Hallo Steffi,
du steigst gleich mit einem Vergleich zu Thomas Mann in die Leserunde. Das kann nur gut werden
Höllenfahrt:Tief ist der Brunnen der Vergangenheit. Sollte man ihn nicht unergründlich nennen?ob sich am Ende der "Turm" als ergründenswert erweisen wird, bin ich gespannt.
Danke fürs Eröffnen des Threads und den Links. Der Artikel in der FAZ ist sehr gut geschrieben. Die anderen muß ich mir noch durchlesen.
Mir geht es jedenfalls wie dir. Die ersten 30 Seiten bis zum Ende des 2. Kapitels nehmen einen gefangen.
Ouvertüre:ich habe die Ouvertüre bereits mehrmals gelesen und entdecke immer wieder neues. Faszinierend.
Man kann daraus zumindest entnehmen, dass es um eine versunkene, eine versinkende Zeit geht, wie die versunkene Stadt Atlantis. Der Strom durchädert die Stadt, unterspült, spült hervor Unrat, Dreck, Giftsuppe ... aber es gibt auch eine schöne Zeit, eingekapselt wie in einer Druse...
die Ouvertüre erinnert an eine Einleitung, es umfasst sozusagen den gesamten Handlungsablauf auf musikalischer Basis. Ich finde, diese Musikalität ist zu finden, ... im Strom wie er dahin fließt, in den verschiedenen Uhren und ihren Stundenschlägen ... im Namen Meno, des Onkels von Christian. Meno = Tempobezeichnung in der Musik für "weniger". Der Roman scheint in seiner Konstruktion durch und durch Musik zu sein. Denn es folgt später noch ein
Interludium, ein Zwischenspiel, wenn man sich hinten die Inhaltsangabe betrachtet.
Den Uhren (in der Ouvertüre gesammelt aufgeführt) begegnen dem Leser dann bereits im 1. Kapitel. Die Bahnhofsuhr schlägt 4 Uhr .... Auf die Uhren sollten wir vielleicht noch achten.
Man könnte eigentlich jeden Satz hernehmen und untersuchen. Ich finde, der Autor spielt mit dem Leser verstecken und das erinnert mich an Fontane. Was soll ich sagen, ich liebe solche Versteckspiele.
Schon auf den ersten Seiten klingen sowohl klassische Motive, aber auch die der Romantik an. Gleichzeitig steht aber die Handlung sehr im Realismus, wenn Tellkamp genau die Zugfahrt und den Weg zu Menos Haus beschreibt. Was es in diesem Zusammenhang mit dem beschriebenen Vorbild ETA Hoffmanns auf sich hat (immerhin heißt Christian ja so), werde ich noch nachforschen.
wie schnell du das immer herauskristallisierst ! Hilft mir sehr den Stil einzuordnen. Mir fiel dazu noch das Märchenhafte auf, den Bezug zu den Märchen von Wilhelm Hauff:
S. 30 Mutabor
aus "Kalif Storch" und bedeutet "ich werde verwandelt werden".
Verwandlung - was wiederum zum Thema passen würde.
und auch Metaphern aus 1001 Nacht sind zu entdecken.
Edit:
vielleicht begegnen uns auch Elemente aus dem magischen Realismus. Könnte durchaus sein. Manche Szenen haben etwas flirrendes an sich, passend zur winterlichen Jahreszeit.
Liebe Grüße
Maria