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Theorin, Johan: Öland

BeitragVerfasst: Do 21. Okt 2010, 09:33
von Petra
Theorin, Johan
Öland

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Genre: Krimi / Thriller
Seitenzahl: 446
Verlag: Piper
Preis: 9,95 €
ISBN: 9783492253680
Bewertung: 9 Punkte
(von 10 möglichen Punkten)

Inhalt:

An einem Spätsommertag verschwindet der kleine Jens im dichten Nebel der Insel Öland und wird nie wieder gesehen oder gefunden. Zwanzig Jahre später erhält seine Mutter Julia einen Anruf von ihrem Vater Gerlof: Es gebe ein neues Beweisstück, und er bittet sie, nach Öland zurückzukehren und die Suche wieder aufzunehmen. Auf Öland geht das Gerücht, der unheilbringende Nils Kant sei der Mörder. Dabei war dieser längst unter der Erde, als der Junge verschwand. Aber ist Kant wirklich tot? Oder geistert er womöglich noch immer über die weite Kalkebene von Öland?

Meine Meinung:

Gerlof sagt an einer Stelle, dass er meint, dass man Geschichten in ihrem eigenen Tempo erzählen muss. Für die Geschichte des kleinen Jens, seiner Familie, und die Geschichten und Sagen um Nils Kant gilt das alle Mal.

Johan Theorin ist hier dennoch eine Gratwanderung gelungen: Diese sich allmählich aufbauende Geschichte bleibt, aller Gemächlichkeit zum Trotz, in jeder Zeile interessant und wird voran getrieben. Anfangs merkt man das vielleicht noch nicht so, sondern genießt einfach die Atmosphäre auf dem herbstlichen Öland und verfolgt das Leben der Menschen dort. Doch zum Schluss hin ist es nicht mehr zu leugnen. Johan Theorin hat sich hier eine ausgesprochen komplexe, stimmige Geschichte ausgedacht, die zum Ende hin unglaublich spannend wird. Der Showdown ist erfreulicher Weise temporeich, ohne reißerisch zu sein. Er hat seine ganz eigene Dramatik.

Wer also glaubt, dass sich die Geschichte im öländischen Nebel mehr und mehr verlieren wird, der irrt. Der Nebel lichtet sich, ganz langsam aber stetig. Und am Ende sieht ein jeder klar. Allzu klar. Mich hat Johan Theorin mit seiner verwickelten Geschichte und deren dramatischen Ausgang vollends überzeugt. Ich saß mit offenem Mund da und konnte nicht glauben, welche Erkenntnis sich auftat, als sich der Nebel um Jens’ Verschwinden lichtete.

Somit hat das Buch aus zwei Gründen bei mir sehr gepunktet: Erstens ist die Geschichte so ruhig und somit angemessen atmosphärisch dicht erzählt. Auch ein bisschen Mystik und Grusel wurden eingebaut, aber gerade nur soviel, wie dem Leser authentisch erscheint, auf einer Insel mit so wenigen Bewohnern, die sich Sagen und Schauergeschichten erzählen. Man kann sich völlig auf die schwedische Insel denken. Das hat Spaß gemacht. Ebenso die Ausflüge in Nils Vergangenheit, von denen ich befürchtet hatte, sie könnten mich ermüden oder gar langweilen. Das traf überhaupt nicht zu. Zweitens aber hat mich der Plot begeistert. In all seiner Dramatik behielt er eine große Überraschung für mich bereit, ohne unglaubwürdig zu werden. Das hat mich beeindruckt und äußerst zufrieden zurück gelassen.

Ich bin nun froh, dass dieses Buch der Auftakt zu einer Tetralogie ist. Johan Theorin lässt diese vier Bücher auf Öland spielen, jedoch jeden Band zu einer anderen Jahreszeit. Hier befindet sich der Leser im Herbst auf Öland. Im nächsten, bereits auf Deutsch erschienenen Band („Nebelsturm“) hält sich der Leser dort im Winter auf. Ein dritter Band („Blutstein“) ist für Januar 2011 angekündigt. Er spielt im Frühling.

Hieraus erklärt sich ein Stück weit von selbst, dass der Autor auch viel über die Insel erzählt. Er beschreibt sie sehr anschaulich, so dass man selbst meint, dort zu sein und die Natur und Landschaft bewundern zu können. Er verliert sich aber nicht endlos in Landschaftsbeschreibungen. Keine Angst also vor Langeweile. Die hat Theorin nicht in seinem Repertoire.

Interessant finde ich auch, dass der zweite Band andere Hauptfiguren hat als der erste, aber Gerlof dort erneut eine wichtige Rolle zugedacht ist. Ich bin gespannt und freue mich sehr auf ein Wiedersehen! Denn gerade Gerlof fand ich gut gelungen – ein alter Mann, dessen Wille manchmal von seinem von Gebrechen geplagten Körper ausgebremst wird. Das ist authentisch. Auch die Denkweise, die Handlungen – doch, so könnte ein Mann Gerlofs Alters sein! Ebenso würde ich mich freuen zu hören, wie es seiner Tochter Julia inzwischen geht. Allein an diesem Wunsch müsste man merken, dass die Figuren sich klammheimlich in mein Herz geschlichen haben. Auf eine vollkommen unaufgeregte und unauffällige Weise. Hätte ich erst gar nicht so gedacht. Aber sie haben mich berührt. (Petra)

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:arrow: Rezension zum Hörpiel zu "Öland" im Hoerbuecher4um.