Zimmermann: Günter Grass. Biographie
Franz Kafka: Briefe an Felice Bauer


Sie schaffen eine Wüste und nennen das Frieden ( Tacitus )
Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen (Johann Wolfgang v. Goethe)
Das Leben und dazu eine Katze, das ergibt eine unglaubliche Summe (Rainer Maria Rilke)
JMaria
Moderator
 
Beiträge: 16232
Registriert: Mo 31. Mär 2008, 11:07

Re: Leserunde: Virginia Woolf - Zum Leuchtturm

Beitragvon steffi » So 10. Mär 2024, 17:30

Ja du hast Recht, ich finde auch dass die Dinnerparty der Höhepunkt ist. Alles ist so wundervoll komponiert. Am Anfang herrscht noch Chaos, die Kinder kommen zu spät usw. dann werden die Kerzen entzündet und es scheint, als ob alles näher zusammenrückt durch die Dunkelheit draußen. Mrs Ramsay ist natürlich wieder der Mittelpunkt, sie schafft eine angenehme Atmosphäre dadurch, dass sie ihre soziale Kompetenz ausspielt. Mir gefiel das Obstarrangement als Stilmittel für Kunst, denn so wirkt auch Mrs Ramsay in ihrem Bereich als Künstlerin.

Apropos Obstarrangement: Strubel übersetzt „the horny ridge of the shell“ mit „ die gezackte Kante der Fruchthülse“, während Karin Kersten „zackigen Rand der Muschelschale“ schreibt. Ich weiß gar nicht, was eine Fruchthülse sein soll, für mich ist das eindeutig eine Muschel, eben ein Obststilleben. Solche Arrangements waren ja auch nicht unüblich. Fand ich sehr seltsam, diese Übersetzung.

Auch für Lily Briscoe klärt sich während des Dinners zweierlei, einmal hat sie eine Idee für ihre Bildkomposition, interessanterweise durchbricht dieser Gedanken ihre Gedanken dass sie wohl gezwungen sein wird, zu heiraten, und zum anderen denkt sie, dass sie nicht immer nur den Männern rechtgeben will und eigenständiger ist, als die viktorianischen Frauenrollen.

Die zwei letzten Kapitel sind versöhnlich.

Ist dir aufgefallen, dass Minta Middlemarch, ein Roman über Beziehungsprobleme, nicht ganz ! gelesen hat ? Ich musste grinsen.
Mrs Ramsay liest ein Shakespeare-Sonnett, in dem es um eine abwesende geliebte Person. Schon eine Aussicht auf das kommende ?
Gruss von Steffi

:lesen:
Wolfgang Reinhard - Die Unterwerfung der Welt ( Langzeitprojekt)
Benutzeravatar
steffi
 
Beiträge: 5092
Registriert: Mi 2. Apr 2008, 12:56

Re: Leserunde: Virginia Woolf - Zum Leuchtturm

Beitragvon JMaria » Mo 11. Mär 2024, 16:08

Ist dir aufgefallen, dass Minta Middlemarch, ein Roman über Beziehungsprobleme, nicht ganz ! gelesen hat ? Ich musste grinsen.

Mrs Ramsay liest ein Shakespeare-Sonnett, in dem es um eine abwesende geliebte Person. Schon eine Aussicht auf das kommende ?



Toll, dass du das mit Middlemarch erwähnst. Jetzt muss ich auch grinsen.
Und dein Gedanke über das Shakespeare-Sonnett ist treffend. Mir ist das nicht aufgefallen. Obwohl man bei Shakespeare in Verbindung mit VW gleich hellhörig werden sollte. Schön, dass du das erkannt hast, ich würde mich deiner Ansicht unbedingt anschließen.


Apropos Obstarrangement: Strubel übersetzt „the horny ridge of the shell“ mit „ die gezackte Kante der Fruchthülse“, während Karin Kersten „zackigen Rand der Muschelschale“ schreibt. Ich weiß gar nicht, was eine Fruchthülse sein soll, für mich ist das eindeutig eine Muschel, eben ein Obststilleben. Solche Arrangements waren ja auch nicht unüblich. Fand ich sehr seltsam, diese Übersetzung.


„Shell“ würde ich auch mit Muschel in Verbindung bringen. Die Muschel als Fruchthülse mit gezackter Kante zu umschreiben ist eigentlich unnötig. Eine Muschel ist eine Muschel ist eine Muschel (frei nach Gertrude Stein)


Mir gefiel das Obstarrangement als Stilmittel für Kunst, denn so wirkt auch Mrs Ramsay in ihrem Bereich als Künstlerin.

….

Auch für Lily Briscoe klärt sich während des Dinners zweierlei, einmal hat sie eine Idee für ihre Bildkomposition,…



Du inspirierst mich.
Wobei ich noch weiter deuten würde: die Obstschale als Stilleben für die alte Kunst und/oder auch die ältere Generation der Ramsays und dann Lily, die Teile des Geschirrs hin und her stellt um eine neue Bildkomposition zu finden, eine neue Generation, die Veränderung möchte, evtl sogar ledig bleiben als Frau.

Sind dir die chinesischen Augen von Lily aufgefallen, die öfters erwähnt werden oder auch die Chinarose?

Im Netz fand ich den Gedanken, dass Virginia Woolf hier eine Spur legt zu ihrem Neffen Julian, der eine Affäre mit einer verheirateten Chinesin namens Ling Shuhua hatte als er 1935 an der Universität Wuhan in China Englisch unterrichtete. Sie war eine Malerin und Schriftstellerin.

Es gibt sogar einen Roman über diese Affäre:
Die chinesische Geliebte: Roman Gebundene Ausgabe – 1. Januar 2004
von Hong Ying (Autor, Nachwort), Martin Winter (Übersetzer)

Wobei der Vergleich hinkt, fällt mir gerade auf, denn To the Lighthouse ist ja bereits 1927 erschienen.
Vielleicht hab ich das Englisch nicht richtig verstanden.

Man kann nur spekulieren: Vielleicht auch ein Vergleich für die Moderne, das Exotische oder Lilys Undurchschaubarkeit.

Bei Fontanes Effie Briest war der Chinese oder der Geist des Chinesen etwas unheimliches, etwas was ängstigt.
Schöne Grüße, Maria
Aktuell:

Christoph Hein: Glückskind mit Vater
Sigrid Nunez: Mitz. The Marmoset of Bloomsbury (ebook)


Jahresprojekt: Günter Grass + Franz Kafka
Harro Zimmermann: Günter Grass. Biographie
Franz Kafka: Briefe an Felice Bauer


Sie schaffen eine Wüste und nennen das Frieden ( Tacitus )
Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen (Johann Wolfgang v. Goethe)
Das Leben und dazu eine Katze, das ergibt eine unglaubliche Summe (Rainer Maria Rilke)
JMaria
Moderator
 
Beiträge: 16232
Registriert: Mo 31. Mär 2008, 11:07

Re: Leserunde: Virginia Woolf - Zum Leuchtturm

Beitragvon JMaria » Di 12. Mär 2024, 16:28

Hallo Steffi,

ich habe gerade den II. Teil „Zeit vergeht“ begonnen und mußte gleich im 1. Kapitel schmunzeln.
Mr Augustus Carmichael liest Vergil !

Ich hab mal nachgeschaut.

Vergil war der bekannteste Dichter der augusteischen Literatur (das mußte Augustus Carmichael natürlich lesen). Diese Literatur gabs in der apollinischen Ära, geprägt von Apoll, dem Gott des Lichts (man denke an den Leuchtturm), der Künste und der Musik, der Weisheit und der Weissagung. Siehe Wikipedia.

Virginia Woolf ist genial. :breit_grins:

Edit:
Die Frage die ich mir stelle, ist warum der II. Teil „Zeit vergeht“ im Präsens steht?

Edit vom Edit :
Während des Lesens wurde es mir dann klar. Ich hatte dieses „Zwischenstück“ zwischen Teil 1 und Teil 3 nicht mehr in Erinnerung.

Hier im Teil 2 versucht Virginia Woolf uns ein Gefühl zu geben wie die Zeit vergeht und eine Verbindung zwischen Vergangenheit und der nächsten Gegenwart im 3. Teil zu schaffen.
Schöne Grüße, Maria
Aktuell:

Christoph Hein: Glückskind mit Vater
Sigrid Nunez: Mitz. The Marmoset of Bloomsbury (ebook)


Jahresprojekt: Günter Grass + Franz Kafka
Harro Zimmermann: Günter Grass. Biographie
Franz Kafka: Briefe an Felice Bauer


Sie schaffen eine Wüste und nennen das Frieden ( Tacitus )
Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen (Johann Wolfgang v. Goethe)
Das Leben und dazu eine Katze, das ergibt eine unglaubliche Summe (Rainer Maria Rilke)
JMaria
Moderator
 
Beiträge: 16232
Registriert: Mo 31. Mär 2008, 11:07

Re: Leserunde: Virginia Woolf - Zum Leuchtturm

Beitragvon steffi » Do 14. Mär 2024, 16:17

Hallo JMaria,

ich habe heute den 2.Teil gelesen. Er war ebenso intensiv und anders, wie in meiner Erinnerung.

Im 1.Teil ist ja die Zeit gedehnt, ein Abend zieht sich durch viele Seiten und die Gedanken verlangsamen die Zeit nochmals.

Hier im 2.Teil ist das Gegenteil der Fall. Die Zeit rast und dadurch werden auch die Menschen (Vergänglichkeit !) unbedeutend. Großartig, wie die bedeutenden Ereignisse im Leben einfach so eingeklammert werden.

Während im 1.Teil das Licht eine Rolle spielt, vom Leuchtturm, den Kerzen, im Bild, verschwindet im 2.Teil alle Farbe. Ein verbindendes Element ist der Schal.

Was ich generell schön finde, ist, dass hier fast ganz auf Handlung verzichtet wird und doch so viel vor dem inneren Auge passiert. Das ist schon sehr modern. Ich glaube diesem Zeitaspekt geschuldet ist dieser Teil in Präsens.
Gruss von Steffi

:lesen:
Wolfgang Reinhard - Die Unterwerfung der Welt ( Langzeitprojekt)
Benutzeravatar
steffi
 
Beiträge: 5092
Registriert: Mi 2. Apr 2008, 12:56

VorherigeNächste

Zurück zu Lit-Chatten

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 91 Gäste